Die Betriebsgesellschaft Kongresshaus Zürich kam durch einen Umbau mit Verzögerungen sowie pandemiebedingter Schliessung in finanzielle Schieflage. An der ausserordentlichen Generalversammlung wird ein erster Schritt zur finanziellen Gesundung gemacht, wie schweizeraktien.net anfangs November berichtete.
Es ging am Mittwochmorgen schnell und ohne Widerstand. Der Verwaltungsrat brachte an der ausserordentlichen Generalversammlung der Kongresshaus Zürich AG alle Anträge ohne Gegenstimme durch. Damit führt das Unternehmen eine Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Wiedererhöhung bis zum bisherigen Level durch. Zudem wird die Stadt Zürich im Verwaltungsrat die Mehrheit erhalten. Als Vertreter der Stadt wurde Yves Bisang, Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt, gewählt.
An der GV waren gemäss Verwaltungsratspräsident Jean-Marc Hensch 78 Aktionäre persönlich anwesend, die 1051 Aktien vertraten. Das entspricht 21% des Aktienkapitals. Die absolute Mehrheit hätte demzufolge 526 Aktienstimmen betragen. Es kam aber nie zu einer Auszählung, weil alle Anträge einstimmig angenommen wurden.
Schreiben von der Depotbank
Damit wird das aktuelle Aktienkapital von nominal 5 Mio. CHF durch eine Nennwertreduktion von 1000 auf 100 CHF auf 500’000 CHF herabgesetzt und gleichzeitig wieder auf 5 Mio. CHF durch neues, voll einbezahltes Kapital erhöht. Bestehende Namenaktionäre können je alte Aktie neun neue Aktien zu je 100 CHF zeichnen. Die Aktien, die bestehende Aktionäre nicht zeichnen, werden durch die Stadt Zürich übernommen. Im maximalen Fall sind das 45’000 Aktien.
In den nächsten Tagen werden nun die Aktionäre von ihrer Depotbank ein Schreiben erhalten mit der Frage, ob sie für jede bestehende Namenaktie in ihrem Besitz neun neue Aktien zeichnen möchten. «Ich gehe davon aus, dass die Stadt nach der Kapitalerhöhung zur grössten Aktionärin wird», sagt CEO Roger Büchel nach der GV zu schweizeraktien.net. Auf dieses Szenario waren auch die weiteren Traktanden der GV ausgelegt. Denn ebenfalls angenommen wurden die Anträge, dass die Stadt, die gemäss GV-Einladung «vorausichtlich die weit überwiegende Mehrheit der Aktien besitzen wird» ein entsprechendes Gewicht im VR erhält. Wie eingangs erwähnt, wurde auch der städtische Vertreter ohne Gegenstimme gewählt.
Viel Nostalgie im Spiel
Zum Ende seiner Begrüssungsworte meinte Hensch, er dürfe als VRP keine Empfehlung abgeben: «Ich als Aktionär werde aber zeichnen.» Auch die wenig relevante, anekdotische Umfrage des Schreibenden unter anwesenden Mitbesitzern zeigte vor allem die Absicht, an der Kapitalerhöhung mitzumachen. Die Argumentation reichte von «ich bin praktisch mit und neben dem Kongresshaus aufgewachsen» und «unsere Zunft nutzt das Haus, deshalb wollen wir es unterstützen» bis zu «ich bin schon so lange dabei, so dass ich mehr Kursavancen als Rückschläge miterlebt habe».
Hensch beantwortete in seinen Ausführungen auch Fragen, die ihm im Vorfeld von Aktionären häufig gestellt worden seien. Eine Frage war: Wieso sucht das Kongresshaus keine neuen Aktionäre? Die Aktiengesellschaft habe dazu ein Gutachten erstellen lassen. Dieses kam zum Schluss, dass mit diesen Strukturen und Lasten niemand bereit sei zu investieren. «Die Stadt würde nicht einspringen, wenn andere da wären.»
Gewinnschwelle in weiter Ferne
Eine andere oft gestellte Frage sei gewesen: Wieso schiesst die Stadt nur maximal 4,5 Mio. CHF ein? Die Stadt wolle nicht mehr als das absolute Minimum in ein privates Unternehmen einschiessen, sei hier die Antwort. Nach einem Betriebsunterbruch von über 4 Jahren ist die Kongresshaus AG überschuldet. Im vergangenen Jahr fiel ein Verlust von 5 Mio. CHF an. Nach der jüngsten Kapitalmassnahme verfügt das Unternehmen über 2,5 Mio. CHF an liquiden Mitteln. Der nächste Liquiditätsengpass könnte damit schon bald auftauchen.
Zwar malte Büchel vor dem GV-Publikum ein optimistisches Bild über den Geschäftsgang: «Seit Mai dieses Jahres brummt das Geschäft.» Wegen zahlreicher langjähriger Buchungen von Grosskunden sei der Buchungsstand des Kongresshauses für 2023 bereits 76% und für das Jahr darauf 40%.
Im persönlichen Gespräch ist der CEO dann pragmatischer und weniger optimistisch. Er rechnet für das Jahr 2024 mit einem „positiven Ergebnis“. Die Gesellschaft müsse unter anderem auch noch einen Corona-Kredit zurückzahlen. Die Stadt wolle auch kein langfristiger Besitzer sein und früher oder später wieder aussteigen. Zudem sei das bisherige Mietmodell mit einem Fixbetrag und einem Anteil am Umsatz das falsche gewesen. Das wird nun geändert. Die Stadt erhöht zudem den Betriebsbeitrag. Dies wurde befristet bis 2028 genehmigt.
Damit ist eine Problemzone zwischenzeitlich gelöst, zahlreiche andere bleiben. Die Zukunft des Kongresshauses und damit auch die Kursentwicklung der ausserbörslich gehandelten Aktie ist höchst ungewiss.