Es kommen Gegenwinde in den Geschäftsbereichen von Cendres+Métaux auf. Der Zulieferer für das Luxus-Segment der Schweizer Uhrenindustrie spürt die bisher leichte Nachfrageabschwächung und auch die Frankenstärke sowie die Zurückhaltung der Patienten bei edelmetallhaltigem Zahnersatz als Folge des steigenden Goldpreises. Das Zahlenwerk des ersten Semesters 2024 zeigt jedoch bisher nur geringe Bremsspuren. Im Interview mit schweizeraktien.net gewährt CEO Philipp von Büren Einblicke, wie das Unternehmen bei der Integration der Akquisitionen vorankommt, wie die Herausforderungen im Bereich People and Culture adressiert werden und wie Cendres+Métaux weiterhin «auf Kurs» gehalten werden soll.
Herr von Büren, bei unserem letzten Interview vor einem Jahr hatten Sie erstaunliche Anfangserfolge bei der Akquisition von Fachkräften verzeichnet. Die Problematik ist zwischenzeitlich in fast allen Branchen evident. Sind Sie bei der weiteren Gewinnung von Fachkräften gut vorangekommen?
Es ist uns gelungen, viele Stellen zu besetzen und unsere offenen Stellen zu reduzieren. Die Situation in einigen Bereichen ist jedoch immer noch angespannt, dies wird sich durch weitere bevorstehende Pensionierungen nicht sofort verbessern. Wir arbeiten daher weiter an der Erhöhung der Attraktivität der Cendres+Métaux Gruppe, der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe, Schulungen und Investition in unsere Kultur und Werte.
Vor zwei Jahren hatten Sie Aufträge, die mangels Personal nur verzögert abgearbeitet werden konnten. Wie stellt sich das Verhältnis heute dar?
Letztes Jahr kam hinzu, dass die Lieferfristen für den Kauf von neuen Maschinen viel Zeit in Anspruch nahmen. Heute sind die Lieferzeiten wieder auf ein normales Level zurückgekehrt. Generell haben sich unsere Lieferfristen und Lieferrückstände reduziert.
«Generell haben sich unsere Lieferfristen und Lieferrückstände reduziert»
Was ist zur Integration der beiden 2023 akquirierten Gesellschaften Schlierholz und Lauener zu sagen? Stellen sich die Synergien, wie gewünscht, ein? Sie wollten auch Fuss in neuen Industrien fassen.
Die «quick-wins»-Synergien konnten wir wie geplant umsetzen. Weitere sind im Prozess und auf Kurs. Dazu entstehen Synergien durch die Vernetzung der verschiedenen Teams und Spezialisten der verschiedenen Firmen. Wir fördern die Zusammenarbeit in allen Bereichen und sehen noch ein sehr grosses Potenzial.
Sie haben hohe Investitionen in neue Maschinen getätigt. Hat das die Wettbewerbsfähigkeit, die Produktivität und die Profitabilität planmässig verbessert?
In unserem Tätigkeitsgebiet sind grössere Investitionen in unser Personal und Maschinen wichtig, um langfristig profitabel und wettbewerbsfähig zu bleiben. So haben wir einen klar definierten Investitionsplan, den wir umsetzen. Durch diverse Investitionen gelingt es uns, eine höhere Wertschöpfung zu erreichen und unseren bestehenden und neuen Kunden einen erweiterten Service sowie ein erweitertes Angebot zu bieten.
Die Konjunktur in der Volksrepublik China hat sich weiter abgeschwächt. In der Erläuterung zur offiziellen Schweizer Uhren-Statistik des ersten Semesters heisst es zwar, dass der Rückgang hauptsächlich auf der geringeren Nachfrage nach Stahluhren beruht, doch Swatch-Chef Hayek berichtet über extremen Nachfrageschwund bei hochpreisigen Uhren. Wie stellt sich die Situation in Ihrem Luxury-Segment dar?
Nach einer 3-jährigen starken Wachstumsphase erwarten wir für uns eine Konsolidierungsphase auf hohem Niveau. Wie weit die einzelnen Marken der Uhrenindustrie betroffen sind, können wir nicht kommentieren. Aus den Export-Statistiken ist zu vermerken: Der weitaus grösste Export-Markt für Schweizer Uhren sind die USA, die Exporte in dieses Land verzeichnen ein Wachstum von +5.2% YTD gegenüber Vorjahr, und auch Japan verzeichnet ein gutes Wachstum von +11.4% YTD gegenüber Vorjahr. Die Exporte von hochpreisigen Uhren (Export-Wert >3‘000 CHF) ist um -3.2% in Stückzahlen gegenüber Vorjahr gesunken (Stand August 2024).
«Nach einer 3-jährigen starken Wachstumsphase erwarten wir für uns eine Konsolidierungsphase auf hohem Niveau»
Die Kerninflationsrate in der Schweiz ist zwar deutlich zurückgegangen, doch die Preise für Energie, Materialien und Personal steigen dennoch überproportional. Wie stark ist Ihr Unternehmen von den Teuerungstendenzen betroffen, und wie sehen Ihre Gegenmassnahmen aus?
Die Preissteigerungen waren in den letzten beiden Jahren in etlichen Bereichen markant und sehr volatil. Die Volatilität hat stark abgenommen, und auch die Preise sind stabiler. Dies erlaubt uns besser zu planen und zu kalkulieren. Wie viele andere Unternehmen arbeiten wir an Automatisationen, Prozessverbesserungen, Erweiterung unseres Angebots, um die Preissteigerungen möglichst abzufedern.
Kaum kontrollierbar sind die Verwerfungen an den Devisenmärkten. Wie gehen Sie mit der fortgesetzten Frankenstärke um, und welche Auswirkungen hat die Stärke der Heimatwährung auf die Nachfrage bei den Endkunden in aller Welt?
In der Schweiz haben wir einen starken Franken, aber eine gegenüber dem Ausland viel tiefere Inflationsrate. Wir müssen weiterhin die Produktivität erhöhen, um auch langfristig gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. Derzeit sehen wir keine Abschwächung der Nachfrage bei unseren Kunden.
Im Geschäftsbericht 2023 schreiben Sie, dass die Akquisitionen auch durch den Verkauf eines Bruchteils der Goldbestände finanziert wurden. Welchen Effekt hat der markante Preisanstieg des Edelmetalls im laufenden Jahr auf Ihre Bilanz?
Die eigenen Edelmetall-Bestände sind zu historischen Werten in der Bilanz verbucht.
Im letzten Jahr haben Sie ein zentrales Management Team gebildet, dem sechs Direktorinnen und Direktoren angehören. Damit sind u.a. Qualitätsmanagement sowie die Verantwortlichen für Technologie, Kommunikation und Personal in die Entscheidungsfindung eingebunden. Wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz des «Empowerments» aus?
Wir organisieren uns in einer Matrix Organisation. D.h. wir haben General Manager, welche sich um die Gesellschaften kümmern, und wir haben Personen, welche sich auf verschiedene Funktionen auf Gruppenstufe konzentrieren, die sicherstellen, dass wir in der Gruppe die Standardisierung innerhalb der Funktionen erreichen. Dies ist eine grosse Veränderung, welche wir vor einem Jahr begonnen haben. Die Zusammenarbeit in verschiedensten Bereichen wird dadurch stetig verbessert, professionalisiert und unterstützt.
Trotz des guten Ergebnisses in 2023 und der günstigen Bewertungsparameter hat sich der Aktienhandel bisher nicht, wie gewünscht, belebt, sondern bewegt sich tatsächlich nach sieben Monaten bei etwa 25% des Vorjahresniveaus. Damit haben weniger als 1% der ausstehenden Aktien den Besitzer gewechselt. Wie kann die für Anleger unbefriedigende Liquidität verbessert werden?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Liquidität zu verbessern, diese werden diskutiert. Grundsätzlich gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Grundsätzlich müssen wir die Nachfrage zu erhöhen versuchen.
Als wir vergangenen August über Medtech gesprochen haben, verwiesen Sie in beiden Segmenten, Auftragsfertigung und Eigenmarkengeschäft, auf neue Projekte und Entwicklungen, die 2024 die Marktreife erlangen sollten. Was können Sie zum Stand der Dinge sagen?
Wir sind grundsätzlich auf Kurs, in einzelnen Fällen mit einer Verzögerung von ca. einem halben Jahr.
Bis 2030 will Cendres+Métaux bei den Scope 1+2 Emissionen klimaneutral sein. Sind Sie in den vergangenen 12 Monaten vorangekommen?
Wir haben verschiedene Initiativen und Investitionen definiert, die uns bei dieser Zielerreichung helfen.
Wie gut sind Sie auf die Anpassung des Obligationenrechts im Bereich des Sustainability Reporting vorbereitet? Der Vorentwurf war vom Bundesrat Ende Juni 2024 veröffentlicht worden.
Dazu nehmen wir noch keine detaillierte Stellung. Wir orientieren uns auch an internationalen Richtlinien, insbesondere deren von Europa, und erarbeiten die nötigen Massnahmen dazu.
Welche Herausforderungen und Risiken beschäftigen Sie derzeit am meisten?
Die Herausforderungen bestehen sicherlich in der Organisation und Zusammenführung der Gruppe und der Gesellschaften sowie der verschiedenen Teams. Ein grosses, wichtiges und herausforderndes Projekt, das wir umsetzen, ist die Vereinheitlichung der ERP-Systeme in der Gruppe. Weiterhin und auch in den nächsten Jahren erwähnenswert ist die Herausforderung, die Erfahrungen und das Wissen von unseren langjährigen Mitarbeitern zu sichern, bevor diese in Pension gehen. Aus Risikoperspektive sind sicherlich das Cyberrisiko und die Preissteigerung der Edelmetalle zu erwähnen.
«Ein grosses (…) Projekt, das wir umsetzen, ist die Vereinheitlichung der ERP-Systeme in der Gruppe»
Wagen Sie nach den ersten sieben Monaten trotz der allgemeinen Unsicherheiten eine Prognose zum Gesamtjahr 2024?
Dazu sagen wir nicht mehr, als bereits im Halbjahresbericht erwähnt worden ist.
Vielen Dank, Herr von Büren, für die gegebene Orientierung.
Die Aktien der Cendres+Métaux SA werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 4’950 CHF für eine Aktie bezahlt.