Die Waadtländer Bobst Group hat im Geschäftsjahr 2022 nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie hinter sich gelassen. Es gelang dem Hersteller von Verpackungs- und Etikettiermaschinen auch, die Ergebnisse der Vor-Pandemie-Jahre zu egalisieren. Für die Aktionäre sollen an der Generalversammlung vom 30. März zusätzlich zu den 5 CHF regulärer Dividende 5 CHF Sonderdividende ausgeschüttet werden. Es prasselt also ein wahrer Dividendenregen auf die Anteilseigner nieder.
Minderheitsaktionäre bleiben dabei
Am 30. Dezember 2022 wurden die Aktien der Bobst Group zum letzten Mal an der SIX Swiss Exchange gehandelt. Seit dem 3. Januar 2023 findet der Handel ausserbörslich auf OTC-X statt. Zuvor hatte die JBF Holding, eine Gruppe um die Gründerfamilie, im Juli 2022 ein öffentliches Kaufangebot für die im Publikum befindlichen Aktionäre zu einem Preis von 78 CHF je Aktie lanciert. Im Zuge dieser Transaktion konnte JBF Finance seinen Anteil von 52,72% auf 85,29% ausbauen. An der Bilanzmedienkonferenz bezeichnete CEO Jean-Pascal Bobst das Going Private nochmals als Erfolg. Und er betonte, dass JBF die verbliebenen Minderheitsaktionäre weder durch ein squeeze out aus der Gesellschaft herausdrängen wolle noch eine Fusion von JBF und der Bobst Group plane.
Konzernumsatz erreicht neue Höchstmarke
Doch wer von dem öffentlichen Kaufangebot im letzten Jahr keinen Gebrauch machte, musste erst einmal starke Nerven haben. Denn der Kurs der Bobst-Aktie sackte bis Ende 2022 auf 57.30 CHF ab. Und auch die ersten Kurse auf OTC-X lagen auf diesem Niveau – ein Minus von über 25%! Doch die Geduld der Minderheitsaktionäre wurde mit der Präsentation der Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2022 belohnt: Der Konzernumsatz stieg um 278 Mio. CHF oder 17,8% auf 1.841 Mrd. CHF; bereinigt um Währungseffekte und Übernahmen lag das Plus sogar bei 20,5%. Beigetragen haben zu diesem starken Umsatzwachstum beide Geschäftsbereiche.
Mit den Maschinen für Faltschachteln, Etiketten, Wellpappe und flexible Materialien setzte der Geschäftsbereich Printing&Converting 1.219 Mio. CHF um, was einem Plus von 22,9% gegenüber dem Vorjahr entspricht. «Wir hätten noch mehr Maschinen ausliefern können, was wegen des fehlenden Materials nicht immer möglich war», so Jean-Pascal Bobst. Etwas weniger stark mit einem Plus von 9,1% auf 621.8 Mio. CHF erhöhten sich die Umsätze mit Ersatzteilen und Dienstleistungen, die im Geschäftsbereich Services&Performance zusammengefasst sind.
Geografisch wuchs Bobst mit 29,8% auf 594.3 Mio. CHF am stärksten im amerikanischen Markt, gefolgt von Europa mit plus 19,1% auf 875.8 Mio. CHF. Hingegen stagnierte der Umsatz in der Region Asien bei 327.3 Mio. CHF, was vor allem auf das schwache Chinageschäft zurückzuführen ist. Bedingt durch die Lockdowns in China ging der Umsatz im Land der Mitte um 45% zurück. Bobst orientiert sich nun mehr Richtung Indien, wo das Unternehmen schon heute vertreten ist. Denn das Wachstumspotenzial des indischen Marktes für Bobst wird höher eingeschätzt als in China. In China werde in Zukunft vor allem für den chinesischen Markt produziert, so Finanzchef Attilo Tissi.
Dividende und Sonderdividende
Das Betriebsergebnis auf Stufe EBIT erreichte 141 Mio. CHF, was einer EBIT-Marge von 7,7% entspricht. Auf den Geschäftsbereich Printing&Converting entfielen 47.3 Mio. CHF (+ 250,4%), auf Services&Performance 96.6 Mio. CHF (+ 10,4%). Trotz der markanten Verbesserungen, welche durch die seit 2021 durchgesetzten Preiserhöhungen und Effizienzverbesserungen erzielt werden konnten, weist Bobst darauf hin, dass Preissteigerungen bei Materialien, Teilen und im Transport eine weitere Verbesserung der Ergebnisse der Geschäftsbereiche begrenzt hätten. Insgesamt konnte die Bobst Group für 2022 einen Jahresgewinn von 115.3 Mio. CHF erzielen, was einem Plus von 23,4% entspricht.
Die Eigenkapitalquote ging 2022 von 32,3% auf 28,9% zurück. Dies ist nach Angaben des Unternehmens hauptsächlich auf die Ausschüttung der regulären Dividende und der Sonderdividende in 2022 zurückzuführen. Die Dividendensumme in Höhe von 132 Mio. CHF hatte auch eine geringere Netto-Barmittel-Position von 67 Mio. CH zur Folge. Finanzchef Tissi betonte an der Bilanzmedienkonferenz jedoch, dass er sich mit der Eigenkapitalquote «wohl fühle». Langfristige visiere Bobst jedoch eine Quote von 30-35% an.
Margendruck und höhere Ausschüttungsquote
Ins laufende Geschäftsjahr 2023 sei Bobst gut gestartet, so Jean-Pascal Bobst. Für das Gesamtjahr wird mit einem Umsatz auf Vorjahresniveau von rund 1.8 Mrd. CHF gerechnet, wobei die EBIT-Marge aufgrund der Teuerung bei Energie, Rohmaterialien sowie höheren Personalkosten unter dem 2022er Wert von 7,7% zu liegen kommen dürfte. Langfristig soll diese wieder auf 8% steigen und das eingesetzte Kapital mit mindestens 20% rentieren. Deutlich nach oben passte Bobst seine Ausschüttungsquote auf nun 50% des Konzernergebnisses an. Bisher hatte die Bandbreite bei 30 bis 50% gelegen.
Obwohl Verpackungen insbesondere in der Diskussion um Nachhaltigkeit und die Verschmutzung der Umwelt sehr umstritten sind, wächst der Markt für Etiketten (4,0%), flexible Materialien (4,5%), Faltschachteln (4,7%) und Wellpappe (3,8%) weiter. An diesem Wachstum möchte auch die 1890 gegründete Bobst Group partizipieren. Um dies erreichen zu können, setzt Bobst gezielt auf die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Im Bereich der Digitalisierung sollen die unterschiedlichen Parteien entlang der gesamten Wertschöpfungskette noch besser vernetzt werden. Und im Bereich der Nachhaltigkeit hat sich der Verpackungsmaschinenhersteller zum Ziel gesetzt, die Sustainable Development Goals der UN zu unterstützen. Ebenso bekennt sich Bobst zur Kreislaufwirtschaft und entwickelt Lösungen für das Recycling von Verpackungen. Aufgrund der früheren Börsenkotierung veröffentlicht Bobst auch einen ausführlichen Nachhaltigkeitsbericht.
Fazit
Die Bobst Group hat mit ihren Jahreszahlen für 2022 den Markt positiv überrascht. Dies, obwohl bereits im November deutlich wurde, dass das Unternehmen mit seinen ehrgeizigen Zielen auf Kurs ist. Jedoch konnten im November und Dezember nochmals Rekordumsätze erzielt werden. Auch für 2023 bleiben die Aussichten intakt, auch wenn sich der Umsatz nur auf dem hohen Niveau des Vorjahres einpendeln sollte und die Margen unter der Teuerung etwas leiden werden.
Mit der Dekotierung ist der Aktienkurs von Bobst unter Druck geraten. Operativ gab es allerdings keine Gründe für den kräftigen Kursverlust. Es ist daher kein Wunder, dass die Aktien auf OTC-X mit einem Kurssprung von knapp 10% auf die guten Zahlen reagierten. Bei Kursen von 69.25 CHF, die zuletzt auf OTC-X für eine Aktie bezahlt wurden, ist der Titel mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 10 immer noch günstig bewertet. Die Dividendenrendite beträgt üppige 14,4%. Selbst wenn für 2023 keine Sonderdividende in Höhe von 5 CHF mehr ausgeschüttet wird, so liegt die Dividendenrendite auf Basis der regulären Dividende von 5 CHF immer noch bei 7,3%. Da das Unternehmen die Ausschüttungsquote auf 50% erhöht hat, ist auch in den kommenden Jahren mit einer attraktiven Ausschüttung zu rechnen. Dem Hauptaktionär JBF Finance dürften die hohen Dividenden auch dabei helfen, die für das öffentliche Angebot in Anspruch genommene Finanzierung zu reduzieren.
Insgesamt erscheinen die Bobst-Aktien auch nach dem jüngsten Kursanstieg insbesondere als Dividendenperle attraktiv, auch wenn die Anschlussfinanzierung der bis 2024 bzw. 2026 laufenden börsenkotierten Anleihen mittelfristig zu höheren Finanzierungskosten führen könnte. Mit den Initiativen in puncto Digitalisierung und Nachhaltigkeit stellt das traditionsreiche Familienunternehmen zudem die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft.