Soulgarage: Ein Abo für Träume auf vier Rädern

Classic Cars für breiteres Publikum

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Sie waren nur Sportwagen, doch sie wurden Ikonen: Der Pontiac Trans Am aus der Serie «Knight Rider» – und der DeLorean DMC-12 aus dem Film «Zurück in die Zukunft». Die Firma «Soulgarage» will solche Classic Cars nun im Abonnement anbieten. Das Motto: Fahren, statt kaufen.

«Ein Auto, ein Computer, ein Mann» … Wer die 80er-Jahre als Kind erlebte, kam nicht an «Knight Rider» mit David Hasselhoff vorbei – eine Serie um einen einsamen Helden und seinen sprechenden Pontiac Firebird Trans Am, genannt K.I.T.T. Das Auto war ein utopisches Wunderwerk der Technik mit Geolokation und integrierter Künstlicher Intelligenz.«Knight Rider» sagte die Zukunft korrekt voraus, denn selbstfahrende Autos – mit viel effizienterem Elektroantrieb – gibt es bereits in der oberen Mittelklasse. Und John DeLorean, der US-Sportwagenbauer hinter dem berühmten Pontiac, zeichnete auch für den DeLorean DMC-12 verantwortlich, das wohl bekannteste Auto der Filmgeschichte. In der Filmreihe «Zurück in die Zukunft» von Robert Zemeckis diente es einem verrückten Erfinder als Zeitmaschine. Der stahlgraue DMC-12, obwohl schwerfällig und komfortbefreit, begeistert mit seinen Flügeltüren noch heute Classic-Car-Liebhaber rund um den Globus. «Soulgarage» rund um den Mitgründer Hans-Georg Bell hat sich auf die Fahne geschrieben, solche Autolegenden – vom Fiat 500 bis zum Jaguar E-Type – einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Hinter dem Unternehmen steckt aber nicht eine weitere neue Carsharing-App, sondern ein Abo-Modell mit drei Mitgliedschaftsstufen und Event-Angeboten.

Der Pontiac Firebird Trans Am als K.I.T.T. Damals utopische Features wie GPS, Sprachausgabe, Autopilot – und vor allem der ‚Silent Mode‘ – gehören heute zur Ausstattung von neuen Elektroautos. (Foto zVg: Julien’s Auction)
Liebhaber-Objekte, die unerreichbar sind – oder in Sammlungen Staub ansetzen

«Zu den sogenannten ‘Veteranenfahrzeugen’ oder Oldtimern zählen Autos, deren erste Inverkehrssetzung vor mindestens 30 Jahren erfolgt ist», erklärt Hans-Georg Bell, Co-Founder von Soulgarage. «Etwa 53’000 Schweizer und Schweizerinnen besitzen mindestens ein solches Auto oder Motorrad, doch 1,3 Millionen Schweizer würden gerne so ein Liebhaberobjekt ihr Eigen nennen». Weil gefragte Oldtimer mitunter eine gute Wertanlage sind, ist ihnen oft das Schicksal beschieden, das auch gefragten Gemälden zufällt. Nämlich der Wegschluss. Die Autos verharren jahre- oder jahrzehntelang in Garagen, ohne jemals mehr die Strassen der neuen Welt zu erblicken. «Mir ist persönlich ein Fall bekannt, wo 120 Oldtimer im Wert von etwa 40-60 Millionen Franken in einer Schweizer Sammlung stehen, vom Besitzer aber nie gefahren werden». Abgesehen davon, dass der Gedanke traurig stimme, sei auch das Vorgehen nicht über alle Zweifel erhaben. «Die Mechanik dieser ‘Museumsstücke’ leidet durch das Rumstehen», so Bell, «besser wäre regelmässige und vorsichtige Inbetriebnahme.»

Doch Soulgarage plant keine grossangelegte Aktion, um die begehrten Assets auf vier Rädern vor Standschäden zu retten. Stattdessen hat das Start-up in einer ersten Phase selbst 10 legendäre Modelle akquiriert, mit dem erklärten Ziel, den Fuhrpark zukünftig zu erweitern. «Franzose – Ente – unzerstörbar» steht beim gelbschwarzen Citroën 2CV (1983) in der Beschreibung. «Stilikone – Topmodel – Soundwunder» lautet die Bildlegende zum britischen Austin-Healey aus dem Jahr 1958. «279 CHF/Monat kostet die Silbermitgliedschaft, 389 bzw. 498 CHF zahlen Gold- und Platin-Mitglieder», erklärt Bell. Je nach Mitgliedschaftsstufe erhält der Classic-Car-Fan mehr Driving Credits (Fahrkilometer), darf die Autos häufiger beanspruchen – oder mitbestimmen, welche Fahrzeuge als nächstes den Fuhrpark zieren sollen.

Warum nicht einfach Peer-to-peer-Sharing unter Oldtimerfans? Zum einen sähen solche «Fans und Schrauber» ihre Classic Cars häufig wie eine Art «Baby», meint Bell. Und «Fremde, Finger weg!» ist kein besonders passendes Leitmotto für eine Sharing Economy. Zum anderen könne die Fahrzeug- und Wartungsqualität in dem Fall kaum einheitlich garantiert werden. «Die Autos der Soulgarage-Flotte verfügen hingegen alle über einen Fahrcomputer, der sämtliche Fahrdaten erhebt. Und per App-Screen haben die Mieterinnen und Mieter Zugriff auf alle wichtigen Zustands-Parameter». Partner und Know-how-Quelle des neuen Start-ups ist die Pantheon Classic Garage AG, die ihr Kerngeschäft mit «Professionelle Dienstleistungen rund um Oldtimer» beschreibt.

Soulgarage startet mit 10 Modellen, wobei sich die Anschaffungskosten von ca. 20’000 (z.B. Citroen „Ente“) bis 100’000 CHF (Jaguar E-Type) pro Auto bewegen. Die Mitglieder bestimmen über den Fuhrpark mit. Bild: zVg
Teilfinanzierung über daura, Ambitionen Richtung Deutschland, Grossbritannien, USA

Soulgarage gibt über die digitale Aktienplattform daura 60 Partizipationsscheine à CHF 5’000.- heraus, gezeichnet werden kann ab sofort. «Die 300’000 CHF zur Teilfinanzierung des Fuhrparks und des Fuhrparkwachstums möchten wir bis 10. Juni beisammenhaben», sagt Bell. Typische Besitzer oder eben Möchtegern-Besitzer von Classic Cars finden sich vor allem in der Alterskohorte von 51 bis 70 Jahren (65%), doch auch Mittvierziger und Jüngere dürften sich durch Modelle wie den eingangs erwähnten Pontiac Trans Am begeistern lassen. «Wir sind überzeugt, dass das Konzept ‚Fahren statt Kaufen‘ alle Altersklassen anspricht, weil man eben nicht mehr bis zur Rente warten muss, um solche Liebhaberobjekte zu fahren». Mittelfristig sollen etwa 40% des Umsatzes aus dem Event&Experience-Geschäft kommen. «Firmenkunden kombinieren das Thema Classic Cars z.B. gerne mit dem Thema Nachhaltigkeit und Energiewende», sagt Bell. Zeitgemäss genutzt, würden Oltdimer in die Welt der Zukunft passen. 180’000 bzw. 320’000 CHF Umsatz soll Soulgarage 2022 und 2023 schreiben – und spätestens 2024-2025 profitabel werden. «Was das Marketing angeht, bauen wir auf Mund-zu-Mund-Propaganda in Business Clubs und Unternehmernetzwerken, guter Content auf Plattformen wie LinkedIn flankiert diese Bemühungen». Die Angestellten in der Anfangsphase? Ein Clubmanager im 60%-Pensum und Hans-Georg Bell mit einem 20-30%-Mandat – als Geschäftsführer und Projektleiter.

Soulgarage startet in Basel. Hier können Mitglieder ihre begehrten Oldtimer holen und bringen. «Schon ab 2023 erwarten wir eine überregionale Erweiterung mit Partnern, ev. sogar eine Partnerschaft mit den Kollegen in München und Frankfurt», so Bell. Kooperationen mit bestehenden Organisationen in London und New York seien ebenfalls auf der Wunschliste. Der Mittvierziger mit Jahrgang 1978 ist indes nicht im eigenen Classic Car anzutreffen. «Im Alltag fahre ich vor allem Elektrovelo und als Vater von drei Kindern auch einen Seat Alhambra – also die zuverlässige Familienkutsche, die gefühlt die Hälfte aller Zoo-Parkplätze besetzt. Aber immer, wenn sich die Gelegenheit bietet, schnappe ich mir einen Classic Car. Etwa einen MG von 1970 für den Geschäftstermin, ganz ohne Warn-Piepser und Freisprechanlage».

Hans-Georg Bell, Betriebsökonom FH, Initiator von Soulgarage.

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