Rolf Bigler, Leiter OTC-X: „Anleger im ausserbörslichen Markt verfolgen meist eine Buy-and-hold-Strategie“

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Rolf Bigler leitet den Aktienhandel OTC-X bei der BEKB. Bild: zvg
Rolf Bigler leitet den Aktienhandel OTC-X bei der BEKB. Bild: zvg

In den letzten Wochen erlebten die Aktienmärkte kräftige Rückschläge. Der SMI verlor seit Jahresbeginn um fast 15%. Auch der SPI Extra liegt mit mehr als 10% im Minus. Im ausserbörslichen Aktienhandel ist von diesen Entwicklungen wenig zu spüren. Dies liegt vor allen Dingen an der Solidität der Firmen und dem langfristigen Investmenthorizont der Anleger, erklärt Rolf Bigler, Leiter OTC-X bei der BEKB, im Gespräch mit schweizeraktien.net

Herr Bigler, die Aktienmärkte sind seit Jahresbeginn auf Crashkurs. Wie hat sich der ausserbörsliche Aktienhandel bisher entwickelt?

Die ausserbörslich gehandelten Aktien auf OTC-X sind von diesen Kursrückgängen weitestgehend verschont geblieben. Unser OTC-X-Liquidity-Index hat seit Jahresbeginn nur um 0.75% verloren und ist damit deutlich besser als der Markt. Auch der Premium-Index liegt mit 0.55% nur geringfügig im Minus. Damit bestätigt sich einmal mehr die Erfahrung, die wir über lange Jahre mit den ausserbörslichen Titeln gemacht haben. In Baissephasen weist dieser Markt eine hohe Stabilität auf.

Was sind genau die Gründe für das bessere Abschneiden der OTC-Werte?

Anleger verfolgen in diesem Marktsegment meistens eine Buy-and-hold-Strategie. Kurzfristige Kursschwankungen interessieren sie daher nicht. Aufgrund der oftmals hohen Substanz der Unternehmen und einer guten Dividendenrendite bleiben die Anleger langfristig investiert.

Die Euroschwäche hat vielen Unternehmen im letzten Jahr zu schaffen gemacht. Auf OTC-X gibt es die Sektoren Industrie, Tourismus und Bergbahnen. Welche Tendenzen sind in diesen Sektoren erkennbar?

Die Tourismusbranche leidet nicht nur unter dem starken Franken, sondern auch unter dem späten Wintereinbruch und dem geringen Schneefall. Gewinner waren im letzten Jahr die Bergbahnen mit einem starken Sommergeschäft und dem Fokus auf Asien, wie die Rigi Bahnen oder die Schilthornbahn. Die Industriebranche hat natürlich mit den Folgen der Aufhebung der Euro-Untergrenze zu kämpfen. Hier sind es insbesondere die stark exportabhängigen Unternehmen gewesen, die reagieren mussten.

Die Berichtssaison hat gerade begonnen. Wie zeigen sich die Folgen der Euroschwäche konkret?

Viele Unternehmen aus der Industriebranche haben rasch reagiert und die Kosten reduziert. Dennoch sind gerade im Finanzergebnis erhebliche Devisenverluste zu finden. Entscheidend für das laufende Jahr wird sein, ob sich der Franken gegenüber dem Euro weiter abschwächt. Ausserdem können Unternehmen mit einem starken Exportanteil in den Dollarraum vom Erstarken des Dollars profitieren. Für 2016 favorisiere ich daher den Industriesektor.

Auch zahlreiche Regionalbanken haben schon Geschäftszahlen publiziert. Wie beurteilen Sie die Abschlüsse, und welche Auswirkungen haben diese auf den Markt?

Angesichts der tiefen Zinsen und der vielen Herausforderungen im regulatorischen Bereich haben sich die Regionalbanken gut geschlagen. Allerdings haben sich die in diesem Segment schon seit langem erwarteten Veränderungen noch nicht eingestellt. Dennoch bin ich weiterhin überzeugt, dass in den folgenden zwei bis drei Jahren Bewegungen passieren werden. Auch Zusammenschlüsse sind nicht auszuschliessen.

Im letzten Jahr wechselten mehrere Unternehmen von der Börse auf die OTC-Plattform. Wie haben sich diese Titel entwickelt?

Schaut man sich die Volumen dieser Aktien an, so kann man von einer sehr erfreulichen Entwicklung sprechen. Die Umsätze mit den Aktien von Thurella und Biella sind sehr ansprechend und teilweise sogar deutlich höher, als sie vorher an der Börse waren. Die Unternehmen stellen fest, dass sie seit dem Wechsel auf OTC-X mehr Beachtung erhalten als vorher. An der Börse waren sie ein kleiner Titel unter vielen grossen. Hier gehören sie zu den grossen und damit zu den wichtigen Gesellschaften, denen auch die Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Wird es weitere Wechsel im laufenden Jahr geben?

Ja. Bei Repower ist bekannt, dass der letzte Handelstag für die PS und Inhaberaktien an der Börse am 28. April sein wird. Ab dem 29. April werden die Titel dann ausserbörslich gehandelt. Wir rechnen ausserdem damit, dass es noch weitere Gesellschaften geben wird, die diesen Schritt im Laufe des Jahres ankündigen.

Bei der Wasserwerke Zug AG hat innerhalb weniger Tage ein Aktienpaket im Wert von fast 60 Mio. CHF den Besitzer gewechselt. Rechnen Sie mit weiteren solchen Transaktionen, die für das Marktsegment eher ungewöhnlich sind?

Es gab bereits in der Vergangenheit immer wieder Umplatzierungen in diesem Markt. Grund ist häufig die Suche nach einem Nachfolger von einem oder mehreren Grossaktionären. Dass die Aktien der Wasserwerke Zug so rasch unplatziert werden konnten, zeigt meines Erachtens, wie attraktiv der Markt auch für grössere Anleger ist. Diese werden aber nur aktiv, wenn auch grössere Positionen auf den Markt kommen.

Neu fallen die auf OTC-X gelisteten Titel unter die Klasse der Alternativen Anlagen und sind damit mit Hedge Fonds und Private Equity gleichzusetzen. Welche Auswirkungen hat dies auf Ihr Marktsegment?

Wir rechnen hier mit keinen nennenswerten Auswirkungen. Institutionelle Investoren waren bisher  aufgrund ihrer Statuten schon immer restriktiv bezüglich Investments im OTC-Markt. Der Kurszerfall an den Hauptmärkten in den letzten Wochen zeigt aber auch, dass unser Marktsegment weniger volatil und daher gerade für die langfristig investierenden Pensionskassen interessant ist.

Wer sind derzeit die Investoren im OTC-Markt, und welche Tendenzen sehen Sie für die Zukunft?

Traditionell waren es immer Privatinvestoren sowie die wenigen auf diesen Markt fokussierten Beteiligungsgesellschaften, Fonds und Vermögensverwalter. In der letzten Zeit sehen wir auch ein zunehmendes Interesse von Family Offices. Solange die Zinsen tief bleiben und es auch keine grossen Alternativen zu Aktienanlagen gibt, dürfte das Interesse grösserer Anleger wie Family Offices und Pensionskassen auch zunehmen.

Wie sieht Ihre Prognose für das Gesamtjahr aus, nachdem der Jahresstart verhagelt wurde?

Die Aussichten bleiben gut, und ich rechne weiterhin mit einer stabilen Entwicklung.

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