Griesser Holding AG: deutsche Tochter Weinor glänzt 2020 und lässt Aktionäre strahlen

Hohe Bilanzqualität – Eigenkapitalquote bei rund 69% und Nettoliquidität von ca. 37 Mio. CHF – Dividende steigt auf 25 CHF/Aktie

0
3804
Glasoase Weinor Terrazza (Bildquelle: www.weinor.de)

Die mit ihren Aktien auf OTC-X gelistete Griesser Holding AG mit Sitz in Aadorf, Kanton Thurgau, ist ein international tätiger, führender Hersteller von Sonnenschutzlösungen für Fenster und Terrassen sowie zugehörige automatische Steuerungen. Die Holding tritt mit den beiden unabhängigen Marken Griesser und weinor im Markt auf. Unter der Marke «Griesser» entwickelt, produziert und vertreibt das Unternehmen Lamellenstoren, Storen/Rollladen, Fassadenmarkisen, Fensterläden sowie entsprechende automatische Steuerungen. Die Marke «weinor» umfasst Produkte für Sonnen- und Wetterschutz auf der Terrasse. Die Wurzeln der Griesser Holding AG reichen zurück bis ins Jahr 1882. In diesem Jahr übernahm der Handwerker Anton Griesser am heutigen Hauptsitz in Aadorf TG eine «Mühlebauwerkstatt» und stellte dort «Rollladen» her, in der Schweiz geläufig als «Storen».

Bereits 1911 wurde die Einzelfirma Anton Griesser in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und legte so die Basis für ihren späteren Expansionskurs. Griesser entwickelte sich fortan zu einer starken Schweizer Marke im Bereich Storen:  Im Jahr 1920 eröffnete Griesser die erste Filiale in Zürich, der weitere Filialen in der ganzen Schweiz folgen sollten. 1924 begann Griesser mit der Fertigung in Italien, 1928 folgte Frankreich. Im Jahr 1991 übernahm Griesser – ein Glücksgriff für die Gruppe – die Mehrheit am deutschen Markisen- und Wintergartenspezialisten weinor aus Köln und legte damit den Grundstein für den Eintritt in den deutschen Markt, der in den folgenden Jahrzehnten für die Gruppe immer wichtiger werden sollte. weinor, das macht auch das aktuelle Zahlenwerk der Griesser-Gruppe deutlich, hat sich längst zur Ertragsperle unter dem Griesser-Holdingdach entwickelt.

Griesser – dieser Aspekt ist für das Verständnis des Zahlenwerks der Gruppe von Bedeutung – produziert in der Schweiz am historisch gewachsenen Stammsitz in Aadorf, in Österreich (Nenzing) und in Frankreich (Nizza und Wolschwiller). Griesser ist nach Unternehmensinformationen mit eigenen Gesellschaften in fünf Ländern aktiv und durch Partner in 20 Ländern vertreten.

weinor stellt die Produkte für Sonnen- und Wetterschutz auf der Terrasse im Stammwerk in Köln und im ostdeutschen Möckern (Bundesland Sachsen-Anhalt) her. weinor ist durch seine Partner in insgesamt 32 Ländern aktiv. Hinter der Marke «weinor» steht formaljuristisch ein deutscher Rechtsträger unter dem zumindest für Schweizer Ohren reichlich sperrig klingenden Namen weinor GmbH & Co. KG. Diese sehr «deutsche» und in der Praxis durchaus komplexe Rechtsform – eine Mischung aus GmbH und Kommanditgesellschaft als besondere Form der Kommanditgesellschaft – gibt es in der Schweiz nicht. An dieser weinor GmbH & Co. KG mit Sitz in Köln ist die Griesser Holding AG – nach Aufstockungen – mit 76.5% beteiligt. Die weiteren 23.5% werden von Familiengesellschaftern der Gründerfamilie gehalten.

Griesser Gruppe steigert Umsatz im «Corona-Jahr» 2020 um 2.1%

Auf Gruppenebene erhöhte sich der Umsatz im schwierigen «Corona-Jahr» 2020 moderat um 2.1% auf 333.2 Mio. CHF. Währungsadjustiert hätte der Umsatzzuwachs zu Vorjahreskursen sogar 4.3% betragen. Griesser ist aus der Historie und der speziellen Gruppenstruktur mit einer hohen Kostenbasis in der Schweiz bei einem gleichzeitig hohen Ertragsanteil ausserhalb der Schweiz in der Eurozone stark anfällig für Währungsschwankungen im Verhältnis CHF/EUR.

Die erste «Corona-Welle» im Frühjahr 2020 führte in der Marke Griesser in den besonders stark von der Pandemie betroffenen Märkten Italien, Spanien und Frankreich zu einem unmittelbaren Einbruch des Auftragseingangs, wie sich aus dem Geschäftsbericht 2020 ergibt. Dagegen schwächte sich die Auftragslage in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland nur «geringfügig» ab. Seit dem Ende der ersten Welle hat sich die Nachfrage in allen relevanten Griesser-Märkten jedoch «stark erholt». Insgesamt liegt der Umsatz der Marke Griesser für das Gesamtjahr 2020 2.7% unter dem Vorjahr.

Kursverlauf der Griesser-Aktie seit April 2020. Quelle: otc-x.ch
weinor als Zugpferd mit Umsatzwachstum von 11.6%

Erstaunlich dynamisch zeigte sich dagegen die Marke weinor, die 2020 mit einem herausragenden Umsatz und Ergebnis glänzte und sich erneut als – sogar nochmals gestärktes – Zugpferd für die Griesser-Gruppe erwies. Der Umsatz von weinor legte 2020 um bemerkenswerte 11.6% zu.

Die Griesser Holding AG verzichtet zwar auf eine detaillierte Spartenrechnung mit aufgeschlüsselten Kennzahlen für die beiden Marken, spricht jedoch von einem «Rekordjahr in Sachen Umsatz» für weinor. weinor profitierte 2020 davon, dass «die Coronazeit für eine Wunschrenovierung der Terrasse und des Gartens rege genutzt» wurde – zumindest in Deutschland. Griesser schreibt in diesem Zusammenhang im aktuellen Geschäftsbericht davon, dass «die Pandemie den Trend des ‚Cocooning‘ unterstützt hat und viele Menschen das sonnige Wetter im Frühjahr und Sommer zuhause genossen haben.»

In Deutschland hat dieses «Cocooning» 2020 zu einer Sonderkonjunktur bei weinor im Bereich von Terrassen und Wintergärten geführt. weinor dürfte 2020 insbesondere davon profitiert haben, dass Reisen nur eingeschränkt möglich waren und sich Konsumgewohnheiten pandemiebedingt signifikant veränderten. Dieser Trend dürfte sich 2021 zumindest teilweise – den deutschen Markt betreffend – fortsetzen.  Darüberhinaus konnte weinor 2020 mit diversen Produktneuheiten punkten, die im Markt gut angenommen wurden. Das Digitalangebot im eShop-Segment wurde weiter ausgebaut.

EBITDA wächst auf 33.6 Mio. CHF, EBIT steigt auf 19 Mio. CHF

Auf Gruppenebene ist das EBITDA um 6.3 Mio. oder 23.2% auf 33.6 Mio. CHF gestiegen. Das EBIT kletterte sogar um 38.9% (+5.3 Mio. CHF) auf 19.0 Mio. CHF. Dies liegt insbesondere daran, dass es der Griesser-Gruppe gelungen ist, bei einem höheren Umsatz die Aufwendungen im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil zu halten.

Die EBIT-Marge verbesserte sich von 4.2% auf 5.7%.

Hoher Einfluss von weinor auf Unternehmensgewinn 

Der ausgewiesene Jahreserfolg nach Steuern und vor Minderheiten verbesserte sich um eindrückliche 39.4% auf 13.4 Mio. CHF von zuvor 9.6 Mio. CHF. Die Reingewinn-Marge verbesserte sich damit von 2.9% auf 4.0% in den Bereich des internen Budgets – trotz «Corona»!

Beim Blick auf die Erfolgsrechnung fällt – einmal mehr – der vergleichsweise hohe Anteil der Minderheitsgesellschafter am Jahreserfolg auf.

Lag dieser im Geschäftsjahr 2019 noch bei 2.1 Mio. CHF, so erhöhte sich dieser Posten in der Erfolgsrechnung überproportional um fast 60% auf knapp 3.4 Mio. CHF. Bei diesen «Minderheitenanteilen» handelt es sich nach Interpretation des Verfassers um den 23.5%-Anteil der Familiengesellschafter in der deutschen weinor GmbH & Co. KG (s.o.). Daraus folgt, dass ein Grossteil des Ergebnisses aus weinor stammen dürfte. Die Griesser Holding AG schreibt im Geschäftsbericht selbst von einem nur «kleinen Gewinn» auf Ebene der Marke Griesser. Umgekehrt bedeutet dies, dass die Marke Griesser trotz bereits eingetretener Verbesserungen hinsichtlich ihrer operativen Ertragskraft noch reichlich «Luft nach oben» hat. In diese Richtung zeigt auch das von Griesser selbst angestossene Projekt «Arealentwicklung Aadorf», das das Ziel hat, die Produktion am Stammsitz in Teilbereichen zu erneuern und das Schweizer Produktionsvolumen massgeblich zu steigern. Die vergleichsweise hohen Kosten des Standorts Schweiz sind hier ein limitierender Faktor, doch bekennt sich Griesser nachhaltig zum «Werkplatz Schweiz». Die höheren Kosten des Standorts sind perspektivisch durch eine erhöhte Produktivität zu kompensieren.

Der Jahresgewinn betrug 13.4 Mio. CHF, wovon 3.4 Mio. CHF auf Minderheitsanteile entfallen. 10.0 Mio. CHF sind den Aktionären der Griesser Holding AG zuzurechnen. Bei 80‘000 ausstehenden Griesser-Aktien entspricht dies einem anteiligen Gewinn von rund 125 CHF je Aktie (Vj. 94 CHF/Aktie).

Fazit

Die Bilanz der Griesser Holding AG war schon vor 2020 über jeden Zweifel erhaben. 2020 haben sich die Bilanzkennzahlen sogar nochmals deutlich verbessert, und die Griesser Holding AG ist – um ein zeitgeistiges Wort aus der allgemeinen Geschäftsberichtspraxis dieser Tage zu verwenden – «resilienter» geworden. Marketingstrategen würden hier vermutlich etwas von «Resilienz durch Effizienz» schreiben. Soweit wollen wir nicht gehen!

Wir können lediglich feststellen, dass sich die Bilanzkennzahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert haben. Die Eigenkapitalquote (inkl. Minderheiten) hat sich von 65.5% auf 68.9% verbessert. In absoluten Grössen ist das bilanzielle Eigenkapital unter Ausklammerung der Minderheitenanteile um knapp 8.7 Mio. CHF auf 119.9 Mio. CHF angestiegen, entsprechend 1‘498 CHF/Aktie bei 80‘000 ausstehenden Aktien. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass der von der Steuerverwaltung des Kantons Thurgaus ermittelte Wert für die Schweizerische Vermögenssteuer natürlicher Personen – abweichend zu den OTC-X-Kursen – gemäss eines aktuellen Schreibens per Ende 2020 bei 1‘260 CHF für im Kanton Thurgau ansässige Griesser-Aktionäre und 1‘430 CHF für nicht im Kanton Thurgau ansässige Aktionäre gelegen hatte.

Die «Nettoverschuldung» ist eigentlich eine positive Nettofinanzposition und liegt aktuell unter Einrechnung der Finanzanlagen (1 Mio. CHF) bei knapp +37 Mio. CHF. 2020 hat die Griesser Holding AG Bankdarlehen im Umfang von 11.5 Mio. CHF zurückbezahlt, was sich entsprechend positiv auf die Kennzahlen ausgewirkt hat.

Insgesamt ist die Bilanzsituation der Griesser Holding AG als äusserst solide zu beurteilen. Realistischerweise dürfte die Bilanz aufgrund der konservativen Abschreibungspraxis der Vergangenheit auch über stille Reserven in nicht quantifizierbarer Höhe verfügen.

Auf Basis einer starken Bilanz und des guten Jahresergebnisses 2020 bei gleichzeitig intakten Aussichten für 2021 schlägt die Gesellschaft der kommenden Generalversammlung vom 28. April 2021 eine Dividendenerhöhung von 15 CHF auf 25 CHF vor. Auf Basis zuletzt bezahlter OTC-X-Marktpreise entspricht dies einer Dividendenrendite von rund 2.4% brutto.

Das aktuelle Aktienkapital der Griesser Holding AG in Höhe von 8 Mio. CHF ist eingeteilt in 80‘000 Namenaktien à 100 CHF nominal. Die Verhältnisse im Aktionariat sind öffentlich nicht bekannt, doch soll der Streubesitz nach Marktinformationen weniger als 20% betragen. Die Aktienmehrheit wird von den Nachkommen der Gründerfamilien um den amtierenden VRP Walter Strässle gehalten. Zuletzt wurden die Griesser-Aktien ausserbörslich auf OTC-X zu Kursen von 1‘050 CHF gehandelt (Kurs vom 1. April 2021). Der OTC-X-Geld-Kurs liegt aktuell bei 1‘100 CHF, der Briefkurs bei 1‘249 CHF (Kurse vom 7. April 2021).

Das Griesser-Jahresergebnis 2020 war – getragen von der sehr vorteilhaften «Cocooning»-Entwicklung der deutschen Tochter weinor (Beteiligung 76.5%) – aus Aktionärssicht sehr erfreulich. Die Dividendenerhöhung auf 25 CHF unterstreicht diese positive Entwicklung. weinor entpuppt sich immer mehr als «Hidden Champion» und ist ein Glücksgriff für Griesser.

Wie nachhaltig das sehr gute 2020-Ergebnis ist, wird die Zeit zeigen. Ziel von weinor ist, das «Ausnahmejahr» 2020 zumindest zu egalisieren. Der bisherige Auftragseingang ist gut. Prognosen über den weiteren Jahresverlauf sind situationsbedingt dagegen mit einem hohen Mass an Unsicherheit behaftet.

Die lokale Marke Griesser hat mit Blick auf die Rentabilität erkennbar weiteres Entwicklungspotential (siehe auch schweizeraktien.net vom 6. Oktober 2020). In dieser Konstellation liegt eine Chance, wenn es gelingt, die Profitabilität insbesondere des Standorts Aadorf TG auch dank der eingeleiteten Digitalisierungsstrategie in den nächsten Jahren mit innovativen Produkten, einem verjüngten Markenbild und einer modernisierten Produktionslogistik weiter zu steigern.

Griesser blickt heute aussagegemäss «verhalten optimistisch» ins laufende Geschäftsjahr 2021, rechnet allerdings frühestens ab dem zweiten Halbjahr 2021 mit einer positiven Nachfrage nach den Einschränkungen der Covid-Pandemie. Eine bereits seit längerem absehbare Abflachung der Baukonjunktur könnte sich dabei als Risiko erweisen – wird allerdings von Griesser auch antizipiert. Insgesamt erscheint die nur ausserbörslich gehandelte und im Kern wenig liquide Griesser-Aktie aus heutiger Sicht günstig bewertet.

Die kommende GV findet, unter Ausschluss der Aktionäre, am 28. April 2021 statt. Der letzte Handelstag, der zum Erhalt der Dividende von 25 CHF (brutto) berechtigt, ist nach Informationen der Gesellschaft der 29. April 2021. Ab dem 30. April 2021 werden die Griesser-Aktien ex Dividende gehandelt.

Transparenzhinweis: Der Verfasser ist Aktionär der Griesser Holding AG.

 

Kommentar verfassen