Macro Perspective: Asset Management – im Universum von UBS, BlackRock, Vanguard & Co.

Asset Management – Billionen-Geschäft mit Risiken

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Als Finanzplatz weltweit bekannt: der Paradeplatz in Zürich. Bild: zuerich.com

«Der Mensch ist des Menschen Wolf.» Thomas Hobbes, 1588-1679, Mathematiker, Philosoph, Staatstheoretiker

Es ist gar nicht so lange her, da war Vermögensverwaltung noch ein Privileg der wenigen Reichen, die von Privatbanken mit wohlklingenden Namen und einer langen Historie besorgt wurde. Heute ist Asset Management dagegen ein Geschäft für die Massen. Trend folgt auf Trend, und nicht jede «Finanzinnovation» verbessert die Rendite der Investoren. An den Kapitalmärkten begegnen sich weiterhin Wölfe und Schafe.

Das Global Ranking im Asset Management ändert sich ein wenig in der Spitzengruppe durch die Not-Übernahme der CS durch die UBS. Den Top-Spot belegt BlackRock mit 8.5 Bio. USD an Assets-under-Management (AuM), gefolgt von Vanguard Group mit 7.3 Bio. USD vor State Street Global Advisors mit 4 Bio. USD. Fidelity Investments und UBS folgten knapp danach. Durch die Integration des Wealth Managements von der CS dürfte die UBS auf über 4 Bio. USD an AuM kommen. Die Frage ist nur, wie viel mehr? Nicht alle Kunden wollen bei der UBS bleiben. Und es könnte auch zu Auflagen in den Ländern kommen, wo der Wettbewerb durch die Übernahme signifikant vermindert wird.

Bandbreite der Vergütungen

Allein die absoluten Zahlen sagen jedoch wenig über die Ertragskraft im Asset Management. Die heute so beliebten ETFs – Asset Management für die Massen – bringen kaum Gebühren. Das ist der Preis für die Demokratisierung. Bei passiven Index-Fonds gehen die Gebühren sogar gegen null. Am anderen Ende des Spektrums stehen Hedge Funds, die 20% des Gewinns jenseits eines Schwellenwerts berechnen.

Smartphone-Banking und Stabilitätsrisiken

Dazwischen bewegen sich zahlreiche Player mit unterschiedlichen Mandaten und Zielsetzungen. Pensionsfonds und -kassen, Versicherungen, Stiftungen, Staatsfonds, Investmentgesellschaften, Spezialisten und Generalisten, lokale und globale Institutionen. Dabei ist Kapital nach der Liberalisierungswelle seit der Reagan-Thatcher-Ära ultra-mobil geworden. Gab es in den 1980er Jahren in vielen Ländern noch Beschränkungen für ausländische Investoren und Kapitalverkehrskontrollen für inländische, so ist es heute, auch dank der Smartphone-Technologie, möglich, in Sekunden Kapital von einem Kontinent in einen anderen zu verschieben. Dies stellt auch ein ernstzunehmendes Problem für die Finanzmarktstabilität dar, da es zu Verwerfungen und erhöhter Volatilität an den Börsen kommen kann, wenn plötzlich infolge von Herdenverhalten grosse Verkaufs- und Kaufwellen auftreten. Das gilt insbesondere für weniger liquide Aktiva und Märkte.

Superreiche im Visier – Deutsche Bank sieht Chancen

Der Markt ist äusserst differenziert. Während smarte Fintech-Lösungen Investments selbst mit wenigen Franken möglich machen, zielt beispielsweise die Deutsche Bank mit ihrer Asien-Initiative nur auf Unternehmer und Superreiche ab, die wenigstens 50 Mio. USD an investierbarem Vermögen haben oder noch besser gleich 150 Mio. USD. Das Debakel bei der CS und die Konzentration unter dem Dach der UBS schaffen Chancen für die Neu-Akquise. Wettbewerber sind HSBC und verschiedene US-Adressen. Ziel sind bei den Unternehmern neben dem Wealth Management natürlich auch Mandate für Investment Banking und Corporate Finance, wie Börsengänge, Finanzierungen, M&A.

Im Vergleich: Charts von UBS (hellblau), BlackRock (gelb) und State Street (dunkelblau) während der letzten 5 Jahre, in USD. Grafik: nyse.com
Erster Aderlass bei UBS

Auch in der Schweiz ist die Migration des Kapitals in Bewegung gekommen. Ob ZKB oder Julius Bär, etliche Platzhirsche profitieren durch einen erhöhten Zustrom von Kunden und Kapital. Nach den jüngsten Marktdaten zu urteilen, fliessen aber nicht nur bei der CS, sondern auch bei der UBS Gelder in beträchtlicher Höhe ab, während andere Konkurrenten zulegen. Laut Financial Times verzeichnete die europäische ETF-Branche im März Netto-Zuflüsse von 13.1 Mrd. Euro, davon 7.7 Mrd. Euro an iShares. Die UBS verlor dagegen 2 Mrd. Euro, und CS 179 Mio. Euro.

Kursverlauf von UBS und CS seit 2018. Beide Institute verzeichnen einen Abfluss von Kundengeldern. Chart: six-group.com
Der Markt fällt das letzte Urteil

Daraus lässt sich Verschiedenes ablesen. Das ETF-Geschäft ist ein Commodity-Business mit geringen Margen. Unabhängig davon zeigen die ersten Verschiebungstendenzen, dass das Kalkül der Schweizer Super-Bank nicht unbedingt aufgehen muss. Zwar hat sich die UBS schon lange auf ein Szenario eingestellt, wie es jetzt geschaffen wurde, so Ex-UBS-VRP Axel Weber in seiner ersten Stellungnahme zu der Not-Übernahme, doch das letzte Wort hat der Markt. Wenn es den Kunden nicht gefällt oder den Marktteilnehmenden Bedenken aufkommen, so helfen Statements und Beteuerungen wenig. «Investors vote with their wallets», lautet ein bekanntes Idiom, das zu beachten viele verlernt haben.

Beispiellose Enteignung für nachrangige Anleihegläubiger

Und viele Marktteilnehmer sind auch überhaupt nicht einverstanden mit der Lösung, wie sie umgesetzt werden soll. Die Rede ist nicht von Kleinanlegern, die ihren Unmut mit hohlen Nüssen und ähnlichen Mitteln zum Ausdruck brachten, sondern von potenziell jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen zu durchaus plausiblen Streitgründen. So galt stets, dass es erst die Aktionäre trifft, dann erst die Schuldner. Doch im Fall CS sind die Aktionäre zwar stark in Mitleidenschaft gezogen, aber es gibt sie noch. Die Inhaber von Nachrang-Anleihen, sogenannte CoCo-Anleihen, wurden jedoch vollständig enteignet. Das Volumen ist mit 16 Mrd. CHF nicht unbeträchtlich. Allein japanische Adressen verloren 640 Mio. CHF. Ende vergangener Woche waren vier Klagen gegen die Finma eingereicht, u.a. von Migros und Gläubigern aus Singapur.

Milliardenverluste für alle

Verloren haben bei dem CS-Debakel aber eigentlich alle, ausser den überbezahlten CS-Bankern. Dazu zählen vor allem die Investoren aus der Golfregion, die Milliarden CHF in den Sand gesetzt haben. Ihnen gehörten rund 20% an der CS. Allein das Emirat Katar hielt 6,8%, die trotz des Namens private Saudi National Bank sogar 9,9%. Und auch die Schweizer Steuerzahler kommt das Desaster teuer zu stehen. Wie teuer, ist noch nicht abzuschätzen, je nachdem, ob und in welchem Ausmass Garantien staatlicher Stellen in Anspruch genommen werden müssen. Das kann bis zu dreistelligen Milliardenbeträgen gehen, oder, umgerechnet pro Kopf, ein fünfstelliger Betrag.

Schwache Leistungsbilanz

Der grösste Schaden aber entsteht dem Finanzplatz. Beide Grossbanken mussten vom Staat gerettet werden, die Regulierungsoffensive nach 2008 hat bei der CS offensichtlich nicht gegriffen, der Wettbewerb wurde vermindert und sämtliche Aufsichts- und Kontrollgremien und -behörden haben ihre jeweilige Primärfunktion offensichtlich nicht ausgeübt. Im Grunde handelt es sich also um kollektives und systemisches menschliches Versagen.

Der Fall CS und die Reputation

Die Schweiz ist und bleibt aus verschiedenen Gründen eines der globalen Zentren für die Vermögensverwaltung. Ein solides und ausdifferenziertes Bankensystem auf Weltklasse-Niveau ist hierfür jedoch unabdinglich. Insofern stellt sich schon die Frage, warum die Reputation des bedeutenden Finanzplatzes durch jahrelange Inaktivität bezüglich der zahlreichen Vergehen der CS so lange aufs Spiel gesetzt wurde?

Weniger Milliardäre in 2022

Wie viele Dollar-Milliardäre gibt es überhaupt? Nach der Auflistung des etablierten «Hunun-Reports», ein Äquivalent zur Forbes-Liste, sind es 3’112 per Ende 2022. Noch im Vorjahr waren es 3’381 gewesen. An der Spitze steht China mit 969 USD-Milliardären vor den USA mit 691. Allerdings verzeichnet China die stärkste Verringerung. 229 Namen aus dem Vorjahr sind verschwunden und nur 69 nachgerückt. Zum Teil ist es auf rückläufige Börsenkurse und den schwächeren Yuan zurückzuführen, aber hauptsächlich auf den «crack-down» der KP gegen die neureichen Tech-Milliardäre seit 2020. Repräsentativ ist die Entwicklung von Jack Ma, dem Gründer von Alibaba, der noch vor wenigen Jahren der reichste Chinese war, jetzt aber von Rang 34 im Vorjahr auf Rang 52 abrutschte. Ebenfalls verschwunden sind etliche Krypto-Milliardäre wie Samuel Bank-Friedman seit dem Kollaps von FTX, was Gegenstand der Macro Perspective vom November 2022 war sowie Justin Sun, der Gründer der Krypto-Plattform Tron, der u.a. für die Giacometti-Statue «Le Nez» bei einer Auktion 78.4 Mio. USD zahlte. Inzwischen klagt die SEC wegen unerlaubten Verkaufs von Wertpapieren.

Brauchen Milliardäre Vermögensverwalter?

Zwar jagen UBS, HSBC, Goldman Sachs & Co. Kunden mit Milliardenvermögen, doch Tatsache ist, dass die meisten Milliardäre und auch Centi-Millionäre ihre eigenen Family Offices haben und darüber hinaus auch diverse Banken oder sonstigen Dienstleister einspannen. Die Wallenberg-Dynastie in Schweden hält ihre Beteiligungen seit 1916 in der börsenkotierten Investor AB. Die Market Cap beträgt 57 Mrd. Euro. Dazu zählen u.a. bedeutende Anteile an Atlas-Copco, Electrolux, SKF, ABB, SEB, Astra Zeneca etc. Missmanagement des eigenen Vermögens ist von den Wallenbergs nach aller Erfahrung nicht zu erwarten. 87 Professionals sorgen bei Investor AB für eine konstant gute Rendite. Warren Buffetts Berkshire Hathaway ist ein weiterer Fall für eine direkte Vermögensverwaltung durch einen ausgewiesenen Experten, der keine Gebühren berechnet.

Performance als Mandat

Das wirklich grosse Geschäft ist mit institutionellen Anlegern zu machen, die immer höhere Summen rentabel investieren müssen, teilweise auch, um Pensions- oder sonstige Zahlungspflichten erfüllen zu können. Das ist das Universum der Pensionskassen, Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und sonstiger Sondervermögen, die auf langfristige Wertsteigerung angelegt sind. Hier geht es weniger um kurzsichtige Moden, Trends und Themen der Anlagewelt, als vielmehr darum, langfristig konsistente Returns für die Begünstigten zu erzielen.

Ende der monetären Kunstwelt

Mit dem Ende der Tiefzins- und QE-Notenbankpolitik kam an den Börsen die Gezeitenwende. Während die Liquiditätsflut und billiges Geld zuvor alle Schiffe anhob, herrschen nun Zinserhöhungen und der Abbau der aufgeblähten Notenbank-Bilanzen vor. Das Zeitalter des «Quantitative Tightening» ist angebrochen. Und der Zyklus ist wieder erwacht nach der langen Ära der «monetären Kunstwelt».

Institutionelle sind immer investiert

Für das Asset Management werden damit die Zeiten schwieriger. Hohe Inflation lässt bei den Konsumenten weniger Geld für Anlagezwecke übrig oder Rücklagen werden sogar aufgezehrt. Steigende Zinsen bedeuten auch, dass Geldmarktfonds, Termingeld und andere Cash-nahe Anlageformen an Popularität gewinnen. Das Interesse an Aktien und exotischen Assets nimmt in einem solchen Umfeld dagegen umgekehrt proportional ab. Doch die institutionellen Anleger bleiben erhalten. Die sind sogar meistens Investitionsquoten unterworfen. Die meisten sind immer nahezu vollständig investiert. Institutionelle Liquiditätsquoten bewegen sich in der Regel bei 2% bis 4% und steigen selten über 5%.

State Street – seit 1792 im Dienst der Kunden

Es wird daher mehr auf die Expertise, gutes Research und Stock-Picking-Qualitäten ankommen bei der Wahl professioneller Asset Manager. Stiftungen, Staatsfonds oder Pensionsfonds wechseln ihre Vermögensverwalter durchaus, wenn die Leistungen zu wünschen übrig lassen. State Street ist führend im Geschäft mit Institutionen und verzichtet auf Privatkunden. Bereits 1792 gegründet, sind die Service-Tätigkeiten ein integraler Bestandteil des Systems, beispielsweise als Depotbank und Dienstleister für Banken und Asset Manager. Neben Asset Management und Service ist Research & Trading das dritte Standbein. Nach 2008 hat State Street als erste US-Grossbank bereits im Juli 2009 alle Staatshilfen zurückgezahlt.

Bewertung von AuM

Und trotz der starken strategischen Stellung und herausragenden langfristigen Leistungsnachweisen liegt die aktuelle Börsenbewertung bei lediglich 26 Mrd. USD, das KGV bei 10. Das zeigt, wie die AuM am Markt bewertet werden. In aller Regel wurden in der Vergangenheit bei Transaktionen 2% bis 4% der AuM vom Käufer bezahlt, je nach Börsenlage und Dynamik. Die UBS wird gegenwärtig mit 67 Mrd. USD und einem KGV von 9 bewertet, BlackRock mit 104 Mrd. USD und einem KGV von 21 und Goldman Sachs mit 113 Mrd. USD und einem KGV von 12.

Strukturwandel im Asset Management

Aber auch das Universum des Asset Managements ist vom Strukturwandel betroffen. Und wirklich bedeutsame Veränderungen der Marktanteile sind sehr wohl möglich. Vor nur 50 Jahren lagen die AuM der damaligen Citibank beim 10fachen von Fidelity. Dann kam der Boom der innovativen Investment-Fonds. Und kaum 25 Jahre später hatte sich das Verhältnis bei zwischenzeitlich deutlich gestiegenen Volumina zugunsten von Fidelity umgekehrt. Bei BlackRock und anderen ETF-Grössen ist die Erfolgsgeschichte ähnlich. Noch im Jahr 2000 lag die Aktie bei 3% des heutigen Werts.

Der Net-Zero-Faktor

Ein in den 2020er Jahren neuer Faktor ist die von Anlegern und teils gesetzlich geforderte nachhaltige Ausrichtung oder zumindest Transparenz mit Blick auf die verbreiteten ESG-Reporting Richtlinien. Je nach Methodik sind bereits mehr als die Hälfte der globalen AuM nach mehr oder weniger stringenten ESG-Kriterien investiert. Allein die 2020 gegründete «Net Zero Asset Managers Initiative» zählt 235 unterzeichnende Institutionen mit 57 Bio. USD AuM.

Wandel und Konflikt

Ob Energiewende, Klimawandel oder die neuen geopolitischen Realitäten – die kreative Destruktion der bestehenden Strukturen bringt neue Chancen für Investoren. Vieles spricht allerdings dafür, dass manche Player im Asset-Management-Universum trotz immenser Marketing-Bemühungen nicht die erforderliche Glaubwürdigkeit und Expertise mitbringen, die für diese Herausforderungen nun erforderlich sind.

Mit Blick auf das konfliktgeladene geopolitische Klima wie auch das planetarische Klima sowie das der Wirtschaft findet folgender Satz von Hobbes auch heute seine Bestätigung: «Denn Krieg besteht nicht nur in Schlachten oder Kampfhandlungen, sondern in einem Zeitraum, in dem der Wille zum Kampf genügend bekannt ist.»

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