
«Es besteht Anpassungsbedarf», so ordnet Noch-VRP Stefan Schmutz im Vorwort des Geschäftsberichts der Kursaal Interlaken Holding AG (KIH) das Geschäftsjahr 2024 ein. Das ist eine Äusserung, die bei Anlegern nicht gut aufgenommen werden dürfte.
Denn die Zahlen des Casino- und Eventbetreibers fielen im Jahr 2024 alles andere als zufriedenstellend aus. Unter dem Strich weist das Unternehmen bei einem konsolidierten Umsatz von 24.1 Mio. CHF einen Verlust von 1.2 Mio. CHF (Vorjahr: 1.2 Mio. CHF Gewinn) aus.
Verluste durch Public Viewing und Weihnachtsmarkt
Dabei sticht vor allem das Kongress- und Eventgeschäft negativ heraus. Es soll laut Schmutz wieder vermehrt in den Fokus gerückt und gestärkt werden. Gleichzeitig sollen die Eigenanlässe hinterfragt werden. Sie sollten aber nicht per se aufgegeben werden.
Die CKI habe mit dem Public Viewing während der Europameisterschaft und dem Weihnachtsmarkt Winterheart zwei Eigenanlässe ins Leben gerufen, welche in der Region äusserst gut angekommen seien. «Finanziell hat dies leider anders ausgesehen», schreibt Schmutz im Geschäftsbericht. Die Erträge aus diesen beiden Anlässen hätten die anfallenden Kosten auch nicht annähernd decken können. Es sei in beiden Fällen eine grosse Deckungslücke verblieben. Positiv würdigt Schmutz die neu ins Leben gerufene Comedy-Reihe InterLachen. Diese hätte bereits im ersten Jahr mit einer in etwa ausgeglichenen Rechnung abschliessen können. Der Nettoerlös aus dem Bereich Kongressbetrieb sank um 0.2 Mio. CHF auf 5.7 Mio. CHF.
Wettbewerbsdruck bei Online-Casino steigt weiter
Im Casino-Bereich segelt der Kursaal Interlaken in deutlich raueren Winden als noch in den Vorjahren. Das geht der gesamten Branche ähnlich. Der BSE des terrestrischen Casinos ging zwar nur leicht zurück (-1,8%). Aber trotz verstärkter Marketingmassnahmen blieb das erhoffte Wachstum im Online-Segment 2024 aus. Die Wettbewerbsintensität werde durch den Markteintritt neuer Online-Casinos im Jahr 2025 weiter steigen, wobei sich bereits in diesem Jahr oder spätestens 2026 eine Marktsättigung abzeichne, schreibt der CEO des Casinos Interlaken, Oliver Grimm.
Der Nettospielertag aus dem Casino ging auf 16 Mio. CHF zurück (-0.2 Mio. CHF). Der Bruttospielertrag (BSE), also ohne die Einrechnung der Spielbankenabgabe, sank von 24.5 auf 24.0 Mio. CHF.
Marktanteile im Online-Casino-Markt lassen sich nur durch hohe Marketingaufwendungen erzielen. Dementsprechend stieg der übrige betriebliche Aufwand des Casinos Interlaken, der zur Hauptsache aus Marketingausgaben bestehen dürfte, von 11.4 auf 12.3 Mio. CHF.
Da auch der Personalaufwand (von 8.1 auf 8.9 Mio. CHF) und der Materialaufwand (von 1.3 auf 2.0 Mio. CHF) deutlich zunahm, erzielte das Casino lediglich ein EBITDA von 1.0 Mio. CHF; 2023 waren es noch 3.6 Mio. CHF. Die Marge ging von 14,7% auf 4,2% zurück.
Terrestrisches Casino in neuen Räumlichkeiten
Hoffnung dürfte machen, dass die Kursaal Interlaken AG im Rahmen der Neukonzessionierung im Jahr 2024 eine umfassende Standortbewertung des terrestrischen Casinos vorgenommen hat. Diese Analyse führte zur Entscheidung, den Spielbetrieb in die heutigen Spycher-Räumlichkeiten zu verlegen. Obwohl sich das Platzangebot dort nicht wesentlich vergrössert, biete der neue Standort zahlreiche Vorteile, so Grimm. Eine Modernisierung am bisherigen Standort wäre aufgrund der über 30-jährigen Infrastruktur nur mit einer langwierigen Betriebsschliessung realisierbar gewesen.
Ausblick
Es gelte nun, die richtigen Schrauben zu justieren, ohne bewährte Stärken aufzugeben. Das langjährige Kongress- und Eventgeschäft sei wieder vermehrt in den Fokus zu rücken und zu stärken, schreibt VRP Schmutz. Demgegenüber sollten die Eigenanlässe hinterfragt werden. Sie sollten aber nicht aufgegeben werden. Aber sie müssten rentabel werden.
Schmutz zufolge werde nirgends in der Schweiz ein namhaftes Kongress- und Kulturzentrum ohne Unterstützung durch öffentliche Gelder betrieben. Im Kursaal Interlaken sei dies in den letzten Jahren möglich gewesen, weil das Kongressgeschäft durch die Gewinne aus dem Casino versteckt subventioniert worden sei. «Als scheidender VR-Präsident wünsche ich mir, dass die Region Interlaken die Wichtigkeit und den Wert des Kongressgeschäfts erkennt und dies bei der Verteilung der zweckgebundenen Mittel zukünftig vermehrt berücksichtige», fordert Schmutz.
Fazit
Aufgrund der schlechten Performance hat sich die Kursaal Interlaken AG vom Geschäftsführer des Bereichs Kongresse und Events Ende 2024 getrennt. Die Stelle wurde bisher nicht neu besetzt. Die Frage ist, wer jetzt hier das Sagen hat. Dass der Bereich ohne Geschäftsführer operiert, stärkt nicht gerade das Vertrauen in einen Turnaround. Oder will die CKI bis zur GV warten, wenn ein neuer Verwaltungsratspräsident installiert werden soll?
Tatsächlich verbindet sich mit der Personalie eines neuen VRP auch ein gewisses Mass an Hoffnung auf den Turnaround. Mit Urs Kessler, dem ehemaligen CEO der Jungfraubahnen, kommt ein bestens vernetzter Berner Oberländer an die Spitze des Aufsichtsgremiums. Nicht nur bringt er eine beeindruckende operative Erfolgsgeschichte mit (V-Bahn), sondern könnte auch strategisch neue Pflöcke einschlagen. Allerdings fällt auf, dass Kessler durch kein Wort von Schmutz im Geschäftsbericht erwähnt wird.
Kesslers Aufgabe wird es sein, zusammen mit einer neuen operativen Führungskraft das Kongress- und Eventgeschäft wieder profitabel zu machen. Und im Bereich des Online-Casinos werden sich die Berner Oberländer überlegen müssen, ob es angesichts der steigenden Marketingaufwendungen bei gleichzeitig immer deutlicher abnehmendem Wachstum noch sinnvoll ist, dieses Geschäft weiter zu betreiben. So viel scheint sicher. Mit 15.5 Mio. CHF BSE (Bruttospielertrag) ist starvegas meilenweit von den Umsätzen der Branchenführer (das Grand Casino Luzern erzielt mit mycasino einen BSE von 98.4 Mio. CHF) entfernt. Das Unternehmen zahlt auch in diesem Jahr keine Dividende.
Die Aktie der Kursaal Interlaken Holding AG ist auf OTC-X gelistet und kostete zuletzt 1’000 CHF. Seit Mitte letzten Jahres ist der Aktienkurs bei hohen Volumen kräftig angestiegen, was angesichts des negativen Jahresabschlusses doch überrascht. Gründe für den Anstieg wurden im Geschäftsbericht nicht kommuniziert. Der ausgewiesene Buchwert lag per Ende 2024 bei 1’246 CHF je Aktie.
