Reto Preisig, CEO Brauerei Schützengarten: «Aktuell haben wir keinerlei Kredite in unseren Büchern»

Der Konsum von alkoholfreiem Bier der St. Galler Traditionsbrauerei nimmt stark zu

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Die Brauerei Schützengarten, die älteste Brauerei der Schweiz, konnte im Geschäftsjahr 2023/2024 (auf Ende September 2024) einen leichten Umsatzanstieg verzeichnen. Der Betriebsertrag stieg um 1 Mio. CHF auf 92.3 Mio. CHF an. Auch der Gewinn wuchs leicht auf 2.2 Mio. CHF. Das Unternehmen zahlte wie schon in der Vorjahresperiode eine Dividende von 500 CHF pro Namenaktie.

Im Interview mit schweizeraktien.net spricht Reto Preisig, Vorsitzender der Geschäftsleitung, über die Zunahme des Absatzes von alkoholfreien Bieren, er führt aus, warum der steigende Absatz von Dosenbier Investitionen des St. Galler Traditionsunternehmens nach sich zieht und was es mit dem Slow-Brewing-Verfahren auf sich hat.

Der gebürtige Flawiler Reto Preisig leitet die St. Galler Brauerei seit Oktober 2012. Das Sortiment der ältesten Schweizer Brauerei hat er zuletzt mit seinem Team weiterentwickelt, was kürzlich mit der internationalen Qualitätsauszeichnung «Craft Brauerei des Jahres» ausgezeichnet wurde. Bild: zVg.

Herr Preisig, Sie verantworten die Geschäfte in der ältesten Brauerei der Schweiz, der 1779 gegründeten Brauerei Schützengarten. Was bedeutet es, in einem solchen Unternehmen tätig zu sein? Mehr Lust oder mehr Last?

Vor allem bedeutet mir die Arbeit im Unternehmen viel Freude. Denn die Aufgaben sind sehr vielfältig. Da ist der Kontakt zu den Mitarbeitenden, zur Kundschaft und zu den vielen Partnern. Mir ist aber selbstverständlich schon bewusst, dass ich eine grosse und verantwortungsvolle Aufgabe habe. Insbesondere während COVID war es ziemlich turbulent, denn da stand unser wichtigster Absatzkanal – die Gastronomie – komplett still. Schützengarten ist eine Erfolgsgeschichte, die Generationen der Familie gemeinsam geschrieben haben. Umso mehr freut es mich, zusammen mit der gesamten Schützengarten Crew die aktuellen und nächsten Kapitel der einzigartigen Geschichte mitzugestalten. Die Aufgaben sind sehr vielseitig. Es geht nicht nur um die Produktion von Bieren, sondern als Vollsortimenter bieten wir insbesondere unserer Kundschaft in der Gastronomie, aber auch der Privatkundschaft und an Veranstaltungen ein umfassendes Sortiment an Handelsprodukten an. Weiter pflegt Schützengarten auch noch ein grösseres Portfolio an Brauerei-eigenen Liegenschaften.

Der Bierkonsum geht hierzulande immer weiter zurück. Was unternehmen Sie gegen diesen Trend?

Der Schweizer Biermarkt verlor im vergangenen Jahr rund 1,6% an Volumen. Schützengarten konnte im vergangenen Jahr die Bierproduktion um rund 1,1% steigern. Das Wachstum kam bei uns insbesondere aus dem Segment der alkoholfreien Biere. Hier haben wir das Angebot in den letzten Jahren stark erweitert und bieten mittlerweile schon 6 verschiedene Biere und Biermischgetränke an. Auf der anderen Seite sind wir ja auch im Getränkehandel tätig und verkaufen an unsere Kundschaft auch Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Säfte und Energy Drinks.

Während der Umsatz mit alkoholischem Bier zurückgeht, nimmt auf der anderen Seite die Lust auf alkoholfreie Biere stark zu. Was bedeutet dies für die Brauerei Schützengarten?

Wir konnten im letzten Jahr die Produktion von alkoholfreien Bieren um 14% steigern und spüren, dass die Konsumenten vermehrt einheimische Qualität nachfragen. So sind im vergangenen Jahr in der Schweiz auch die Importe von ausländischen Bieren wieder zurückgegangen. Geholfen hat uns bestimmt auch der kürzliche Testsieg von Schützengarten Alkoholfrei in der TV-Konsumentensendung Kassensturz.

«Die Konsumenten fragen vermehrt einheimische Qualität nach»

In einem Vergleich von elf führenden alkoholfreien Lagerbieren erhielt unser Bier die Bestnote von 5,2 und überzeugte die Jury aus diplomierten Biersommeliers und Fachleuten durch seine ausgewogene und harmonische Geschmackskomposition. Dies ist ein direktes Resultat unserer konsequenten Qualitätsstrategie und der Leidenschaft unseres gesamten Teams, das tagtäglich mit Hingabe an der Herstellung unserer Biere arbeitet.

Sie propagieren das Slow-Brewing-Verfahren. Können Sie uns erklären, was es damit auf sich hat?

Slow Brewing ist das härteste und konsequenteste Gütesiegel am internationalen Biermarkt. Schützengarten ist eine von über 30 zertifizierten Brauereien aus Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz und den Niederlanden. Der Zugang ist wissenschaftlich und ganzheitlich. Das Slow Brewing Institut bewertet nicht nur monatlich die Bierqualität, sondern auch die Brauerei, welche das Bier herstellt. Slow Brewing zertifiziert ausschliesslich Unternehmen, die in allen Bereichen ihrer Wertschöpfungskette fair und bewusst agieren. Neben der Verwendung reinster, natürlicher Rohstoffe ist es die langsame, schonende Brauweise, die sich ganz wesentlich auf den besonders runden und ausgereiften Geschmack von Slow Brewing Bieren auswirkt. Slow Brewer wie wir geben ihren Bieren die ideale Zeit zum Reifen. Zudem verzichten wir auch ganz bewusst auf eine nachträgliche Verdünnung des fertigen Biers und wenden das weit verbreitete High Gravity Verfahren nicht an.

Warum steigt die Nachfrage nach Dosenbieren, während die nach Flaschenbieren rückläufig ist?

Dies hat einerseits mit der gestärkten Stellung des Detailhandels zu tun, welcher in den letzten Jahren auf Kosten der Gastronomie an Terrain gewonnen hat. Der Detailhandel forciert Gebinde, bei denen kein Rückschub zurück zur Brauerei notwendig ist. Dann ist die Dose insbesondere bei der jüngeren Generation sehr beliebt und wird vor allem auch an Veranstaltungen und im on-the-go-Konsum gekauft. Sie ist leicht, bietet dem Bier Lichtschutz und ist rezyklierbar. In der Schweiz beträgt die Recycling-Quote beim Aluminium hohe 94%.

Sie planen mit einer Dosenabfüllanlage die grösste Investition in den letzten zehn Jahren. Von welcher Investitionssumme gehen Sie aus?

Sie können von einer Investition in mittlerer einstelliger Millionenhöhe ausgehen. Aufwendig sind die entsprechenden Bauarbeiten zur Bereitstellung bestehender Flächen und Infrastrukturen auf unserem historisch gewachsenen Areal. So mussten wir Garagen für unsere LKW’s freimachen und eine Passerelle in unser Abfüllgebäude bauen. Die Arbeiten kommen gut nach Plan voran, und so soll die Anlage im August in Betrieb genommen werden.

Wie werden Sie die Investitionen finanzieren. Aus Eigenmitteln oder mit einer Fremdfinanzierung?

«es kann sein, dass wir einen teil unserer Investitionen fremdfinanzieren werden»

In der Regel können wir unsere Investitionen aus eigenen Mitteln finanzieren, und so haben wir aktuell auch keinerlei Kredite in unseren Büchern. Da wir im laufenden Jahr aber zusätzlich auch noch grössere Investitionen im Sudhaus sowie im Fuhrpark tätigen werden, kann es sein, dass wir zur Überbrückung einen Teil davon fremdfinanzieren werden.

Seit letztem Jahr haben Sie mit Philipp Lämmlin einen neuen Verwaltungsratspräsidenten. Inwiefern unterscheidet sich die Strategie unter dem neuen VRP gegenüber seinem Vorgänger?

Philipp Lämmlin ist seit 2020 in unserem Verwaltungsrat und arbeitete bereits zuvor projektspezifisch an strategischen Themen mit. Er hat die aktuelle Ausrichtung also bereits vor der Übernahme des Präsidiums mitgestaltet und prägt nun in Zusammenarbeit mit dem gesamten Verwaltungsrat und in Abstimmung mit den Haupteignern die Geschicke des Unternehmens.

Sie konnten die Eigenkapitalquote im vergangenen Jahr gegenüber 2023 von 57,7% auf 62,3% ausbauen. Ihr Unternehmen ist also kerngesund. Damit stehen Ihnen Mittel zur Verfügung, um weiter zu wachsen. Käme für Sie ein anorganisches Wachstum in Frage? Also die Übernahme des einen oder anderen Mitbewerbers oder einer Klein- oder Microbrauerei?

«Wir schauen uns jeweilige opportunitäten schon an»

Mit der Inbetriebnahme unserer Gasthausbrauerei und Experimentierwerkstätte «Brauwerk» am St. Galler Hauptbahnhof sowie der Tessiner Mikrobrauerei «Birrificio Ticinese San Martino SA» konnten wir Lücken hinsichtlich Kleinchargen, Produktentwicklung sowie Markterschliessungsthemen bereits sehr gut abdecken. Aber trotzdem schauen wir uns jeweilige Opportunitäten schon auch an. Es muss aber sehr vieles zusammenpassen, damit sich ein solches Engagement dann auch lohnt. Im heutigen sehr hart umkämpften Biermarkt muss man bei Übernahmen mit grossen Abschmelzverlusten rechnen.

Wie präsentiert sich das laufende Geschäftsjahr für Sie? Sind Sie mit der Umsatzentwicklung zufrieden? Der trockene und warme Frühling könnte Ihnen in die Karten spielen.

Im letzten Jahr war der Vorsommer in der Tat nicht sehr bierfreundlich, und so hoffen wir nun auf einen sehr guten Sommer mit viel Wetterglück. Bei sonnigem Wetter sind sowohl die Gartenrestaurants in den Städten als auch Ausflugsrestaurants gut besucht und die vielen Gäste in Konsumlaune. Auch in diesem Jahr zeichnet sich wieder ein Wachstum bei den alkoholfreien Bieren ab, währenddem die Performance bei den alkoholhaltigen Bieren schon noch Aufholpotenzial hat.

Herr Preisig, herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Die Namenaktien und Partizipationsscheine (PS) der Brauerei Schützengarten AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 39’500 CHF für eine Namenaktie und 3’000 CHF für den PS gezahlt.

Kursverlauf der auf OTC-X gehandelten Namenaktie zu nominal 1’000 CHF der Brauerei Schützengarten über die letzten drei Jahre. Quelle: otc-x.ch

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