Andreas Buri, CEO Clientis: „Clientis bietet eine Alternative zu Fusion oder Verkauf.“

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Andreas Buri ist seit Juni 2014 CEO der Clientis AG. Der gelernte Bankkaufmann hat ein Diplom als Bankfachmann der AMP Wharton School und arbeitete von 1973 bis 2004 für die UBS in unterschiedlichen Funktionen im In- und Ausland. Zwischen 2004 und 2014 war er als CEO bzw. Geschäftsleitungsmitglied verschiedener Privat- und Auslandbanken tätig. Bild: zvg

Die 15 Clientis-Banken konnten für 2016 ein respektables Jahresergebnis vorlegen (siehe Blog-Beitrag vom 10. März). Nun möchte der Vertragskonzern weitere Wachstumsschritte vollziehen. Chancen sieht Andreas Buri, CEO der in Bern ansässigen Clientis AG, in einer Stärkung des Vertriebs und dem Ausbau der Aktivitäten abseits des Zinsengeschäfts. Weiterbildungsangebote und Zertifizierungen sollen die Clientis-Mitarbeiter fit für diese Schritte machen. Buri betont im Gespräch mit schweizeraktien.net die regionale Verankerung der Banken als Vorteil gegenüber den grossen Instituten. Und er sieht das Dienstleistungsangebot von Clientis auch als eine Option für bisher selbständige Banken, auch in Zukunft eigenständig bleiben zu können.

Herr Buri, die Clientis AG hat für 2016 ein zweites Jahr in Folge ein sehr gutes Jahresergebnis präsentiert. Was waren die Hauptgründe für dieses gute Abschneiden, und wird sich diese Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen?

Das gute Abschneiden der Clientis-Banken ist vor allem auf die Volumensteigerung im Hypothekenmarkt zurückzuführen. Unsere Banken konnten konsolidiert die Hypothekarforderungen um 3.7% steigern. Damit liegen wir über dem Gesamtmarkt. Ausserdem hat sich gerade in der aktuellen Phase mit den Negativzinsen das professionelle Asset- und Liability Management vorteilhaft auf den Zinsertrag ausgewirkt. Ein weiterer positiver Effekt waren wegfallende Abschreibungen für den 2011 erfolgten Wechsel auf die Kernbankensoftware Finnova.

Diese positiven Effekte hatten Einmalcharakter. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie also für 2017?

Die Clientis-Banken dürften ihre Volumen weiter steigern – in den vergangenen zwölf Jahren betrug das Wachstum, unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung, kontinuierlich rund ein Prozent pro Quartal. Ziel für 2017 ist ein operatives Ergebnis mindestens auf Vorjahresniveau.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Clientis-Banken?

Diese liegen in der Region und bei der Geschäftspolitik der einzelnen Banken. Mitentscheidend ist auch das Wettbewerbsumfeld. Besonders kleinere Institute konnten überdurchschnittlich stark wachsen, was auf gezielte Aktionen vor Ort zurückzuführen ist. Obwohl jede Bank eigenständig in ihrer Geschäftspolitik ist, gilt bei den Assets und beim Pricing überall das Primat „Qualität vor Quantität“.

Die Netto-Erträge im Zinsengeschäft werden sich wohl nicht mehr lange durch höhere Volumen und niedrigere Wertberichtungen steigern lassen. Wo sehen Sie das künftige Potenzial für die Ertragssteigerungen der Clientis Banken?

Unsere Banken verfügen über eine ausgezeichnete Basis. Studien bestätigen uns ein überdurchschnittlich hohes Kundenvertrauen. Dieses wollen wir nutzen, um mit nachhaltigen Vertriebsaktivitäten das bestehende Potenzial auszuschöpfen. Aus diesem Grund investieren die Clientis-Banken in die Weiterbildung und Zertifizierung der Mitarbeitenden. Mittlerweile sind 250 Mitarbeiter diplomiert, sie haben damit ihre Beratungs- und Fachkompetenz unter Beweis gestellt.

Sie haben auch angekündigt, dass Clientis-Banken verstärkt von der Zweit- zur Erstbank werden sollen. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Unsere Banken sind im Vertrieb autonom. Daher definiert jede Bank ihre eigenen Zielsetzungen. Als Clients AG unterstützen wir die Banken mit Massnahmen für Ertragsteigerungen und Kosteneinsparungen sowie Effizienzgewinne. Ebenfalls helfen das zentrale Liquiditäts-Management sowie Weiterbildungsprogramme und ein Best-Practice-Austausch in allen Fachbereichen. Dieser Austausch wird immer wichtiger für die Banken.

Aber die Schweiz ist generell gut mit Retailbanken abgedeckt. Warum sollte der Kunde einer Raiffeisen-, Gross- oder Kantonalbank die Beziehungen zu seiner Clientis-Regionalbank ausbauen? Das Thema Vertrauensverlust in die Grossbanken dürfte nun vorbei sein.

Warum ist das Thema mit dem Vertrauensverlust vorbei? Schauen Sie sich nur die Diskussion um die Saläre bei den Grossbanken an. Diese Salärpolitik führt auch weiterhin dazu, dass Kunden lieber zu einer Regionalbank gehen. Hier besteht seit Jahren, vielfach sogar seit Jahrzehnten, ein grosses Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Bank. Die örtliche Nähe, die Agilität und rasche Entscheide, die vor Ort gefällt werden, sprechen klar für die Clientis-Banken. Während grössere Banken Geschäftsstellen schliessen, bleiben Clientis-Banken in der Nähe des Kunden. Davon profitieren unsere Banken. Einige Clientis Banken werben sogar mit dem Slogan „Wir sind und bleiben hier“. Dies unterstreicht auch die lokale Verankerung. Generalversammlungen der Banken sind wichtige gesellschaftliche Ereignisse in der Region. Die Clientis Bank Oberaargau zählt über 5’500 Aktionäre, von denen 1’300 an der Generalversammlung teilnehmen – auch viele junge Kunden.

Steigerungspotenzial sehen Sie auch im indifferenten Geschäft. Können Sie hier überhaupt mit grösseren Kantonal- oder Grossbanken konkurrieren?

Dank unserem Geschäftsmodell mit der Clientis AG als effizientem Kompetenz- und Dienstleistungszentrum mit über 30 Mitarbeitern können wir die Clientis-Banken und weitere Regionalbanken mit insgesamt 800 Mitarbeitern durch spezialisierte Dienstleistungen gezielt unterstützen. Dazu gehört die Segmentsführung Anlegen, bei der die Clientis Zürcher Regionalbank federführend ist. Ausserdem ist die Clientis Gruppe eine Kooperation mit Vontobel eingegangen, womit wir unsere Anlagekunden zusätzlich mit professionellen Marktinformationen versorgen können. Bei der Produkteauswahl achten wir darauf, dass wir einfache und erklärbare Produkte anbieten.

Die Clientis AG baut das Dienstleistungsgeschäft für Drittbanken aus. Welche Leistungen bieten Sie genau an?

Es handelt sich hier um 23 Module in neun Fachgebieten, darunter Legal & Compliance, Risk Management, Finance und IT sowie Vertrieb & Marketing. Die meisten Drittbanken beziehen das IT-Plattformmanagement. Auch Legal & Compliance sind aufgrund der zunehmenden Regulierung sehr gefragt. Insgesamt nimmt die Anzahl der bezogenen Module von Jahr zu Jahr zu. Unser Ziel ist es, dass wir bestehende und neue Banken vom Bezug weiterer Module überzeugen können.

Banken bauen derzeit ihr Filialgeschäft ab. Wie sieht hier die Strategie der Clientis-Banken aus?

Dies entscheiden unsere Banken vor Ort selber. Ein Filialabbau ist derzeit nicht bekannt. Vielmehr investieren einige Banken in Neubauten und in die Modernisierung ihrer Standorte. Einige Banken nehmen einen Formatwechsel vor und wandeln die Niederlassungen in reine Beratungsstandorte um. Die Clientis Bank Oberuzwil beherbergt in ihrem Beratungszentrum Uzwil auch Drittanbieter, nämlich ein Treuhandbüro und Rechtsanwälte. Allerdings dürften auf der Zeitachse auch die Clientis-Banken durch das geänderte Kundenverhalten eher weniger Filialen benötigen.

Einer der Gründe für die tendenziell geringere Anzahl Filialen ist die Digitalisierung. Wie ist die Clientis-Gruppe diesbezüglich unterwegs?

Unsere Digitalisierungsstrategie umfasst verschiedene Handlungsfelder, aus denen wir künftig weitere digitale Prozesse und Produkte lancieren werden. Sie dient ebenso der gruppenweiten Prozess-Automatisierung und -Standardisierung, was sich in einer höheren Effizienz und Flexibilität niederschlagen wird; Stichwort ist hier etwa das digitale Kundendossier. Wir verfolgen einen «situativen Early-Follower-Ansatz» und bearbeiten das Thema in unserer Gruppe mit hoher Priorität weiter.

Ist die Übernahme von Triba ein Zeichen für eine neue Konsolidierungswelle unter den Regionalbanken, die anrollt?

Es handelt sich bei der Triba um eine Sondersituation, da Valiant dort seit längerer Zeit mit über 30% beteiligt ist. Vielleicht wäre Triba heute noch selbständig, wenn sie nicht aus dem Clientis-Verbund ausgetreten wäre. Generell sehen wir derzeit keine neue Konsolidierungswelle. Allerdings werden sich Verwaltungsräte von Regionalbanken Gedanken über die Zukunft machen müssen, wie sie mit den steigenden Anforderungen im Markt umgehen wollen. Clientis bietet hier mit ihren modularen, professionellen Dienstleistungen eine ausgezeichnete Alternative zur Beibehaltung der Selbständigkeit anstelle einer Fusion oder eines Verkaufs.

Hinweis in eigener Sache: Am 13. Juni 2017 findet der 4. Branchentalk Regionalbanken ab 15.30 Uhr in Bern statt. Im Fokus stehen „Geschäftsmodelle in der Transformation“. Weitere Informationen unter schweizeraktien.net/branchentalk.

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