Welinvest: Rückkehr in Gewinnzone dank Verkauf von Immobilien und Aktien

Dividende wird auf 350 CHF erhöht

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Ein englisches Sprichwort warnt Investoren davor, alle Eier ins selbe Körbchen zu tun. Was aber, wenn zwar verschiedene Körbchen vorhanden sind, dafür die Eier verschwinden? Diese Frage stellt sich der Welinvest AG durch den Verkauf von Immobilien und Wertschriften je länger je mehr. Bild: Adobe Stock

Mit einer fetten Gans vergleicht die Basler Investmentgesellschaft Welinvest AG im Geschäftsbericht 2020/21 die Preise für Liegenschaften und Aktien. Diese sind auf Werte nahe an historischen Höchstständen gestiegen und laden so auf den ersten Blick zum Verkauf der Aktiven ein. Doch legt die Gans nach dem Festbraten keine Eier mehr, genauso wie verkaufte Aktien und Liegenschaften keine weiteren Gewinne generieren können. Andererseits drohen bei einer Korrektur der Marktbewertungen aber Wertverluste. Wie stark diese das Resultat der Welinvest beeinflussen können, hat das Geschäftsjahr 2019/20 gezeigt. Aufgrund von Wertberichtigungen auf den Aktienanlagen in Höhe von 13.3 Mio. resultierte ein Jahresverlust von 2.7 Mio. CHF. Im vergangenen Berichtsjahr gelang Welinvest aber sogleich die Rückkehr in die Gewinnzone.

Erfolg aus Wertschriftenhandel ermöglicht Sprung des Betriebsertrags

Unter dem Strich verbuchte Welinvest einen Gewinn von 20.8 Mio. CHF für das Ende Juni beendete Geschäftsjahr 2020/21. Ertragsseitig legte der Erfolg aus dem Wertschriftenhandel stark zu auf 10.3 Mio. CHF (Vorjahr 2.6 Mio.). Der Verkauf grosser Aktienpositionen vor Dividendenabgang hatte dafür einen Rückgang des Wertschriftenertrages auf 2.7 Mio. (Vorjahr 3.7 Mio.) zur Folge. Der Mietzinsertrag ging aufgrund des verkleinerten Liegenschaftsbestandes zurück auf 6.9 Mio. (Vorjahr 7.6 Mio.). Mit einem Anteil von 63% stammt der Grossteil der Mieteinnahmen von Wohnliegenschaften. Gesamthaft resultierte ein im Vergleich zum Vorjahr um 43% gesteigerter Betriebsertrag von 20.7 Mio. CHF.

Erhöhung der Dividende auf 350 CHF beantragt

Nebst dem Wegfallen der eingangs erwähnten Wertberichtigungen auf Aktienanlagen vermochte das Basler Unternehmen auch die übrigen Aufwände um zusammengezogen 20% zu reduzieren, sodass ein Betriebsergebnis von 15.7 Mio. CHF (Vorjahr -6.6 Mio.) zu Buche steht. Zuzüglich des Gewinnes aus Liegenschaftsverkauf von 9.3 Mio. und abzüglich von Steuern verbleibt der erfreuliche Jahresgewinn von 20.8 Mio. CHF. In Anbetracht des guten Resultates beantragt der Verwaltungsrat der Generalversammlung am 15. November, die Dividende gegenüber dem Vorjahr um 100 CHF auf 350 CHF je Aktie zu erhöhen.

Anlagestrategie fern von Mainstream-Trends

Gemessen an Verkehrswerten weist Welinvest eine Eigenkapitalquote von 78% auf und verfügt über Aktiven von 252 Mio. CHF. Rund 69% davon entfallen auf die Immobilien der Gesellschaft. Aktien machen 15% des Portfolios der Welinvest aus. Das Unternehmen verfolgt eine auf etablierte Namen und im Normalfall dividendenstarke Unternehmen fokussierte Anlagestrategie. Dabei werden auch Industrien berücksichtigt, welche andernorts aufgrund von Nachhaltigkeitskriterien weniger berücksichtigt werden. Unter den ausgewiesenen Titeln mit über 2 Mio. CHF Anlagevolumen stechen diesbezüglich beispielsweise der Ölkonzern Royal Dutch Shell und das Tabakunternehmen British American Tobacco ins Auge. Weiter finden sich die namhaften Schweizer Versicherer Baloise, Helvetia, Swiss Re und Zurich Insurance, der Baustoffproduzent Holcim, die Liechtensteinische Landesbank und Unilever im Portfolio.

Weitere Verkäufe von Liegenschaften geplant

Während der Verkehrswert des Aktienportfolios 2020/21 zugunsten der flüssigen Mittel durch Verkäufe doch deutlich reduziert wurde, blieb jener der Immobilien annähernd unverändert. Dies zeigt die positive Entwicklung der Immobilienpreise, schliesslich tätigte Welinvest im Berichtsjahr keine Neukäufe, verkaufte aber die Liegenschaft Mattweg 90-94 für einen Nettogewinn von 7.5 Mio. CHF. Auch im laufenden Geschäftsjahr 2021/22 plant das Unternehmen wieder mit Liegenschaftsverkäufen, was sich dementsprechend negativ in den Mieterträgen widerspiegeln wird.

Fazit

Nach dem enttäuschenden Geschäftsjahr 2019/20 mit einem hohen Verlust ist das Resultat im vergangenen Jahr sicherlich als positiv zu werten. Allerdings gilt zu beachten, dass die Reduzierung des Aktienbestandes und der Verkauf von Liegenschaften die künftigen Erträge negativ beeinflussen werden. So hat es - um das Sinnbild aus der Einleitung aufzunehmen - weniger Gänse, die Eier legen. Durch die geplanten Liegenschaftsverkäufe dürfte aber auch das Resultat 2021/22 wieder von ausserordentlichen Erträgen profitieren. Angaben darüber, welche Liegenschaften möglicherweise verkauft werden, macht das Unternehmen im Geschäftsbericht keine. Auch über die Verwendung allfälliger Verkaufserlöse wird nicht informiert. Per Ende Juni standen 35 Mio. CHF flüssige Mittel in der Bilanz; abzüglich der beantragten Dividende stehen weiterhin 21 Mio. zur Verfügung. Neue Liegenschaften plant Welinvest momentan aufgrund der Preisentwicklung nicht zu kaufen.

Die Aktien der Welinvest AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Der letztbezahlte Kurs liegt bei 5'300 CHF. Damit liegt der Kurs leicht über dem Substanzwert per Ende Juni von 4'941 CHF je Titel. Seit dem Stichtag wiesen die ausgewiesenen, signifikanten Aktienpositionen im Durchschnitt eine unspektakuläre Performance von 1,9% auf, was die Differenz zwischen Marktpreis und Substanzwert somit nicht erklärt. Wahrscheinlicher ist, dass den Liegenschaften ein höherer Wert zugewiesen wird. Welinvest diskontiert zur Berechnung der Verkehrswerte der Immobilien deren erwarteten Bruttoerträge mit einem Kapitalisierungssatz von 4%, was nicht übertrieben optimistisch scheint. Möglich also, dass am Markt ein tieferer Satz impliziert wird.

Ein signifikantes Ansteigen des Zinsniveaus, wie stellenweise befürchtet wird, würde sich massiv im Verkehrswert der Immobilien niederschlagen. Eine Rückkehr des Kapitalisierungssatzes auf 5%, wie dies bis 2018 der Fall war, würde den Verkehrswert wohl um 30-40 Mio. CHF reduzieren. Der Substanzwert je Aktie würde somit gegen 4'000 CHF sinken.

Der Kurs der Welinvest Aktie bewegte sich in den letzten drei Jahren konstant um 5'000 CHF. Der Substanzwert je Titel sank im selben Zeitraum aber von 5'700 CHF auf unter 5'000 CHF. Chart: otc-x.ch

Mit grossen Kurssprüngen ist deshalb in naher Zukunft eher nicht zu rechnen. Durch die Dividendenrendite von attraktiven 6,6% auf dem aktuellen Kursniveau scheinen sich die Titel für Aktionäre dennoch zu lohnen, sofern kein drastischer Anstieg des Zinsniveaus folgt. Anleger sollten aber die Portfoliozusammenstellung im Auge behalten. Eine Fortführung des Verkaufstrends bei Immobilien und Aktien würde die Erzielung künftiger Umsätze erschweren, die hohe Dividende könnte dann allenfalls nur noch durch Ausschüttungen aus der Substanz statt aus den Gewinnen aufrechterhalten werden.

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