Patiswiss: Wachstum in herausforderndem Umfeld

Investitionsprogramm trägt erste Früchte im Geschäftsjahr 2022

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Bis 2030 möchte sich die Patiswiss AG vom nachhaltigen zum regenerativen Lebensmittelhersteller weiterentwickeln.
Bild: Geschäftsbericht Patiswiss

Die Unternehmen sind durch Teuerung, Lieferprobleme und Personalengpässe verstärkt gefordert, wirkungsvolle Anpassungsstrategien zu entwickeln, wollen sie weiter prosperieren. Das ist Patiswiss im widrigen Umfeld des ersten Ukrainekriegsjahres bemerkenswert gut gelungen. Als Schlüssel zum Erfolg erweisen sich «New Business» und «Lean Management».

Mit 49 Mitarbeitenden ist Patiswiss ein typisches KMU. Kleine Unternehmen haben zwar etliche Nachteile gegenüber grösseren, sind aber agiler, können sich schneller anpassen und Marktchancen besser nutzen. Diese natürlichen Vorteile bieten gerade in Zeiten des Umbruchs die Gelegenheit, Boden gutzumachen. Und genau dafür hat Patiswiss im Sommer 2021 mit der Definition einer neuen Strategie die Voraussetzungen geschaffen. Diese wurde 2022 trotz des überraschenden Wechsels im Verwaltungsrat konsequent umgesetzt. Der Geschäftsbericht 2022 zeigt die Initiativen, die schrittweise Realisierung und auch die ersten Erfolge, was belegt, dass die verschiedenen Stossrichtungen, die verfolgt werden, auch die richtigen sind.

Gedämpftes Konsumklima

Im Geschäftsjahr 2022 folgte nach dem Abklingen der akuten Phase der Pandemie anfänglich frischer Optimismus, doch der legte sich schnell nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine. Die Unsicherheit und die höheren Preise für Rohstoffe, Energie und Transport sowie Lieferengpässe dämpften die Konsumstimmung und drohten für eine Gewinnkontraktion zu sorgen. Patiswiss erhöhte die Preise im Oktober um durchschnittlich 6,5%. Der Jahresumsatz stieg um immerhin 5,4% auf 19.2 Mio. CHF. Die positive Entwicklung ist umso bemerkenswerter, als höherpreisige Biolebensmittel und vegane Produkte einen überdurchschnittlichen Nachfragerückgang verzeichneten. Die preissensitiven Konsumenten wichen auf günstigere Angebote aus oder drosselten ihre Ausgaben. Das zeigt sich am Absatz, der um 3,2% auf 1653 Tonnen fiel.

Kernstück der Strategie

Ein genauerer Blick zeigt jedoch ein differenziertes Bild. In der sogenannten Lohn-Röstung ist ein Rückgang um 259 Tonnen zu verzeichnen. Hier ist die Marge enger als in den sonstigen Produktgruppen, wo ein Zuwachs um 204 Tonnen zu verzeichnen ist. Die Differenz ist fast genau die Menge, die zum Vorjahresabsatz von 1708 Tonnen verloren ging. Nach hohen Investitionen wurde 2022 die neue Pasteurisierungsanlage in Betrieb genommen, die nicht nur in puncto Lebensmittelsicherheit und Qualitätsmanagement bedeutsam ist, sondern auch zu Effizienzsteigerungen und einer erweiterten Kapazität beiträgt. Als Innovation kann die Anlage in einem zweiten Verfahrensschritt auch gleich die Röstung der Nüsse und Kerne leisten. Die als 5-LOG bezeichnete Pasteurisierungstechnologie hat bereits zu neuen Aufträgen geführt und soll weitere bringen. Im Geschäftsbericht wird die Anlage als Kernstück der Strategie bezeichnet, die Patiswiss bis 2030 vom «nachhaltigen zum regenerativen Lebensmittelproduzenten» verwandeln soll.

Marktpreisentwicklung Mandeln 2020 – 2022.
Indexstand 2010 = 100%. Grafik: Geschäftsbericht Patiswiss.
Zahlenkranz 2022

Nicht zuletzt wegen der guten Einkaufspolitik und auch dank der anhaltend tiefen Preisen für Haselnüsse und Mandeln stieg der Aufwand für Material und Waren in überschaubarem Mass um 0.6 Mio. CHF auf 10.4 Mio. CHF. Das ist der grösste Kostenblock. Der Personalaufwand stieg um 0.4 Mio. CHF auf 5 Mio. CHF. Alle sonstigen Aufwandposten zeigen geringe Veränderungen. Das EBITDA nahm um 5,2% auf 1.3 Mio. CHF zu. Höhere Abschreibungen führten zu einem um 2% gesteigerten EBIT von 0.5 Mio. CHF. Der Reingewinn fiel jedoch wegen eines höheren Finanzaufwands sowie höherer Steuerzahlungen um 1,7% auf 0.4 Mio. CHF. Der Gewinn je Aktie beläuft sich auf 13.07 CHF. Die Dividende beträgt 8.50 CHF.

Die wichtigste Kundengruppe von Patiswiss ist die Industrie. Grafik: Geschäftsbericht Patiswiss
Segmente mit unterschiedlichem Entwicklungstempo

Die Veränderungen bei den Umsatzanteilen nach Kundengruppen bestätigen die Trends der Vorjahre, sind aber auch teilweise überraschend. Mit 49% Umsatzanteil und einem Zuwachs von 4,2% bleibt die Industrie die wichtigste Kundengruppe. Es folgt der Grosshandel mit 26% Anteil und 1,2% Wachstum vor Gewerbe mit 15% und 1,7% Wachstum. Überraschend stark fiel die Erholung mit einer Umsatzsteigerung von 37% in der Gastronomie aus, die jedoch nur einen Anteil von 3% hat. Relativierend wirkt, dass 2022 keine Lockdown-Bedingungen für Umsatzausfälle sorgten. Ein Highlight stellt der Lebensmitteleinzelhandel dar, der nun 7% zum Umsatz beiträgt und ein Wachstum von 33,4% auf erstmals über 1 Mio. CHF erreichte. Weniger gut lief es im Export, der kräftig gesteigert werden soll, aber 2022 aufgrund der widrigen Bedingungen mit 6,5% Zuwachs bei unverändert 3% Umsatzanteil die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnte.

Frischer Wind

Die im Sommer 2021 implementierte Strategie weist verschiedene Stossrichtungen auf. Ein wichtiger Teil sind Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung, die hauptsächlich durch Investitionen und Personalmanagement adressiert werden. Eine weitere ist die Neuausrichtung von Vertrieb und Verkauf. Die internationalen Ambitionen kommen in der Präsenz bei wichtigen Nahrungsmittelmessen nicht nur in Köln und Nürnberg, sondern auch in Dubai, Paris und Boston zum Ausdruck. Nach drei Jahren ohne Messen ist ein beträchtliches Momentum der Veränderungen zu erwarten. Davon will Patiswiss profitieren.

Dekarbonisierung

Dazu passt der angekündigte Wandel bis 2030 zum regenerativen Lebensmittelhersteller. Der gesamte Unternehmensauftritt spiegelt die erweiterte Mission wider, die Homepage ist attraktiv und neu gestaltet. Teil des Wandlungsprozesses ist die vollständige Dekarbonisierung. Eine PV-Anlage auf den Liegenschaften ist bereits installiert, und Dampf wird elektrisch erzeugt. Mit anderen lokalen Unternehmen wird ein Anschluss an ein Fernwärmenetz geprüft. Trotz intensiver Suche konnte jedoch für Gas als Energieträger noch keine Alternative gefunden werden.

Innovationen und Transformation

Die Anzahl der Entwicklungen nahm weiterhin auf nun 229 zu. Davon sind 143 laufend und 43 abgeschlossen. Bei manchen Projekten sind Hochschulen mit im Boot. Zuletzt schaffte es ein veganer Mascarpone-Ersatz in die Coop-Regale. Für solche Projekte und die Ausweitung von Co-Manufacturing-Aufträgen ist ein Wandel von der «Werkstattfertigung hin zum effektiven, effizienten und modernen Lebensmittelproduzenten» erforderlich, wie es Verwaltungsrat und Management formulieren. Die Übernahme der Dragée-Produktion von Gysi ist eine solche Erfolgsgeschichte, denn gerade das Private Label-Geschäft, also die Produktion im Auftrag, hat sich als Wachstumstreiber erwiesen.

Fazit

Nach einem jahrelangen Höhenflug hat die Aktie seit Jahresbeginn an Terrain verloren. 2011 war erstmals die 200-CHF-Marke nach oben durchbrochen worden, das Hoch von 780 CHF wurde Anfang 2021 erreicht. Aktuell liegt die Aktie bei 605 CHF. Das KGV beträgt damit 46. Bei einem Marktwert von 19.2 beträgt das KUV 1. Das KBV liegt dagegen mit 2.6 über dem Marktdurchschnitt. Mit 1,3% fällt die Dividendenrendite eher spärlich aus. Ein interessanter Hinweis auf den tatsächlichen Substanzwert liefert die Erhöhung des Brandversicherungswertes für Immobilien und Mobilien von 24.8 Mio. CHF auf 33.5 Mio. CHF, wobei der Grossteil der Erhöhung auf Maschinen und Anlagen entfällt.

Nicht zuletzt zeigen die Agilität und die konsequent verfolgte Innovations- und Wachstumsstrategie, dass Patiswiss ehrgeizige Ziele verfolgt – und dies auch auf kreativen und unkonventionellen Wegen. Somit ist auch ein wertstiftender Merger mit einem komplementären Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft eine potenzielle Lösung, um kritische Grösse und damit «economies of scale» zu gewinnen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn die Wertschöpfungskette erweitert und bestenfalls kontrolliert wird. So betrachtet erscheint Patiswiss zwar nach KGV und KBV überbewertet, unter strategischen Aspekten aber unterbewertet. Die Aktienumsätze sind jedenfalls gering. Von einer möglichen M&A-Überraschung würden daher wohl nur die langfristig engagierten, eingetragenen Aktionäre profitieren.

Patiswiss wird auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden drei Aktien zu 605 CHF umgesetzt.

Chart Patiswiss
Die Aktie von Patiswiss zeigt sich mit einem permanenten Aufwärtstrend. Chart: otc-x.ch

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