Zur Rose: Wachstum, Wachstum, Wachstum

Umbesetzung des Verwaltungsrats namentlich noch nicht spruchreif

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Walter Oberhänsli, CEO der Versandapotheke Zur Rose, will mit Übernahmen weiter wachsen. Bild:schweizeraktien.net

Die Versandapotheke Zur Rose steigerte den Umsatz 2018 dank Akquisitionen um 20,8% auf 1.21 Mrd. CHF. Beim Ergebnis ging es in die andere Richtung. Auf Stufe des um Sonderfaktoren bereinigten EBITDA – ohne Bereinigung um PromoFarma – resultierte ein operativer Verlust von 2.9 Mio. CHF nach knapp 7 Mio. CHF im Vorjahr. Unter zusätzlicher Bereinigung um die 2018 übernommene spanische PromoFarma-Plattform bewegte sich das „bereinigte EBITDA“ plangemäss im Bereich der Break-even-Schwelle.

Das effektiv ausgewiesene EBITDA verbesserte sich um 10 Mio. auf -12.5 Mio. CHF, wie das Unternehmen mitteilte. Im Ergebnis resultierte allerdings ein höherer Verlust von 39.1 Mio. CHF gegenüber 36.2 Mio. im Jahr 2017.

CEO Walter Oberhänsli und CFO Marcel Ziwica betonten an der gut besuchten Jahrespressekonferenz mehrfach, dass das Wachstum stärker zu gewichten sei als das Ergebnis. Zur Rose hatte seit dem IPO 2017 im Rahmen der Konsolidierung im grössten europäischen Versandmarkt Deutschland vier Wettbewerber übernommen. Dazu kamen Übernahmen in Spanien und Frankreich.

Verdoppelung des Umsatzes angestrebt

Der Umsatz wird nach den Erwartungen des Managements 2019 auf 1.6 Mrd. CHF klettern, ein Wachstum von über 30% gegenüber 2018. Ein ausgeglichenes Ergebnis auf Stufe EBITDA werde angestrebt. Bis 2022 will Zur Rose den Umsatz gegenüber 2018 auf 2.4 Mrd. CHF verdoppeln mit einer EBITDA-Zielmarge von 5 bis 6%.

Zur Rose setzt bei seinen expansiven Wachstumsplänen dabei vor allem auf Deutschland. Im letzten Jahr stiegen die Umsätze dort alles in allem um 38,9% auf 671 Mio. CHF, wobei erstmals der Heimatmarkt Schweiz mit Verkäufen von 527 Mio. CHF (+5,4%) überflügelt wurde.

Auch organisch wuchs Zur Rose in Deutschland mit 5% bei den rezeptpflichtigen Medikamenten stärker als der Markt, der um 1,6% zurückging. Anhaltend herausfordernde politische Rahmenbedingungen – Stichwort „Rx-Versandverbot“ – belasteten dieses Teilsegment im deutschen Markt im abgelaufenen Jahr, doch gehen die Signale mittlerweile klar in die Richtung, dass es kein Rx-Versandhandelsverbot in Deutschland geben wird und das elektronische Rezept nach Einführung ab 2020 für zusätzliches Wachstum sorgen kann. Im Bereich OTC (nicht verschreibungspflichtige Medikamente) betrug das Wachstum 14% gegenüber dem Gesamtmarkt mit 8,1%.

Hoffnung auf das elektronische Rezept

Das elektronische Rezept in Deutschland wird, wenn die gesetzlichen Grundlagen hierfür geschaffen sind, spätestens ab 2020 flächendeckend kommen, ist sich Oberhänsli sicher. Nicht einmal mehr die Apotheken sträubten sich noch dagegen. Der Zur-Rose-CEO verweist auf die Techniker Krankenkasse, die grösste Krankenversicherung in Deutschland, die ein Pilotprojekt mit E-Rezepten in Hamburg gestartet hat.

Oberhänsli sieht deshalb grosses Wachstumspotenzial. Die Online-Penetration im RX-Geschäft liegt bei 1,3% (Schweiz und Schweden je 10%, USA 25%). Mit einem Marktanteil von 38% erzielte Zur Rose 2018 (Online-)Rx-Umsätze von 200 Mio. EUR. Sollte bei gleichbleibendem Marktanteil die Online-Durchdringung aufgrund der Einführung des elektronischen Rezepts auf 5% steigen, rechne zur Rose deshalb mit 1 Mrd. EUR Umsatz.

Bündelung der gesamten Logistik

Nach der Übernahme der Versandhandelsaktivitäten von apo-rot in Hamburg wickelt Zur Rose deren Versandaktivitäten über ihren Logistik-Standort Heerlen in den Niederlanden ab. Mittelfristig sollen die gesamten Versandaktivitäten für den deutschen Markt in Heerlen gebündelt werden. Derzeit wird, angrenzend zum bestehenden Gebäude, ein Neubau errichtet, um die Logistikinfrastruktur zu erweitern und die Kosten mit Skaleneffekten zu senken. Mit der Fertigstellung im Jahr 2021 solle die Versandkapazität in Heerlen in einem ersten Schritt auf ein Volumen von 30 Mio. Pakete pro Jahr verdreifacht werden, mit der Möglichkeit des Ausbaus auf bis zu 50 Millionen.

Beschleunigung der Internationalisierung mit Marktplatz-Geschäftsmodell

Mit der Übernahme des Technologieunternehmens PromoFarma mit Sitz in Barcelona, das die führende Marktplatz-Plattform für Südeuropa im Bereich Beauty- und Personal-Care-Produkte entwickelt hat, wolle man in weitere Märkte wie Frankreich und Italien expandieren. In diesem Zusammenhang steht auch die Übernahme des französischen Marktplatzes Doctipharma, der in die Plattform von PromoFarma integriert werden soll. Es werde ein umfassendes Gesundheits-Ökosystem mit einer E-Health-Plattform aufgebaut, um vernetzte Gesundheitsdienstleistungen für Patienten, Kunden, medizinische Leistungserbringer, Kostenträger und andere angeschlossene Partner anbieten zu können, so Zur Rose.

Ausbau des Shop-in-Shop-Formats in der Schweiz

Das Shop-in-Shop-Konzept von Zur Rose sei erfolgreich, man plane deshalb neben den bestehenden Angeboten in Basel und Zürich einen weiteren Ausbau von Apotheken an verschiedenen Standorten in der Schweiz. Bis zu drei Neueröffnungen seien 2019 geplant, sagte Oberhänsli.

Wachstumsdynamik sorgt für Dissense im Verwaltungsrat

Anfang März hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass Vanessa Frey und Heinz Baumgartner bei der Generalversammlung am 23. Mai aus dem Verwaltungsrat ausscheiden werden. (Kommentar dazu von schweizeraktien.net) «Dieser Schritt steht im Zusammenhang mit unterschiedlichen Auffassungen über Art und Geschwindigkeit der Umsetzung der Wachstumsstrategie», erklärte Zur Rose damals. Auf Nachfragen zu den Gründen wollte Oberhänsli an der Pressekonferenz nicht weiter Stellung beziehen. Man habe Nachfolger für Frey und Baumgartner im Visier, könne aber zum heutigen Zeitpunkt noch keine Namen nennen.

Die Aktie der Zur Rose Group ist an der SIX Swiss Exchange kotiert und gab nach Bekanntgabe der Zahlen, die mit Blick auf das tiefere Ergebnis offenbar „unter den Erwartungen des Marktes“ lagen, deutlich um über 5% auf zuletzt 86.20 CHF ab.

 

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