Hypi Lenzburg: Software und Vermögensverwaltung gleichen den Rückgang im Zinsengeschäft aus

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Marianne Wildi, CEO der Hypi Lenzburg, sieht sich mit ihrer Strategie auf Kurs. Bild: schweizeraktien.net

Die Hypothekarbank Lenzburg war in den letzten drei Jahren ein Vorreiter unter den Regionalbanken in Sachen digitaler Transformation. Firmenchefin Marianne Wildi sorgte mit ihren Initiativen für Schlagzeilen und holte sich gleich mehrere Auszeichnungen: als «digitalste Bank der Schweiz», mit dem «Euro Finance Tech Award», und erst kürzlich landete Wildi bei der Wahl zu Unternehmerin des Jahres auf Platz 3. Kein Wunder, dass auch Verwaltungsratspräsident Gerhard Hanhart an der Medienkonferenz sichtbar stolz auf «seine» CEO war.

Bei all den Auszeichnungen und der starken Medienpräsenz für die mittelgrosse Retailbank mit einer Bilanzsumme von etwas mehr als 5 Mrd. CHF tauchte allerdings auch immer häufiger die Frage auf, ob die Initiativen im Bereich Fintech auch eines Tages in der Erfolgsrechnung der Bank positiv sichtbar werden. Mit dem Jahresabschluss 2019 trat die Gesellschaft nun den Beweis an. Obwohl der Erfolg aus dem Zinsengeschäft mit 56.95 Mio. CHF um 1.6% zurückging, stieg der Geschäftserfolg um mehr als 1.3 Mio. CHF auf 25.5 Mio. CHF an. Denn im sogenannten indifferenten Geschäft konnte die Bank 2019 zulegen. Aus dem Geschäft mit der Vermögensverwaltung, das in der HBL Asset Management zusammengefasst ist, erzielte die Bank ein Plus von knapp 939’000 CHF. Die Einnahmen aus Lizenzen und dem Servicegeschäft für die eigene Bankensoftware «Finstar» lagen sogar 2.1 Mio. CHF über dem Vorjahreswert. Zudem leistete die gute Börsenlage einen positiven Beitrag, denn der Verkauf von Finanzanlagen spülte zusätzlich einen Ertrag von 3.6 Mio. CHF (Vorjahr: 2.5 Mio. CHF) in die Kassen der Regionalbank. «2019 hat mehr gehalten, als wir uns zu Beginn des Jahres versprochen haben», resümierte daher auch Präsident Hanhart vor den Medien.

Moderates Wachstum im Hypothekargeschäft

Auf der Kostenseite belastete die Expansion in Form von höheren Personalkosten, IT-Entwicklungskosten sowie Investitionen in Bankgebäude und Einrichtungen die Erfolgsrechnung mit knapp 1.5 Mio. CHF. Marianne Wildi wies darauf hin, dass trotz der höheren Aufwendungen die Cost/Income-Ratio mit 58.3% noch unter dem Durchschnitt der Regionalbanken und Sparkassen liege. Im Kerngeschäft mit den Hypothekarkrediten verhielt sich die Hypi aufgrund von «punktuell zu beobachtenden Marktungleichgewichten» zurückhaltend. Die Hypothekarforderungen wuchsen daher nur um 1.7% auf 4.0 Mrd. CHF, so dass die Ausleihungen gesamthaft auf knapp 4.2 Mrd. CHF stiegen. Etwas stärker legten die Kundengelder mit plus 2.2% auf 4 Mrd. CHF zu, was zu einem Deckungsgrad der Ausleihungen durch Kundengelder von 95% führte.

Im Vorsorgebereich sei ein Trend zur Verschiebung von Sparkonten in Wertschriftenanlagen zu beobachten gewesen, berichtete Marianne Wildi. Durch die Kooperation mit der Smartphone-Bank «Neon», für welche die Hypi Lenzburg die Kontoführung übernimmt, konnten 12’500 neue Privatkonten eröffnet werden, was zu einem Wachstum der Kundengelder auf Privatkonten um 126 Mio. CHF führte. Auf eine Verrechnung von Negativzinsen verzichtet die Hypi weitestgehend. Allerdings sucht sie auch nicht mehr um jeden Preis Neugelder. «Es ist nicht unser Geschäft, Parkplatz für grosse Limousinen zu spielen», so Wildi.

Weitere Investitionen ins Ökosystem geplant

Obwohl das Jahresergebnis mit 21 Mio. CHF leicht über den 2018er-Werten lag, wird der Verwaltungsrat den Aktionären an der Generalversammlung am 21. März eine gleichbleibende Dividende von 110 CHF je Aktie vorschlagen. Gerhard Hanhart begründet dies mit den Investitionen, die in Zukunft auf die Bank zukommen werden. Marianne Wildi machte deutlich, dass die Hypi auch 2020 weiter am Ausbau des Finanz-Ökosystems arbeiten werde. «Um unsere Ziele erreichen zu können, investieren wir gezielt in zusätzliche Ressourcen», so Wildi. So wurde gemeinsam mit der Berner Kantonalbank (BEKB) die Innofactory AG gegründet, um digitale Innovationsprojekte zu fördern. Ebenso hat die Hypothekarbank Lenzburg in die Swiss Immo Lab AG investiert, die Start-ups aus dem Bereich Haus und Wohnen fördern soll. Zwar hat sich in 2019 gezeigt, dass sich die Initiativen der Hypi im Fintech-Bereich auszahlen. Dennoch wollte der Verwaltungsrat keine Planzahlen für den Verkauf von «Finstar» bekannt geben. Klar ist, dass «Finstar» in den kommenden Jahren weiterwachsen soll. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass ein grösseres Finanzinstitut einmal die offene Plattform der Hypi Lenzburg nutze. Die heute gängigen Banken-Softwarelösungen gingen dem Ende ihres Lebenszyklus entgegen, erklärte Wildi. Dies sei eine grosse Chance für «Finstar».

Fazit

Für die Hypothekarbank Lenzburg beginnt sich das grosse Engagement im Bereich IT- und Fintech auszuzahlen, wie das Jahresergebnis 2019 zeigt. Allerdings wäre es noch zu früh, davon zu sprechen, dass die Diversifikation erfolgreich gelungen ist. Denn nach wie vor verdient die Bank mehr als zwei Drittel der Erträge im klassischen Hypothekargeschäft, in welchem die Margen erodieren. Rund 16% der Erträge stammen aus dem Anlagegeschäft und nur 11% aus dem übrigen Erfolg, wovon nur etwa 7 Mio. CHF oder 8.5% aus der «Finstar»-Software stammen. Allerdings ist damit die Basis für weitere Wachstumsschritte im Software- und Servicegeschäft gelegt. Wichtig wird es in den kommenden Jahren sein, dass die Hypi Lenzburg mit «Finstar» und ihrem Ökosystem weitere Partner und auch mittelgrosse Institute, wie es die Hypi selbst ist, oder auch grössere Retailbanken als Lizenzkunden gewinnen kann. Dies würde die Hypi in ganz neue Dimensionen katapultieren.

Die Aktien der Hypothekarbank Lenzburg werden derzeit zu Kursen von 4’680 CHF an der SIX Swiss Exchange gehandelt. Dies entspricht dem 16fachen des Jahresgewinns und einem Abschlag von 30% auf den ausgewiesenen Buchwert von 6’660 CHF. Bei einer Dividendenzahlung von 110 CHF rentiert die Aktie derzeit mit 2.4%. Damit liegt die Hypi-Aktie im Bereich von anderen kotierten Regionalbank-Aktien. Die aktuell niedrige Bewertung zeigt die Skepsis der Anleger gegenüber Banken-Titeln, die sich in einem disruptiven Umfeld behaupten müssen. Gelingt es der Hypi wirklich, diese Entwicklung mit anzutreiben und am Ende davon überproportional zu profitieren, so dürfte sich dies auch in einer deutlich höheren Bewertung widerspiegeln.

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