OTC-Musterdepot: Performance steigt auf 96.1% – trotz Sommerloch und ohne Zur Rose

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Der OTC-X Liquidity-Index legte in diesem Jahr um über 12% zu, bleibt aber noch hinter dem SPI Extra-Index zurück. Chart: www.moneynet.ch

Während die aktuelle Hitzewelle „Luzifer“ weiten Teilen Europas mit über 40 Grad Celsius einen Vorgeschmack der beschleunigten Temperaturerwärmung auf der Erde vermittelt, sind die Aktivitäten auch auf OTC-X urlaubs- und feiertagsbedingt drastisch reduziert. So wurden laut BEKB-Marktbericht letzte Woche nur 1.1 Mio. CHF an Aktienumsatz getätigt. Der Performance des OTC-Musterdepots hat es nicht geschadet. Der Portfolio-Wert ging weiter um 2.2% in die Höhe.

In einer fast nachrichtenlosen Zeit und nach dem Abgang des Umsatzspitzenreiters Zur Rose sind die Aktivitäten auf OTC-X zuletzt weit weniger fieberhaft verlaufen als noch vor dem erfolgreichen IPO von Zur Rose an der SIX. Allerdings blieb das Interesse an den ausserbörslich gehandelten Nebenwerten hoch. Bis Ende Juli wurden auf OTC-X Aktien im Wert von über 22 Mio. Franken gehandelt – darunter Zur Rose-Aktien mit einem Volumen von nur 1.81 Mio. Franken. Damit waren die Volumina auch ohne die Zur Rose-Aktien im Juli fast doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Immerhin, die Zur Rose Aktie bleibt mit zuletzt 147 CHF über dem Emissionspreis von 140 CHF. Die Liquidität hat sich nach den ersten Tagen an der SIX nicht unbedingt verbessert, denn jetzt, im Sommerloch, sind es mitunter nur wenige tausend Aktien am Tag, die den Besitzer wechseln. Im OTC-Musterdepot erfolgte zwischenzeitlich der Verkauf der Restposition zu 145 CHF.

Smartes Timing von Rapid

Gut entwickelt hat sich die Neu-Erwerbung Rapid Holding, die ihre Unterbewertung mit einem Kursanstieg von fast 10% verringerte. Mit Blick auf die zunehmende Blasenbildung an den Immobilienmärkten der Schweiz war es ein extrem smarter Schritt, die hohen Preise bei Immobilien für den Verkauf der Anlageimmobilien auf sehr gutem Niveau zu nutzen und sich ganz auf das operative Kerngeschäft zu fokussieren. Dieses ist mittlerweile auch wieder zurück in der Gewinnzone und könnte daher für weitere gute Performance sorgen, insbesondere, wenn die aktuelle Schwäche des Schweizer Frankens anhält.

Fast alle Werte im Musterdepot, abgesehen von dem ausgewiesenen Immobilienentwickler und -bewirtschafter Espace Real Estate, haben eine Immobilienstory, die manchmal sogar im Vordergrund steht. Gegen eine aktive Bewirtschaftung des Immobilienvermögens oder die Realisierung schlummernder Werte ist nicht das Geringste einzuwenden. Die Frage ist aber, ob nicht zu viel Energie und Management-Kapazität mit einer Nebensache verschwendet wird, anstatt sich ganz auf das in aller Regel an Herausforderungen reiche operative Geschäft zu konzentrieren. Der Wettbewerb schläft nie.

Most Crowded Trade

Auch unter Kapitalallokations-Perspektive spricht inmitten des digitalen Wandels wenig für den Immobilienbesitz, der viel Kapital bindet, jedoch nur eine geringe Rendite bringt. Zumindest im Vergleich zu einem gut gehenden operativen Geschäft, ganz gleich in welcher Industrie. Ohne Übertreibung lässt sich konstatieren, dass Immobilien in der Schweiz der „Most Crowded Trade“ sind, sogar noch vor Anleihen. Das ist volkswirtschaftlich relevant, weil ein sehr hoher Prozentsatz der Schweizer direkt und indirekt Immobilienbesitzer sind, nicht selten hohe Hypotheken haben und daher ein Platzen der Preisblase weitreichende Folgen haben könnte.

Das Buchwert-Paradoxon

Der Immobilienbesitz ist auch einer der Gründe, warum die Buchwerte am OTC-X oft sehr hoch sind und nicht selten sogar über den Aktienkursen liegen. Die ökonomische Vernunft würde im Fall Thurella beispielsweise gebieten, sich schnell von dem berühmten und nicht mehr benötigten Firmenareal in Egnach zu trennen und das freigesetzte Kapital in eine Beschleunigung der internationalen Expansion zu investieren. Die Preise bei Akquisitionen von nicht konventionellen „Health“-Getränkeanbietern finden nicht selten bei Multiples statt, die sonst nur im Technologiebereich bezahlt werden – umgerechnet auf Thurella mehrere hundert Mio. CHF. Die Immobilien mögen schön sein und die Bilanz stark halten, aber ein organisch verdoppelter Umsatz in absehbarer Zeit würde bei einer Übernahme noch ein paar hundert Mio. CHF für die Aktionäre hinzufügen.

Hohe Liquiditätsquote

Nach den Transaktionen der jüngeren Zeit liegt die Liquiditätsquote des OTC-Musterdepots nun bei 18.7%, was jederzeit die Möglichkeit bietet, bei Gelegenheiten zuzugreifen. Durch den rapiden Dollarzerfall, was auch den Franken attraktiver vs. Euro gemacht hat, haben sich die Marktbedingungen für Schweizer Unternehmen auf den Weltmärkten signifikant verbessert, was auch einige OTC-Unternehmen betrifft. Nicht auszuschliessen, dass ein neuer Kandidat für das Musterdepot aus dieser Ecke kommen wird.

Verpasste Chance bei Holdigaz

Für den Moment scheint das OTC-Musterdepot optimal ausgerichtet; das einzig Bedauerliche ist, dass der Starperformer Holdigaz Anfang 2016 keinen Eingang gefunden hat, weil ein zweiter Versorger im Musterdepot zu defensiv erschien. Zwischenzeitlich hat die Aktie von 140 CHF auf 196 CHF zugelegt und sieht immer noch vielversprechend aus.

Wissenschaft und Wirtschaft

Die öffentliche Diskussion, wer denn nun der Nachfolger als Zugpferd von Zur Rose am OTC-X sein wird, erscheint bestenfalls müssig. Es wird keinen geben. Dafür aber andere Stories, die heute noch gar nicht absehbar sind. Die Märkte sind heute einem beschleunigten Wandel unterworfen, der Technologie, sozio-kulturelle Strukturen und auch viele Prozesse beinhaltet, derer wir uns kaum bewusst sind. Wenn beispielsweise, wie aktuelle Forschungsergebnisse nahelegen, die Temperaturen weiter ansteigen und Phänomene wie Wet Bulbs (Hitze-Feuchtigkeits-Blasen von kontinentalen Ausmassen) verstärkt oder dauerhaft auftreten, droht auch dem Menschen ein Massenaussterben, weil seine evolutionäre Körperkühlung bei dauerhaft 40 Grad Celsius und mehr versagt. Wie wären wohl die Perspektiven der Autohersteller und -zulieferer und des Transportgewerbes dann? Oder entlang der sogenannten „Wertschöpfungskette“ bei fossilen Brennstoffen?

Risiken und Chancen

Mit den Risiken des Wandels gehen jedoch immer auch die entsprechenden Chancen einher. So ist zu erwarten, dass immer mehr private und institutionelle Anleger Carbon- und Climate-Change-Risiken aus ihren Portfolien verbannen werden und eher nachhaltig investieren. Das wird aufgrund der gesteigerten Nachfrage bei den relevanten Aktien wie Thurella, WWZ und Espace Real Estate zu einem säkularen Aufwärtstrend führen – und umgekehrt zu Abflüssen bei denjenigen, bei denen solche Risiken, oft noch unerkannt, schlummern. Mit hoher Sicherheit ist in der allgemeinen heutigen Unbekümmertheit in Anlagefragen ein disziplinierter und scharfer Blick auf die Risiken des umfassenden Wandels wichtiger als in den letzten Jahrzehnten. So kann die gefährliche Hitzewelle „Luzifer“ auch wichtige Erkenntnisse liefern, wenn denn das Licht, spanisch: luz, auf die Missstände und Ursachen fällt – und eine Veränderung initiiert.

Unternehmen Kaufkurs aktueller Kurs Stück in CHF Performance
Bernexpo Holding 396 525 25 13’125 32.6%
Biella 4075 4’700 3 14’100 15.3%
WWZ 13800 15’000 1 15’000 8.7%
SSE Holding 3100 3’050 3 9’150 -1.6%
Thurella 100.63 142 160 22’720 41.1%
Weleda 2950 3’650 4 14’600 23.7%
Zur Rose Verkauft
Espace Real Estate 148.9 163 110 17’930 9.7%
Rapid Holding 437 480 50 24’000 9.8%
Cendres+Métaux 7166.7 10’500 3 31’500 46.5%
162’125
Cash 37’242
Performance gesamt       199’367 96.1%
BEKB Liquidity Index 965.6 1163.75 20.5%
Start: 6.1.15, Start fiktiv mit 101’673 CHF; Stand: 7.04.17

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