Griesser Holding: Investitionen sollen fit für nächsten Aufschwung machen

2.4 Mio. CHF Verlust in 2023

0
329
Zu den neuen Produkten von Griesser gehören auch ein Rollladen und zwei Fassadenmarkisen mit Solarantrieb. Bild: griesser.ch

Auf den Boom folgte die Ernüchterung. Der Storenhersteller Griesser gehörte in den Jahren 2021 und 2022 zu den grossen Profiteuren der Pandemie: In der Schweiz und insbesondere auch bei der Tochter Weinor in Deutschland war die Nachfrage nach Sonnenschutzlösungen riesig. Inflation, höhere Zinsen und Schwierigkeiten in der Lieferkette liessen 2023 die Nachfrage insbesondere in Deutschland einbrechen. Die konsolidierten Erträge fielen um 12,8% auf 324.5 Mio. CHF, das operative Ergebnis (EBITDA) brach um über 60% auf 11.5 Mio. CHF ein. Unter dem Strich verblieb ein Verlust von 2 Mio. CHF; dies nach einem Rekordgewinn im Vorjahr von 11.7 Mio. CHF. Trotz der schwierigen Ertragslage investiert die Griesser Gruppe derzeit in neue Produktionsanlagen, in die Digitalisierung und in die Nachhaltigkeit. Zudem kaufte das Unternehmen per 1. Januar 2024 weitere 21% der Anteile an der deutschen Weinor, die nun zu 97.5% im Besitz von Griesser ist. Ziel der hohen Investitionstätigkeit ist es, fit für den nächsten Aufschwung zu sein.

Schwieriges Umfeld als Chance

An der Generalversammlung der Griesser Holding zeigte sich die Unternehmensleitung zwar nicht zufrieden mit dem schwachen Ergebnis. Es wurde aber deutlich, dass die Unternehmensgruppe nicht in Schockstarre verharrt, sondern das schwierige Umfeld auch als Chance sieht. «Es ist die Stärke eines Familienunternehmens, dass sie auch trotz eines Umsatzrückgangs investieren kann», sagte CEO Urs Neuhauser und verwies dabei auf die Bilanz. Diese präsentierte sich per Ende 2023 mit einer Eigenkapitalquote von 70,0% äusserst stabil. Er betonte gleichzeitig auch, dass die Griesser Gruppe im 2023 zwar an Umsatz eingebüsst, aber keine Marktanteile verloren habe. Im Fokus standen für das Unternehmen trotz des schwierigen Umfelds vor allem die Investitionen in Höhe von 14 Mio. CHF in zwei Werke im deutschen Möckern, welche 2023 abgeschlossen werden konnten, und in Nenzing in Österreich. In Nenzing erweitert Griesser für 11.5 Mio. CHF ein Werk zur Pulverbeschichtung. Dieses wurde bisher von einem Zulieferer übernommen. Noch in diesem Sommer soll in dem neuen Werk der Betrieb aufgenommen werden.

Neubau in Nenzing

Der Neubau in Nenzing erfüllt zahlreiche Kriterien in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Die Werkshalle ist in Holzbauweise erstellt worden. Eine Photovoltaikanlage versorgt das Gebäude mit Strom. Bisher wurde für die Pulverbeschichtung Gas als Energieträger verwendet. Die Energiekrise im vergangenen Jahr habe dazu beigetragen, bei der Planung des Gebäudes voll auf erneuerbare Energien zu setzen. Es werde möglich sein, mit der PV-Anlage 80% bis 100% des Stroms, der für die Produktion verwendet werde, selbst zu erzeugen. «Für den Notfall haben wir einen Gasanschluss installiert», so Neuhauser. Man hoffe aber, dass man diesen nicht benötigen werde.

Nachhaltigkeit auch bei den Produkten

Die neue Pulverbeschichtungsanlage in Nenzing ist nicht der einzige Bereich, bei dem Griesser das Thema Nachhaltigkeit konsequent umsetzt. Auch bei den Produkten arbeitet das Unternehmen an stetigen Verbesserungen. So werden neu Markisenstoffe eingesetzt, die zu 85% aus rezykliertem PET bestehen. Bei der Herstellung würden so rund 90% weniger Wasser benötigt. Auch bei den Aluminiumteilen wird rezykliertes Material eingesetzt. Zudem bietet Griesser Einbausätze für Fenstermarkisen an, die über PV-Module und einen Batteriespeicher verfügen und daher keinen externen Stromanschluss mehr benötigen. «Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unseren Nachhaltigkeitsbestrebungen langfristig erfolgreich sein werden», so Verwaltungsratspräsident Walter Strässle, der das 1882 gegründete Familienunternehmen in vierter Generation viele Jahre lang führte.

Finanzverbindlichkeiten steigen

Investiert wurden auch 4.7 Mio. CHF in ein neues Unternehmensplanungssystem (ERP), das auch das Kundenmanagement verbessern soll. Dabei hat Griesser auf die Lösung von Microsoft Dynamics gesetzt. Finanziert wurden die Investitionen in die Werke in Nenzing durch einen Syndikatskredit über 5 Mio. CHF und 9 Mio. EUR, der per Ende 2023 zu einer Zunahme der kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten auf 13.4 Mio. CHF führte. Die Investitionen in das IT-Projekt in Höhe von 4.7 Mio. CHF konnten nach Angaben im Geschäftsbericht aus eigenen Mitteln finanziert werden. Trotz der Investitionen lagen die Flüssigen Mittel per Ende 2023 noch bei 26 Mio. CHF.

Griesser 2023 mit roten Zahlen

Die Erfolgsrechnung für 2023 fällt insgesamt wenig erfreulich aus. Der Umsatz nahm um 12,8% auf 324.5 Mio. CHF ab. Hier wirkte sich der sogenannte Translationseffekt, also die Währungsverluste durch die Umrechnung der im Euroraum erzielten Umsätze in Schweizerfranken, negativ aus. Die Gesellschaft beziffert diesen mit 6.2 Mio. CHF.  Vor allem in der ersten Jahreshälfte war der Abschwung bei den Auftragseingängen bemerkbar, während sich diese ab September 2023 stabilisiert haben. Das operative Ergebnis auf Stufe EBITDA sank von 29.0 Mio. CHF auf 11.5 Mio. CHF, ein Rückgang von über 60%. Auffallend ist hier vor allem, dass der Personalaufwand nur um 1,7% auf 146.6 Mio. CHF zurückging. Gespart hat Griesser vor allem beim Fremdpersonal, das mit 12.1 Mio. CHF um 36,2% zurückging. Unter dem Strich resultierte ein Verlust von 2.4 Mio. CHF, was vor allem auf einen höheren Finanzaufwand und hier auf höhere Zinsen und die Fremdwährungsverluste zurückzuführen ist. Trotz des Verlustes wurde an der Generalversammlung eine Dividende von 20 CHF (Vorjahr: 25 CHF) genehmigt.

Weinor mit neuer Führung

Es waren aber nicht nur die Währungseffekte, welche der Tochter Weinor und damit auch dem Schweizer Mutterkonzern die Jahresrechnung verhagelten. Neben der schwachen Baukonjunktur sorgte auch die geplante Einführung des deutschen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für Unsicherheit bei den Konsumenten. «Wir haben damit einen neuen Wettbewerber erhalten», beschrieb Walter Strässle an der Generalversammlung die Situation. Denn gerade private Gebäudeeigentümer hätten sich bei Investitionen zurückgehalten, weil sie noch nicht wussten, ob sie aufgrund des Gesetzes gezwungen seien, in eine neue Heizungsanlage zu investieren. Das Geld fehle dann für andere Investitionen wie beispielsweise in den Sonnenschutz. Mittlerweile sei das Gesetz verabschiedet und die Lage damit klarer, fasste es Tim Füldner zusammen, der als CEO die Leitung von Weinor in Deutschland in diesem Jahr übernommen hat. Er bezeichnete Weinor als eine «Perle» und «einen Rohdiamanten», der noch richtig geschliffen werden müsse.

Demografischer Wandel als Chance

Erreichen will er diesen Schliff vor allem durch eine stärkere Fokussierung auf den Kundennutzen. In den Pandemiejahren sei der Kauf von Markisen und anderen Sonnenschutzsystemen ein Selbstläufer gewesen, so Füldner. Nun müsse man den Kunden wieder klarer zeigen, welche Nutzen die Systeme vor allem im Vergleich zum Wettbewerb bringen. Er verwies dabei auch auf den Beitrag, den Sonnenschutzsysteme zum Energiesparen leisten. Bezüglich der Nachfrage macht er sich weniger Sorgen. Als Kundengruppe hat Füldner vor allem Personen über 50 Jahre im Fokus, die sogenannten Babyboomer. Diese Zielgruppe verfüge über Kapital, Zeit und wolle ihr Umfeld komfortabel gestalten, so Füldner. Weinor könne daher sogar vom demografischen Wandel profitieren. Auf der anderen Seite muss sich auch Weinor als Folge des demografischen Wandels mit dem zunehmenden Fachkräftemangel auseinandersetzen. Denn Weinor vertreibt seine Produkte vor allem über Fachpartner. Hier setzt Füldner auf Produktinnovationen, welche dem lokalen Fachpartner die Montage und den Service erleichtern sollen.

Für das laufenden Geschäftsjahr sieht Füldner einen Silberstreifen am Horizont. Der Auftragseingang stabilisiert sich offenbar auf einem tiefen Niveau. Auch in der Schweiz ist leichter Optimismus spürbar. Man sei gut ins Jahr 2024 gestartet, so Neuhauser.

Fazit

2023 war für die Griesser ein schwieriges Jahr. Insbesondere bei der deutschen Tochter Weinor, die in den vergangenen Jahren die Cashcow für die Griesser Gruppe war, ist das Geschäft eingebrochen. Hinzu kam die ungünstige Währungssituation, die sich ebenfalls negativ auf die Jahresrechnung auswirkte. Positiv zu erwähnen ist, dass es trotz des widrigen Umfelds gelungen ist, einen positiven Cashflow von 4.7 Mio. CHF zu erwirtschaften. Entscheidend für dieses und die künftigen Jahre wird es nun sein, dass die Investitionen in IT, die neuen Werke und die neuen Produkte nun auf eine wieder anziehende Nachfrage treffen. Erste Anzeichen dafür sind zwar vorhanden. Doch angesichts des fragilen geopolitischen Umfelds und der nach wie vor schwierigen Bedingungen für Unternehmen in Deutschland wird dies nicht leicht. Mit dem klaren Bekenntnis zur Nachhaltigkeit schafft sich Griesser allerdings auch einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.

Der Aktienkurs von Griesser befindet sich auf dem tiefsten Stand seit drei Jahren. Chart: otc-x.ch

 

 

Die Aktien der Griesser Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Der Kurs hat binnen Jahresfrist um mehr als 16% verloren und damit das schwache Ergebnis vorweggenommen. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass sich der Aktienkurs kurzfristig erholen wird. Dazu bedarf es erst klarer Signale aus dem Markt, dass sich die Situation insbesondere im deutschen Markt bei Weinor verbessert und sich auch die Wechselkurssituation weiter entspannt. Allerdings wird das Unternehmen bei Kursen um die 920 CHF mit einem Abschlag von mehr als 40% auf den Buchwert von 1604 CHF je Aktie gehandelt. Auch dank der soliden Finanzierung sind die Risiken für einen weiteren Kursrückgang begrenzt. Bleibt die Dividende für 2024 auch bei 20 CHF je Aktie, so beträgt die Rendite 2,2%. Wer langfristig an den Erfolg von Griesser glaubt, für den bieten sich auf dem aktuellen Kursniveau sicherlich Einstiegsmöglichkeiten. Allerdings sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass angesichts der zahlreichen Unsicherheiten die «Durststrecke» länger dauert. Dann sind auch tiefere Kurse nicht auszuschliessen.

Die Griesser Holding AG wird am Branchentalk „Schweizer Industrieperlen“ vom 18. Juni 2024 in Zürich teilnehmen, der von schweizeraktien.net organisiert wird.

Kommentar verfassen