Dass es wieder aufwärts geht, wie die Titlis Bergbahnen in ihrem Halbjahresbericht (zum 30. April) schreiben, wird durch Zahlen untermauert, die in der Tat so etwas wie leise Hoffnung aufkeimen lassen, dass man das Gröbste überwunden hätte.
Nach zwei herausfordernden Jahren, die von der Corona-Pandemie geprägt waren, habe sich die Situation der Bergbahnen Engelberg-Titlis AG (BET) im ersten Halbjahr normalisiert, schreiben Hans Wicki, Verwaltungsratspräsident, und Norbert Patt, CEO, im Vorwort zum Halbjahresbericht. So stieg die Anzahl der Gäste von Anfang November 2021 bis Ende April 2022 auf 483’000 Gäste, damit verzeichnete die BET 41% mehr Ersteintritte als im Vorjahr.
Wieder in den schwarzen Zahlen
Der Betriebsertrag des Engelberger Unternehmens erhöhte sich um über CHF 10 Mio. auf 28.48 Mio. CHF (+66%), im letzten Winter vor der Corona-Krise 2018/19 lag er allerdings mit 36.02 Mio. CHF noch um fast 30% höher. Durch die Frequenzsteigerungen und der damit zusammenhängenden variablen Kosten sowie aufgrund der Rückkehr zur vollen Angebotsbreite stieg der Betriebsaufwand um 22% auf 20.91 Mio. CHF. Unter dem Strich resultierte im ersten Halbjahr ein Gewinn von 1.12 Mio. CHF gegenüber einem Vorjahresverlust von 7.28 Mio. CHF.
Den Hauptgrund für die Steigerung der Ersteintritte um 41% sehen die Verantwortlichen der BET darin, dass die Behörden im vergangenen Winter auf Schliessungen von Skigebieten und Einschränkungen für Gastronomiebetriebe verzichteten. Dazu hätten die Jahres- und Saisonkartenbesitzer überdurchschnittlich viele Ersteintritte generiert. Auch habe der Titlis im Vergleich mit anderen Alpenregionen von ausserordentlich guten Schneeverhältnissen profitiert, schreiben VRP und CEO im Vorwort des Halbjahresberichts. Beim Schneesport habe man so Frequenzen verbuchen können, die wieder ein Level wie vor der Corona-Pandemie erreichten, obwohl das wichtige Weihnachtsgeschäft 2021 wegen ausgesprochen schlechter Wetterverhältnisse zum zweiten Mal in Folge «ins Wasser» gefallen sei.
Geöffnete Gastronomie sorgt für wahrnehmbar bessere Stimmung am Berg
Erwartungsgemäss entwickelten sich die Umsätze der Gastronomiebetriebe. Im Gegensatz zur Vorsaison konnten in den Wintermonaten wieder Gäste bewirtet werden, wenn auch unter Einhaltung der Zertifikatspflicht bis 17. Februar – was eine Umsatzsteigerung von 107% auf 6.02 Mio. CHF bewirkte. «Das hat für eine wahrnehmbar bessere Stimmung am Berg gesorgt», schreiben VRP und CEO. Im Vergleich mit den Jahren vor Corona fehle aber immer noch über ein Viertel des Gastronomie-Umsatzes, was unter anderem dem vorsichtigen Verhalten der Gäste geschuldet sei.
Seit dem Start in die abgelaufene Wintersaison operieren die BET mit Dynamic Pricing. Der Grundsatz «Wer früh bucht, profitiert» werde konsequent angewendet, und Gäste, welche ihr Ticket im Voraus kauften, bezahlten für eine Tageskarte weniger als noch letztes Jahr. Mittels Systemanpassungen solle die Preisgestaltung auf die kommende Saison weiter optimiert werden, so der Geschäftsbericht.
Gruppenreisen nach wie vor weit unter Vor-Corona-Niveau
Bei aller erfreulicher Entwicklung – eine Baustelle bleibt. Der Titlis ist stark von Gruppenreisen abhängig, und die finden erst nach und nach den Weg zurück hinauf auf 3020 m ü. M. Klar, der absolute Tiefpunkt von 97 (in Worten: siebenundneunzig!!!) Gruppentouristen im Vorwinter ist überwunden, immerhin 14’600 Ersteintritte wurden in diesem Segment im Winter 2021/22 verzeichnet. Aber Norbert Patt weist darauf hin, dass man damit noch nicht einmal 10% des Niveaus wie vor der Corona-Pandemie erreicht habe.
Am Projekt Titlis 3020 wird wie geplant festgehalten. Der Verwaltungsrat habe einzelne Vorbereitungsarbeiten freigegeben, so der Halbjahresbericht. Auch das Planungsteam sei wieder mobilisiert worden, um die Planungsarbeiten für sämtliche Teilprojekte wieder aufnehmen und weiterführen zu können.
Ausblick
Die Titlis Bergbahnen rechnen in diesem Sommer mit einem Rückgang der einheimischen Touristen, bei denen man davon ausgeht, dass sie wieder in die Ferne schweifen wollen. Da die Einreise in die Schweiz seit Ende Mai für Gäste aus der ganzen Welt wieder möglich ist, erwartet man bei den Interkontinentalreisen eine Trendwende. Vor allem werden wieder mehr Gäste aus Asien und Nordamerika erwartet – eine stark erhöhte Nachfrage kann man in Engelberg bereits registrieren. Gäste aus China hingegen dürften noch etwas länger auf sich warten lassen, man hofft, dass sie ab Sommer 2023 allmählich wieder den Weg in die Innerschweiz finden.
Fazit
Das beste Anzeichen dafür, dass die Zuversicht bei der Titlis Bergbahn wieder einen fruchtbaren Boden gefunden hat, ist das Festhalten am Bauplan für das Grossprojekt Titlis 3020. Da kommen die zurückkehrenden internationalen Touristen wie gerufen, auch um des Cashflows willen, der einen Teil der 120 Mio. CHF, die in verschiedene Teilprojekte wie den Ausbau des Funkturms und den Umbau der Bergstation fliessen, finanzieren soll.
Natürlich wird jetzt gerade für den Titlis viel davon abhängig sein, wie sich die leidige Pandemie weiterentwickelt, ob es wieder zu Schliessungen kommt und vor allem, ob der globale Tourismus wieder in die Gänge kommt. Dass die BET trotz Ausbleiben dieses Touristensegments im vergangenen Halbjahr wieder schwarze Zahlen schreibt, zeugt von der Resilienz des Geschäftsmodells der Innerschweizer.
So steht denn auch im Anhang des Halbjahresberichts, dass die Fortführungsfähigkeit der Bergbahnen Engelberg-TrübseeTitlis AG aus heutiger Sicht als nicht gefährdet betrachtet werden könne. Das ist doch zumindest schon mal sehr beruhigend.
Die Aktie der Bergbahnen Engelberg Titlis AG werden auf SIX gehandelt. Zuletzt wurden für die Aktie 45.80 CHF bezahlt.
Hinweis in eigener Sache: Am 14. September 2022 findet der Branchentalk Tourismus von schweizeraktien.net auf dem Gornergrat in Zermatt statt.