Dividenden sind ein wichtiger Teil der Kapitalkreisläufe. Die Aktionäre stellen Kapital zur Verfügung und wollen dafür auch angemessen bezahlt werden. Das leisten jedoch nicht alle Publikumsgesellschaften. Wer nachhaltige und möglichst steigende Ausschüttungen erzielen will, muss schon sehr kritisch prüfen, welche Aktien überhaupt in Frage kommen. Und das gilt sogar besonders ausgeprägt am ausserbörslichen Aktienmarkt.
Die höchste Dividendenrendite unter den auf OTC-X gehandelten Valoren weist die Immobilien- und Investment-Gesellschaft Welinvest mit 25,8% auf. Unschlagbar zwar, aber kaum dauerhaft wiederkehrend. Welinvest hat zwischen 2016 und 2020 in erratischem Wechsel zwischen 250 CHF und 400 CHF an Dividenden ausgeschüttet, in den beiden letzten Geschäftsjahren jedoch 800 CHF. Dafür ist jedoch nicht die operative Entwicklung verantwortlich, sondern im Wesentlichen der Verkauf einer grossen Anzahl von Immobilien in Basel. Die realisierten Gewinne, ebenso wie die aus dem Wertschriften-Portfolio, verringern die Substanz und werden an die Aktionäre ausgeschüttet. Das ist vor allem ein steueroptimaler Weg, um Kapital an den Mehrheitsaktionär, die deutsche Milliardärsfamilie von Finck, zurückzuführen. Die Aktie zeigt daher einen steten Abwärtstrend. Noch 2007 lag der Kurs bei über 9000 CHF und 2022 bei 5000 CHF, jetzt bei 3050 CHF. Die Dividende resultiert aus Substanzverzehr und kann mangels neuer Investitionen daher nicht nachhaltig sein.
Espace Real Estate: Dividendenerhöhung in Serie
Die Gegenbeispiele bieten Aktien wie Repower und Espace Real Estate, die ihre Ausschüttungen in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht haben. Besonders deutlich wird der Unterschied an der Performance der Aktie von Espace Real Estate im langfristigen Vergleich. Die Dividendenzahlung wurde 2014 mit 4.50 CHF je Aktie aufgenommen. Sie wurde 2017 auf 4.75 CHF erhöht und 2020 auf 5.25 CHF. Seither folgte eine Erhöhung um 0.25 CHF jährlich auf zuletzt 5.75 CHF. Die aktuelle Dividendenrendite beträgt 3,4%.
Auf die «Dividend Coverage» achten
Espace Real Estate ist ein Musterbeispiel für Dividendenkontinuität und -steigerung. Wenn auch die Gewinnentwicklung von Sondereffekten wie Immobilienneubewertungen, Investitionszyklen und vorübergehenden Mietausfällen einiger Gewerbemieter während der Pandemie beeinflusst werden, so ist doch die Dividendenfähigkeit nicht in Frage gestellt. Es empfiehlt sich bei Aktien grundsätzlich, das Gewinn-Niveau mit der Dividende ins Verhältnis zu setzen, und so die sogenannte Dividend Coverage zu ermitteln. Espace Real Estate erzielte 2022 einen Gewinn je Aktie von 11.09 CHF. Das ist etwas weniger als im Vorjahr mit 11.78 CHF, aber immer noch fast das Doppelte dessen, was als Dividende ausgeschüttet wird. Zudem drückt sich in der Erhöhung der Dividende auch die begründete Zuversicht aus, dass die Gewinnentwicklung weiterhin positiv verlaufen wird.
Erfolgsgeschichte Repower
Repower war in einer Krise und wurde dann von institutionellen Investoren rekapitalisiert und anschliessend reorganisiert. Nach mehreren dividendenlosen Jahren wurde 2018 die Ausschüttung mit 0.50 CHF je Aktie wieder aufgenommen. In den Folgejahren stieg die Dividendenhöhe jedes Jahr bis auf zuletzt 5 CHF. Die Aktie war von der SIX dekotiert worden. 2016 wurde der Handel auf OTC-X bei unter 50 CHF aufgenommen. Zwischenzeitlich bewegt sich die Aktie bei 170 CHF. Ein qualitativer Unterschied zu Espace Real Estate zeigt sich allerdings in der Dividend Coverage. Repower verdiente leicht reduzierte 6.22 CHF je Aktie in 2022, doch die Dividende wurde um 0.50 CHF erhöht und lag bei 5 CHF. Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei 2,9%. 2023 wurde der Markt jedoch schwieriger, sodass eine konstante Dividende zu erwarten ist.
Dividendenstarke Energieversorger
Um Energieversorgungsunternehmen kommt der im ausserbörslichen Schweizer Aktienmarkt nach Dividendeneinkommen strebende Anleger nicht herum. In Frage kommen auch Holdigaz mit 4% Dividendenrendite, EWJR mit 3,8%, WWZ mit 3,4%, aventron mit 2,7% und CKW mit 2,5%, letztere allerdings ohne Berücksichtigung der üppigen einmaligen Sonderdividende von 17 CHF. Bei der Auswahl kommt es auf die Prioritäten an. EWJR weist mit 3,8% zwar eine der höchsten Dividendenrenditen auf, doch die Dividende liegt seit acht Jahren unverändert bei 200 CHF je Aktie. Die wird bei einem 2022 gesteigerten Gewinn je Aktie von 311.18 CHF auch gut verdient. Der Kurs weist jedoch seit 2019 einen leichten Abwärtstrend auf. In solchen Fällen kann zu Recht von «Obligationenersatz» gesprochen werden, sofern es nur um das Einkommen aus Kapitalvermögen geht. Für Langfristaktionäre ist mit Blick auf die Kursentwicklung aber auch die Entwicklung des Eigenkapitals respektive Buchwertes relevant.
Dynamische Dividendenpolitik
Eine Dividendenpolitik, die von mehr Dynamik gekennzeichnet ist als bei EWJR, verfolgen Holdigaz, EZL, aventron und CKW. Dabei muss die unterschiedliche Historie und Ausrichtung berücksichtigt werden. Holdigaz ist ein bedeutender Gas-Lieferant, diversifiziert jedoch seit Jahren in Biogas, andere erneuerbare Energien, Beteiligungen und Servicegeschäft. 2013 lag die Dividende bei 3.50 CHF je Aktie, stieg jedoch unter Schwankungen inzwischen auf 6 CHF. Der Gewinn je Aktie liegt mit 12.58 CHF bei mehr als dem Doppelten. Für 2023 ist jedoch ein Rückgang des Gewinns zu erwarten. EZL hat auch starke Gas-Aktivitäten und fokussiert ebenfalls seit Jahren auf Diversifizierung. 2013 lag die Dividende bei 37 CHF, inzwischen nach diversen Anhebungen bei 60 CHF. Der Gewinn je Aktie lag mit 108.33 CHF markant über der Ausschüttung. In Zukunft stehen bei EZL allerdings Investitionen ins Fernwärmegeschäft an, was auch die Dividendenpolitik beeinflussen könnte.
Stetige Anhebungen bei aventron
Das Besondere an aventron ist, dass es ein lupenreiner Grünstromproduzent ist. Die Diversifikation erstreckt sich auf die Energiequellen Wasser, Wind und Sonne. Die Kraftwerke befinden sich in sechs europäischen Ländern. Die Dividendenzahlung wurde 2017 mit 0.23 CHF je Aktie aufgenommen. Seitdem wurde die Dividende fast jedes Jahr auf inzwischen 0.30 CHF je Aktie angehoben. Der Gewinn je Aktie lag bei 0.38 CHF. Die Dividend Policy sieht weiterhin steigende Ausschüttungen vor. Für den Kraftwerksbetreiber fallen nur geringe laufende Kosten an. Für das aktuelle Jahr ist jedoch infolge der Strompreisvolatilität mit einem Rückgang des Ergebnisses zu rechnen.
CKW auf Gewinnkurs
CKW will an der GV am 26. Januar 2024 eine auf 10 CHF erhöhte reguläre Dividende beantragen sowie eine durch einen Beteiligungsverkauf ermöglichte Sonderdividende von 17 CHF. Die Historie zeigt zwei Phasen in der letzten Dekade. Zwischen 2013 und 2019 wurden 3 CHF Dividende bezahlt mit Ausnahme von 2 CHF in 2015 und 6 CHF in 2017. Für 2020 wurde zusätzlich zur regulären Dividende von 6 CHF eine Sonderdividende von 15 CHF ausgeschüttet. 2021 dann wieder 6 CHF. Auf Basis der angekündigten regulären Dividende von 10 CHF errechnet sich eine Dividendenrendite von 2,5%. Da der Gewinn je Aktie mit 52.56 CHF beim Vielfachen der Dividende liegt, könnten auch zukünftig Dividendenerhöhungen und Sonderdividenden möglich sein. Dieses sind allerdings auch abhängig von der künftigen Strompreisentwicklung. Sollten die Grosshandelspreise weiter fallen, so fallen die Gewinne bei CKW nach dem Auslaufen der bereits abgesicherten Positionen wieder.
Dividendenkontinuität bei WWZ
WWZ ist ein Fall für sich. Die Aktie bewegt sich seit Jahren in einem Abwärtstrend, was an dem anhaltend schwierigen Umfeld im Telekomgeschäft und den ambitionierten langfristigen Investitionen in Fernwärmenetze liegen kann. Der Pay-back bei diesen investitionsintensiven Projekten liegt relativ weit in der Zukunft, was die Gewinnentwicklung schmälert. In den letzten vier Jahren wurden je 33 CHF pro Aktie ausgeschüttet, was einer Dividendenrendite von 3,3% entspricht. Der Gewinn je Aktie belief sich zuletzt auf 62.25 CHF. Im ersten Semester 2023 lief es jedoch überraschend gut, das EBIT stieg um 26,7%.
Bobst mit 7,5% Dividendenrendite
Jenseits des Energie-Sektors kann vor allem der Industrie-Sektor mit soliden Dividendenzahlern aufwarten. An der Spitze steht mit 7,5% Bobst. Die Aktie war von der Familie nach einem öffentlichen Kaufangebot von der SIX dekotiert worden. Zeitgleich startete der Handel der rund 15% im Free-Float befindlichen, also nicht angedienten, Aktien auf OTC-X. Die Dividendenhistorie ist von den Hauptaktionären geprägt. Dividendenlose Jahre und hohe Sonderdividenden folgen dem inzwischen abgeschlossenen Investitionszyklus und dem Kapitalbedarf der Familie, um die Mehrheit signifikant auszubauen. Insofern hat eine neue Ära begonnen. Zuletzt wurden 5 CHF je Aktie ausgeschüttet. Der Gewinn je Aktie lag bei 6.98 CHF. Da derzeit für das Unternehmen keine grösseren Investitionen vorgesehen sind, kann auf absehbare Zeit ein beträchtlicher Anteil des Gewinns als Dividende ausgeschüttet werden. Mindestens 50% des Jahresgewinns sollen an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Auch im ersten Halbjahr 2023 lief das Geschäft gut.
Dividendenperlen der Industrie
Zu den sicheren und zuverlässigen Dividendenzahlern aus dem Industriebereich gehören die Rapid Holding mit aktuell 3,4% Dividendenrendite und die Griesser Holding mit 2,6%. Beide verdienen deutlich mehr als sie ausschütten. Die Aussicht auf Anhebungen ist gemäss der Historie jedoch auf kurze Sicht nicht hoch. Beide Unternehmensgruppen expandieren international, was entsprechende Investitionen erfordert. Die werden weitgehend aus den erzielten Gewinnen finanziert, was die Unabhängigkeit von den Kapitalmärkten und Fremdfinanzierungen und damit die volle unternehmerische Freiheit erhält. Die Aktien von Rapid und Griesser zeigen Bremsspuren der gedämpften Konjunktur in Europa, was zu günstigen Einstiegskursen bei den Marktführern in ihren Industrie-Nischen führt. Auf längere Sicht dürfte das Gewinn-Niveau jeweils steigen. Die Dividenden könnten auf mittlere Sicht höher ausfallen.
Starkes Comeback der Auto AG
Eine spannende Dividenden-Geschichte entwickelt sich bei der Auto AG Rothenburg. Der Spezialist für Verkehr, Transport und Nutzfahrzeuge durchläuft einen starken Wandel, der insbesondere in den letzten Jahren auch zu einer steigenden Profitabilität führt. Bis 2016 lag die Dividende konstant bei 10 CHF je Aktie. Dann folgten drei dividendenlose Jahre. 2020 wurden 5 CHF ausgeschüttet, im Folgejahr 9 CHF und zuletzt sogar 14 CHF aufgrund eines Rekordergebnisses im Geschäftsjahr 2022. Das Unternehmen ist ein Vorreiter in der Anwendung der Wasserstoff-Technologie und kooperiert mit Hyundai in der Etablierung einer landesweiten Infrastruktur für Wasserstoff-Trucks. Vor Kurzem wurde auch eine Kooperation mit der chinesischen BYD vereinbart. In immer mehr Gemeinden wird das Management der Schulbusse an die Auto AG übertragen. Die Dividendenrendite beträgt 3,2%. Der Gewinn je Aktie belief sich 2022 auf 53.83 CHF, die Dividende auf 14 CHF.
acrevis Bank glänzt mit überzeugender Dividendenhistorie
Entgegen der Erwartung findet sich mit der acrevis Bank nur ein Finanz-Unternehmen, das die Minimal-Kriterien für dividendenorientierte Anleger nimmt. Die Dividendenrendite beträgt 2,5% und damit mehr als bei anderen Banken. Und die Dividende ist über die letzten 10 Jahre schrittweise angehoben worden: von 32 CHF je Aktie in 2013 auf zuletzt 36 CHF.
Kursaal-Casino Luzern verdoppelt Dividende
Die Kursaal-Casino Luzern verdoppelte zuletzt die reguläre Dividende auf 12 CHF und zahlte zusätzlich 3 CHF als verspätete Jubiläumsdividende. Auf Basis der regulären Dividende errechnet sich eine Dividendenrendite von 3%. In den beiden Vorjahren waren 6 CHF ausgeschüttet worden. Davor lagen mehrere dividendenlose Jahre. Bis 2016 waren konstant 12 CHF ausgeschüttet worden. Erst waren hohe Investitionen in das Online-Geschäft getätigt worden, weshalb die Aktionäre auf Dividenden verzichten mussten, dann gelang es, im Verdrängungswettbewerb die Spitzenposition bei den digitalen Casinos der Schweiz einzunehmen. Insofern ist auch die Aktie eher für spielerische Anleger geeignet als für kühle Rechner. Nachdem das Unternehmen allerdings kürzlich die Konzessionen für ein neues Casino in Sion nicht erhalten hat, werden geplanten Investitionen wegfallen. Gleichbleibende oder höhere Ausschüttungen sind daher nicht auszuschliessen.
«Obligationenersatz» NZZ
Die NZZ verdoppelte 2015 die Dividende auf 200 CHF. Seitdem wurden 200 CHF und zweimal 250 CHF gezahlt. Doch 2020 wurde die Dividendenzahlung wegen der Inanspruchnahme staatlicher Zuschüsse ausgesetzt. 2022 wurde eine Sonderdividende, nach dem Teilverkauf einer Beteiligung, von 400 CHF ausgeschüttet. Auf Basis der regulären Dividende liegt die Dividendenrendite bei 3,4%. Mit einer EBIT-Marge von zuletzt 12,2% erscheint die Höhe der Dividende gut abgesichert.
Fazit
Langfristig erfolgreiche Unternehmen steigern ihre Gewinne – und lassen die Publikumsaktionäre in Form steigender Dividenden partizipieren. Da die meisten Unternehmen, deren Aktien auf OTC-X gehandelt werden, in einem reiferen Stadium des Unternehmenslebenszyklus sind, ist eigentlich nur verwunderlich, wie wenige Unternehmen einer progressiven Dividendenpolitik folgen. Die andere Seite ist jedoch, dass die Bilanzen meist äusserst solide sind und das Eigenkapital der Unternehmen fast immer eine steigende Tendenz zeigt. Das ist gut für die Aktionäre, weil die Risiken beschränkt und die Kurspotenziale höher sind. Dennoch spricht nichts dagegen, den Aktionärsstamm bei nachhaltig guter Geschäftslage durch steigende Dividenden glücklich zu machen und ihn so auch zu erweitern.