Die Veränderungen im Mobilitätssektor beschäftigen seit mehr als zwei Jahren auch die Rothenburger Auto-AG-Gruppe. Im letzten Jahr konnte das im Nutzfahrzeughandel und dem öffentlichen Transport tätige Unternehmen einen wichtigen Erfolg vermelden: Seit Sommer 2019 hat die Auto AG Elektro-Lieferwagen der chinesischen Marke Maxus im Angebot. Jetzt folgt ein weiterer Schritt in Richtung alternativer Antriebe für Nutzfahrzeuge. Wie das Unternehmen gestern bekannt gab, ist die Tochterfirma Auto AG Truck ab sofort offizieller nationaler Partner der Hyundai Hydrogen Mobility AG für Service- und Reparatur-Dienstleistungen des neuen Hyundai Brennstoffzellen Lkw «Xcient». Ein erstes Fahrzeug dieses Typs werde bereits Mitte Februar in der Schweiz erwartet, heisst es weiter.
Das Fahrzeug soll durch die Auto AG betreut und zum Aufbau des Wasserstoff-Kreislaufs eingesetzt werden. Dabei erhalte das Unternehmen Unterstützung von Ingenieuren der Hyundai Motor Company aus Korea. Derzeit absolvieren Mitarbeiter der Auto AG Group in Korea technische Trainings und werden im Umgang mit der Brennstoffzelle Xcient geschult, teilte das Unternehmen ausserdem mit.
Ambitiöse Ziele von Hyundai in der Schweiz
Die Zielsetzungen von Hyundai mit dem Wasserstoff-Fahrzeug sind gross. So sollen bis 2025 die Kunden von Hyundai Hydrogen Mobility insgesamt 1’600 Brennstoffzellen Xcient in Betrieb nehmen. Ein grosser Teil davon werde von den Mitgliedern des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz eingesetzt, schreibt die Auto AG weiter. Zu dem 2018 gegründeten Förderverein gehören Tankstellenbetreiber, Transport- und Logistikunternehmen. Diese setzen sich für den Aufbau der Wasserstoffmobilität in der Schweiz und insbesondere für den raschen Ausbau der Tankstelleninfrastruktur ein. Die Wasserstoffversorgung soll die Firma HydroSpider übernehmen, ein Gemeinschaftsunternehmen von Alpiq, H2 Energy und Linde.
Baustart des A2-Gewerbeparks Rothenburg in 2020 geplant
Neben den zwei Pilotprojekten im Bereich der alternativen Antriebe beschäftigen das Unternehmen zahlreiche weitere Projekte: Auf dem Firmenareal in Rothenburg soll noch in 2020 der Bau des A2-Gewerbeparks starten. Zudem konnten im Bereich öffentlicher Verkehr 2019 Angebotsverbesserungen umgesetzt und ein Auftrag für Schülertransporte mit Kleinbussen gewonnen werden. Ausserdem wurde im Oktober 2019 ein Ausbildungs- und Weiterbildungsangebot für Führerausweise im Personen- und Gütertransport gestartet, die «Academy» der Auto AG Bus. Die neuen Projekte, über die die Auto-AG-Gruppe Ende 2019 in einem Aktionärsbrief berichtet, klingen vielversprechend.
Hackerangriff belastet die 2019er Rechnung
Wo Licht ist, da ist bekanntlich auch Schatten. So belastete das Unternehmen im Geschäftsjahr 2019 ein Hackerangriff. Die gesamte Informatik des Unternehmens sei für gut eine Woche lahmgelegt worden, berichtete die Gruppe in dem Aktionärsbrief. Zwar hätten sämtliche Daten gerettet werden können. Dennoch habe der Angriff zu erheblichen Mehrkosten geführt, die vor allem durch die Wiederherstellung der Daten und die Einführung zusätzlicher Sicherheitsmassnahmen entstanden seien.
Zusätzlich zu den Folgen des Hackerangriffs trübte sich der Geschäftsgang im 2. Halbjahr ein. «In den Werkstätten und im Fahrzeugverkauf haben sich der Umsatz sowie auch die Margen schlechter als geplant entwickelt», so das Unternehmen. Der Margenrückgang im Werkstattbereich soll durch Prozessoptimierungen wieder wettgemacht werden. Allerdings kommen diese nach Aussagen des Unternehmens erst 2020 voll zur Umsetzung. Bei den schweren Lastwagen war der Verkauf rückläufig, was mit einem neuen Produkt aus dem Hause Iveco zusammenhängt, das erst seit November 2019 lieferbar ist. Dennoch liegt der Fahrzeugverkauf nach Angaben der Gesellschaft über dem Vorjahresniveau. Über die genauen Zahlen wird die Auto AG Group spätestens im April Auskunft geben. Die Generalversammlung findet am 6. Mai statt.
Fazit
Die zahlreichen Projekte, die seit dem Start des neuen CEO Marc Ziegler angestossen wurden, zeugen von der enormen Agilität des Unternehmens. Diese ist auch notwendig, denn wie der Erfolg von Tesla im Bereich der Personenfahrzeuge zeigt, steht auch der Nutzfahrzeugindustrie und damit der gesamten Logistikbranche eine tief greifende Transformation bevor. Die Kooperation mit Maxus und die neue Partnerschaft mit Hyundai sind hier erste wichtige Schritte. Wichtig ist allerdings auch, dass bei der Erschliessung neuer, zukunftsgerichteter Geschäftsfelder das Kerngeschäft nicht aus den Augen verloren wird. Daher ist die Umsetzung der erwähnten Prozessoptimierungen nicht zu vernachlässigen, damit die Rentabilität auf dem aktuellen Niveau verbleibt oder sogar wieder gesteigert werden kann. Erfreulich sind auch die Fortschritte beim A2-Gewerbepark in Rothenburg. Die Vermietung der Flächen bringt dem Unternehmen nicht nur zusätzliche, vom Kerngeschäft unabhängige Erträge. Sie schafft auch die Möglichkeit, am Hauptsitz des Unternehmens das (bereits bestehende) Kompetenzzentrum für Nutzfahrzeuge auszubauen. Gerade in Zeiten, in denen viel über Ökosysteme gesprochen wird, ist dies eine echte Chance für eine «Ökoystem-Nutzfahrzeug-Mobilität».
Allerdings dürfte es noch etwas dauern, bis sich die Initiativen der Auto-AG-Gruppe positiv in den Zahlen niederschlagen. Im Geschäftsjahr 2018 lag der Umsatz bei 121 Mio. CHF, das Betriebsergebnis erreichte 8.5 Mio. CHF und der Reingewinn 2.8 Mio. CHF. Aufgrund der bisher bekannten Informationen ist zwar mit einem gleichbleibenden Umsatz für 2019 zu rechnen. Allerdings dürften das Betriebsergebnis und insbesondere der Reingewinn wegen der Mehrkosten sowie tieferer Margen im Werkstattgeschäft unter Druck kommen. Seit Jahresanfang kletterte der Kurs für die auf OTC-X gehandelte Aktie der Auto AG Holding um rund 10% auf zuletzt 508 CHF. Eine gleichbleibende Dividende vorausgesetzt, liegt die Rendite bei 2%. Angesichts der guten Perspektiven erscheint der 25%ige Discount auf den Buchwert von 670 CHF (per Ende 2018) nicht gerechtfertigt und die Aktie für längerfristig orientierte Anleger damit weiterhin interessant.