Der europäische Online-Apothekenmarkt und die beiden Marktführer sind weiterhin von hohen Wachstumsraten gekennzeichnet. Doch die Aktienkursentwicklung lässt viele Wünsche offen.
Die Zur Rose Group steigerte den Umsatz 2017 um 11.8% auf 983 Mio. CHF. Das überraschte die Marktteilnehmer offensichtlich positiv, denn der Aktienkurs sprang von 135 CHF auf in der Spitze 143.30 CHF. Immerhin! Zu den erbaulichen Aussagen in der Medienmitteilung zählen das im vierten Quartal beschleunigte Wachstum, der starke Zuwachs im wichtigen deutschen Markt und auch der bessere Geschäftsgang im Heimatmarkt Schweiz. Die testierten Zahlen inkl. EBITDA, EBIT und Reingewinn folgen allerdings erst im Rahmen der Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2017 am 21. März 2018.
Trotz Kurssprung bleibt Zur-Rose-Aktie unter Hoch
Seit dem Börsengang Anfang Juli 2017 haben die neuen Aktionäre von Zur Rose den Höchstkurs von 159.90 CHF nicht wiedergesehen. Das Tief wurde im September bei 117.60 CHF verzeichnet. Das zwischenzeitlich erreichte Hoch lag bei 145 CHF, und das scheint auch eine Widerstandszone zu sein, die erst einmal nachhaltig überwunden werden muss, bevor kühnere Kursziele ins Auge gefasst werden können. Auf die kritischen Punkte war Ende Juni in „Zur Rose: Vier offene Fragen für neue Investoren“ noch vor dem IPO speziell hingewiesen worden.
Umsatzwachstum zulasten der Gewinnentwicklung
Der offensichtlich schwerwiegendste Faktor bei der Kursentwicklung ist die Bewertung. Zwar lässt sich argumentieren, dass Zur Rose (und Shop Apotheke) die hohen Wachstumserwartungen erfüllen und somit in die ambitionierten Bewertungen schnell hineinwachsen, die von den Investoren an den jeweiligen Börsenplätzen bereits zugestanden werden. Andererseits ist Wachstum nicht alles, die Investoren wollen auch möglichst steigende Gewinne, zumindest in der absehbaren Zukunft, sehen.
Shop-Apotheke-Kurs sinkt seit Übernahme der Muttergesellschaft
Es scheint auch, als ob bei Shop Apotheke, trotz Wachstumsraten um 60% wie versprochen, die Bewertung höchst irrationalen Schwankungen unterworfen ist, die von externen Einflüssen bestimmt sein müssen. Der Aktienkurs der Shop Apotheke lag Ende Juni 2017 unmittelbar vor dem kurzfristig angekündigten IPO von Zur Rose bei 43 Euro. Nach einer kurzen Schwäche stieg der Kurs dann in mehreren Schüben bis November auf in der Spitze 64,80 Euro. Das fällt zeitlich mit der Übernahme der Muttergesellschaft, der niederländischen Europa Apotheke, zusammen. Seitdem jedoch geht der Kurs fast spiegelbildlich zurück und lag Mitte Januar wieder bei 43 Euro. Über die Kurskapriolen hatte schweizeraktien.net bereits im September berichtet. Viele der seinerzeit aufgeworfenen Fragen bleiben unbeantwortet.
KUV von Zur Rose noch steigerungsfähig
Mit den zeitgleich veröffentlichten vorläufigen Zahlen zu 2017 ist auch ein Vergleich, wenngleich bedingt, möglich. Zu berücksichtigen ist, dass die beiden Übernahmen, Eurapon und Vitalsana, die Zur Rose gegen Jahresende 2017 tätigte, erst 2018 konsolidiert werden. Deren Umsätze in 2017 belaufen sich auf 85 Mio. Euro. Umgerechnet in Euro beträgt der Zur-Rose-Umsatz in 2017 rund 843 Mio. Euro, oder pro forma inkl. der Akquisitionen 930 Mio. Euro. Die Börsenbewertung liegt aktuell bei 760 Mio. Euro. Das KUV 2017 liegt somit bei 0,9, inkl. der Akquisitionen bei 0,8. Noch vor weniger als zwei Jahren hatte das KUV nur 0,1 betragen, bevor die auf OTC-X gehandelte Aktie sich versechsfachte in der Pre-IPO-Rallye!
KUV von Shop Apotheke geht zurück
Bei Shop Apotheke wird die Akquisition Europa Apotheke ab 8. November konsolidiert und trug 25 Mio. Euro zum Umsatz von 284 Mio. Euro in 2017 bei. Anlässlich der Übernahme hatte Shop Apotheke mitgeteilt, dass die beiden Unternehmen pro forma in 2016 auf 318 Mio. Euro Umsatz gekommen sind. Die aktuelle Börsenbewertung von Shop Apotheke beläuft sich auf 550 Mio. Euro, das KUV 2017 beträgt somit fast 2, inkl. der Akquisition allerdings weniger als 1.5. Der Jahresabschluss 2017 wird am 12. März 2018 veröffentlicht.
Deutschlandumsätze von Zur Rose bei 434 Mio. Euro
Im Vergleich sind die veröffentlichten Wachstumsraten bei Shop Apotheke mit 60% höher als bei Zur Rose mit 11.8%. Ein Teil ist dem Basiseffekt geschuldet. So stiegen die Deutschlandumsätze bei Shop Apotheke zwar um 44% auf 209 Mio. Euro, während Zur Rose nur um 15.8% zulegte, allerdings auf 434 Mio. Euro. Der Vergleich hinkt ein wenig, weil Shop Apotheke bis 8. November 2017 keine Umsätze mit verschreibungspflichtigen Medikamenten erzielt. Erst 2018 wird der direkte Vergleich wirklich aussagekräftig sein.
Fazit
Von den Gewinnzahlen sollte nicht zuviel erwartet werden, denn Shop Apotheke nimmt zugunsten hoher Wachstumsraten auch eine negative EBITDA-Marge in Kauf. Zu Rose dagegen ist profitabel, priorisiert jedoch ebenfalls ein beschleunigtes Wachstum, um die Marktanteile weiter auszubauen. Allerdings entfällt bei Zur Rose mit 500 Mio. CHF Umsatz ein signifikanter Teil auf die Schweiz, und dort auf das profitable Selbstdispensationsgeschäft, welches stabile Margen aufweist. Zudem legte gerade dieser Geschäftsbereich mit 6.3% Wachstum in 2017 wieder deutlich zu, nachdem die Wachstumsraten in den Vorjahren bescheidener ausgefallen waren. Der Ausblick ist durchaus positiv, da der Trend der Konsumenten zum Sparen intakt bleibt.