Im Brennpunkt: Wie liquide ist der ausserbörsliche Aktienmarkt?

Die 25 wichtigsten OTC-X Aktien auf dem Prüfstand

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Der OTC Liquidity Index bildet die liquidesten Titel der OTC-X-Plattform ab. Quelle: moneynet.ch

Der Marktwert der insgesamt 281 auf OTC-X gehandelten Aktien beträgt aktuell 29.5 Mrd. CHF. Und während der ausserbörsliche Aktienmarkt zahlreiche Charakteristika bietet, die Anleger zu schätzen wissen, so gehört die Liquidität der Anteile von jeher nicht dazu. Das ist ein guter Grund, um einmal genauer hinzuschauen, denn die oft gehörte pauschale Aussage zur angeblichen Illiquidität hilft interessierten oder engagierten Investoren bei ihren Entscheidungen auch nicht weiter.

In den acht Jahren von 2009 bis 2016 lagen die Jahresumsätze auf OTC-X bei durchschnittlich 123 Mio. CHF. Die Schwankungsbreite blieb mit 114 Mio. CHF bis 143 Mio. CHF relativ eng. 2017 kam es zu einem kräftigen Ausbruch nach oben auf 247 Mio. CHF. Das noch laufende Jahr 2018 steuert auf ca. 190 Mio. CHF zu, am 12.Oktober sind es 148.7 Mio. CHF.

Schon eine überschlägige Rechnung zeigt, dass die ausserbörslich gehandelten Aktien sehr weit von den relativen Grössenordnungen an den regulierten Börsen entfernt sind.  Im Schnitt der Jahre 2009 bis 2016 liegt der jährliche Aktienumsatz bei gerade 0,41% der aktuellen Marktkapitalisierung. Bezogen auf das Spitzenjahr 2017 sind es 0,84%.

Umsatzspitzenreiter: WIR Bank und Holdigaz

Dennoch offenbart eine differenzierte Betrachtung eine Handvoll Aktien mit Monatsumsätzen von 1 Mio. CHF oder mehr. An der Spitze steht WIR Bank mit durchschnittlich 2.9 Mio. CHF Monatsumsatz in 2018 sowie Holdigaz mit 1.6 Mio. CHF. Zu erwähnen ist auch Rapid mit 0.6 Mio. CHF. Allerdings ist bei den Umsatzspitzenreitern zu bedenken, dass ein substanzieller Anteil auf Block-Trades von 1 Mio. CHF oder mehr entfällt. So berichtet die BEKB im jüngsten wöchentlichen Marktbericht von einem Trade in Genossenschaftsanteilen der WIR Bank in Höhe von 1.5 Mio. CHF. Im August wurden nach der Vorlage der Halbjahreszahlen von Rapid in zwei Trades 2 Mio. CHF umgesetzt. Die wohl wertmässig höchste Einzeltransaktion des Jahres war im April ein Block-Trade in Holdigaz im Wert von 10.5 Mio. CHF.

Nicht wenige der 281 gelisteten Aktien werden dagegen selten gehandelt, und manche auch über längere Zeit gar nicht. Aktien der Zürcher Landbank wurden beispielsweise 2017 nur in zwei Trades gehandelt: 15 Aktien im Wert von 12’500 CHF. 2018 sind es 16 Aktien in vier Trades. Aktien der Spar- und Leihkasse Wynigen wurden bisher in 2018 noch gar nicht gehandelt.

Doch die Grösse ist nicht unbedingt entscheidend für die Liquidität auf OTC-X. Das beste Beispiel bietet die höchstbewerte Aktie CKW. Die Marktkapitalisierung beträgt untypisch hohe 1.7 Mrd. CHF, doch der Streubesitz liegt nur bei 6%. Bezogen auf den Marktwert liegt der bisher in 2018 verzeichnete Aktienumsatz von 1.5 Mio. CHF bei weniger als 0,1%. Bezogen auf den tatsächlich handelbaren Streubesitz sind es 1,5%. Umgerechnet pro Monat liegen die durchschnittlichen Aktienumsätze 2018 bei 0.2 Mio. CHF.

Erläuterung zu oben stehender Tabelle: Untersucht wurden die Aktienumsätze von 25 ausgesuchten liquiden, auf OTC-X gehandelten Aktien, die ins Verhältnis zu ihrem Marktwert und ihrem Free Float gesetzt werden. Auch wenn sich in einigen Fällen der Streubesitz nicht ermitteln liess, so geben die Zahlenreihen doch einige Hinweise zur Liquidität der Aktien. Die Auswahl erfasst überwiegend Aktien, die Bestandteil des OTC-X Liquidity Index sind, jedoch auch einige gewichtige Aktien aus den anderen Indizes wie Reishauer, Lagerhäuser der Centralschweiz und Menzi Muck Gruppe. Neben der Liquidität wurde bei der Zusammenstellung auch die Gewichtung der Industriegruppen wie im OTC-X All-Share Index beachtet. Dort sind beispielsweise Bergbahnen und Tourismusunternehmen gering gewichtet, höher gewichtet sind dagegen Industrie, Energie und Banken. Quelle: schweizeraktien.net

Die Tabelle stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, viel mehr soll anhand einer repräsentativen Auswahl das Mysterium der „Illiquidität“ des ausserbörslichen Aktienmarktes entmystifiziert werden. Eine teilweise andere Auswahl würde kaum etwas an den Ergebnissen ändern.

Konklusionen

Es ist ein Fakt, dass abgesehen von den wenigen Aktien, die mehr als 0.5 Mio. CHF Aktienumsatz pro Monat erzielen, und den vielen Aktien, die selten oder auch gar nicht gehandelt werden, die liquiden Aktien monatsdurchschnittlich auf 0.1 Mio. CHF bis 0.3 Mio. CHF kommen. Für grosse Anlagebeträge ist das zu wenig, weshalb der Kreis der Kern-Investoren wohl auch weiterhin beschränkt bleibt.

Wer sich jedoch längerfristig und in überschaubaren Grössenordnungen am ausserbörslichen Aktienmarkt engagiert, die Unternehmen kennt und aufmerksam verfolgt, kann auch hervorragende Renditen erzielen – und das bei reduzierten Marktrisiken.

Wünschenswert wäre für die interessierten Anleger dennoch eine höhere Transparenz. Keine Gesellschaft mit externen Anteilseignern kann ernsthaft annehmen, dass deren Informationsbedürfnisse gedeckt werden, wenn selbst bei gründlicher Recherche nicht einmal die Streubesitzquote ermittelt werden kann.

 

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