Die auf Immobilien und Wertschriften fokussierte Investmentgesellschaft Welinvest AG rutschte im Geschäftsjahr 2019/20, das am 30. Juni 2020 endete, mit einem Verlust von 2.7 Mio. CHF in die roten Zahlen. Noch im Vorjahr wurde ein Gewinn von 13.3 Mio. CHF erwirtschaftet. Verantwortlich für die tiefroten Zahlen waren Wertberichtigungen von 15 Mio. CHF auf die Finanzanlagen. Im neuesten Geschäftsbericht schreibt die Welinvest von «einem Schlag ins Kontor». So seien die Anlagen bis zum Monat Februar «auf Kurs» gewesen. Man habe mit «gutem Grund» entschieden, statt im überhitzten Liegenschaftsmarkt in bewährten Grossunternehmen mit überdurchschnittlicher Dividendenrendite zu investieren. Genau in diesem Moment schlug Corona zu und führte zu einer Panikstimmung an den Finanzmärkten ohne Vorwarnung.
Knapp gehaltene Erträge
Die Gesamterträge der Welinvest erreichten im Berichtsjahr 14.4 Mio. CHF nach 14.5 Mio. CHF im Vorjahr. Die Mieteinnahmen lagen wegen Devestitionen um 0.6 Mio. CHF tiefer als im Vorjahr und erreichten noch 7.6 Mio. CHF. Deutlich schwächer fielen auch die Erfolge aus dem Wertschriften- und Edelmetallhandel mit 2.8 Mio. CHF nach 4 Mio. CHF aus. Dagegen stiegen die Wertpapiererträge von 2 Mio. CHF auf 3.7 Mio. CHF an. Auf der Kostenseite stiegen die Betriebs- und Lohnkosten um 0.5 Mio. CHF auf 3.9 Mio. CHF an. Per saldo führte dies zu einem Rückgang des Betriebsgewinns vor Abschreibungen exklusive Wertkorrekturen von 10.1 Mio. CHF nach 10.8 Mio. CHF im Vorjahr.
Verkaufsgewinne können Wertkorrekturen nicht kompensieren
Massiv höher als im Vorjahr waren die zulasten der Erfolgsrechnung gebildeten Wertberichtigungen auf die Finanzanlagen. Diese betrugen 15 Mio. CHF nach nur 0.5 Mio. CHF im Vorjahr. Im Geschäftsbericht informiert das Unternehmen, dass zur Wertermittlung die Kurse der Aktien per 30. Juni 2020 herangezogen wurden. Zusätzlich zu den Wertberichtigungen machte Welinvest wie im Vorjahr Abschreibungen im Umfang von 0.9 Mio. CHF auf die Immobilien. Im Berichtsjahr verkaufte Welinvest zwei weitere Immobilien, was zu einem Gewinn von 6.5 Mio. CHF führte. Belastend auf das Ergebnis wirkten sich ausserordentliche Aufwendungen von 1.6 Mio. CHF aus. Diese stellen den Darstellungen im Geschäftsbericht zufolge Steuerrückstellungen für versteuerte stille Reserven dar. Profitieren konnte Welinvest hingegen von deutlich tieferen Steuern: Diese betrugen noch 1 Mio. CHF nach 3 Mio. CHF im Vorjahr. Dennoch musste unter dem Strich ein Verlust von 2.7 Mio. CHF verbucht werden. Trotz des Verlustausweises sollen die Aktionäre eine Dividende in Höhe von 250 CHF pro Aktie nach 400 CHF im letzten Jahr erhalten.
Weiterer Liegenschaftsverkauf
Im laufenden Geschäftsjahr 2020/21 wurde per Ende September 2020 die Liegenschaft Mattweg 90-94 in Arlesheim verkauft. Aus dieser Transaktion wird ein Verkaufsgewinn von 7.5 Mio. CHF erwartet. Die Geschäftsleitung rechnet zudem mit steigenden Kursen bei den gehaltenen Aktien. Als Beispiel wird der Versicherungssektor – hier hielt Welinvest per 30.6.2020 Positionen von jeweils über 2 Mio. CHF bei der Baloise, der Swiss Re und der Allianz – angeführt. Sorgen bereitet dem Management hingegen der Energiesektor.
Fazit
Die Geschäftszahlen von Welinvest für das Geschäftsjahr 2019/20 fallen enttäuschend aus. Bei den Finanzanlagen hat das Management offenbar zum falschen Zeitpunkt investiert und dabei noch die falschen Titel ausgewählt. Auch wenn die Auswirkungen der Coronakrise so keinesfalls vorhersehbar waren, fallen die Wertberichtigungen von 15 Mio. CHF bei einem Portfoliowert von 52.6 Mio. CHF sehr hoch aus. Hierbei nicht übersehen werden darf die deutliche Erholung der Aktienkurse zwischen dem Tief im März bis zum Bilanzstichtag. Auch wenn die Gesellschaft offen zugibt, «eine Missernte» eingefahren zu haben, ist dies für die Anteilseigner ein schwacher Trost.
Als weiterhin solide angesehen werden können indessen die Bilanzkennzahlen. Der optisch hohe Fremdkapitalanteil von 47% respektive 65.6 Mio. CHF fällt bei der Berücksichtigung der Verkehrswerte des Portfolios deutlich tiefer aus. So beträgt der von der Gesellschaft errechnete Verkehrswert der Immobilien 173.6 Mio. CHF bei einem Bilanzwert von nur 70.2 Mio. CHF. Der wirtschaftliche Fremdkapitalanteil dürfte somit bei deutlich unter 30% der Verkehrswerte liegen. Zu beachten ist allerdings, dass in den letzten Jahren ein Substanzabbau in der Form von Liegenschaftsverkäufen erfolgte. Dieser Substanzabbau wurde im laufenden Geschäftsjahr weitergeführt. Deutlich wird dies beim Rückgang des Verkehrswerts der Liegenschaften, der gegenüber dem Vorjahr nochmals um 9,2% respektive 17.6 Mio. CHF auf 173.6 Mio. CHF fiel. Demgegenüber steht ein Anstieg des bilanziellen Werts von 3.6 Mio. CHF auf 70.2 Mio. CHF. Das Plus resultiert aus dem Kauf der Liegenschaft Hebelstrasse 65 in Basel mit einem Bilanzwert von 4.3 Mio. CHF. Informationen zum Kaufpreis enthält der Geschäftsbericht nicht.
Die Gesellschaft erwarb zudem im Berichtsjahr 1’553 eigene Aktien zu einem Durchschnittspreis von 5’441 CHF pro Aktie. Dieser Preis übersteigt den letztbezahlten Wert der Aktien, die auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt werden, deutlich. Auf der Basis der letztbezahlten Kurse von 4’800 CHF werden die Aktien massiv höher als der ausgewiesene Buchwert von rund 1’850 CHF pro Aktie gehandelt. Unter der Berücksichtigung der von der Gesellschaft dargelegten Verkehrswerte der Immobilien lässt sich ein Substanzwert von rund 4’400 CHF pro Aktie ermitteln, was ebenfalls unterhalb des Marktpreises liegt. Es ist allerdings zu vermuten, dass der bei einem Verkauf der Liegenschaften erzielbare Wert deutlich höher liegt, wie die Verkaufsgewinne indizieren. Im aktuellen Kursniveau dürfte aber der Substanzwert der Titel nahezu komplett enthalten sein. Als sehr attraktiv angesehen werden muss die Dividendenrendite, die selbst nach der deutlichen Kürzung für das Geschäftsjahr 2091/20 über 5% beträgt.
Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär des Unternehmens.