Im Brennpunkt: Warum Immobilienaktien (k)ein sicheres Investment sind

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Real-Estate-Aktien hatten einen wirklich guten Lauf an der Börse im letzten Jahr und auch in den vergangenen Jahren – international und in der Schweiz. Wer frühzeitig auf kotiertes Betongold setzte, kann sich inzwischen über erfreuliche Kurssteigerungen freuen. Und auch die Dividenden sind nicht zu verachten. Die liegen nicht selten bei über 4%. Bleiben Immobilienaktien weiterhin „sichere“ Anlagen oder gibt es ein Alternativszenario?

Die aufgeworfene Frage ist natürlich rhetorisch. Es gibt immer Alternativszenarien – und je sicherer ein allgemein akzeptiertes Paradigma scheint, umso sicherer ist auch, dass ein Wechsel bevorsteht: eine Änderung der Sichtweise der Investoren, die durch unerwartete Ereignisse ausgelöst wird.

QE forever

Denn problematisch an der Hausse der Immobilienaktien ist der Hintergrund, bestehend aus QE ad infinitum sowie einem dauerhaften Niedrig-, Null- und Negativzinsregime. Unter „normalen“ Bedingungen hätte es keinen Anlagedruck wie in den letzten Jahren gegeben, kein Überinvestment und wohl auch keine Immobilienprojekte, die sich in einer normalisierten Zinslandschaft nicht mehr rechnen werden.

KBV auf Rekordniveau

Die Anleger haben bei Immobilienaktien während der Finanzkrise starke Bewertungsabschläge vorgenommen, so dass das durchschnittliche Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) der börsenkotierten Schweizer Immobilienaktien noch vor wenigen Jahren regelmässig weit unter 1 lag. Inzwischen jedoch ist diese Kennzahl auf zeitweilig über 1,3 angestiegen, hat jedoch zuletzt leicht nachgegeben. Oder anders ausgedrückt: Zweifel hat sich in Überschwang gewandelt. Doch was jetzt wie ein Geniestreich der Immobilienunternehmen und -unternehmer sowie ihrer Aktionäre aussieht, ist tatsächlich lediglich eine Funktion der künstlich tiefen Zinsen.

Eine Warnung von der Fed

Obwohl in den USA die Zinswende bereits augenscheinlich angelaufen ist, warnte Fed-Mitglied Williams vor kurzem, dass Immobilienaktien und Residential und Commercial Real Estate so gepreist seien, als ob die tiefen Zinsen langfristig auf dem tiefen Niveau verharren würden. Das kann schon als klare Warnung verstanden werden, denn sehr viel deutlicher werden Notenbanker kaum.

Betongold-Aktien sind sicher?

Kursverlauf der Aktien von Deutsche Wohnen seit 2007. Ende 2008 sank der Kurs auf das Allzeit-Tief von 2,17 EUR. Quelle:comdirect.de

Die Anleger diesseits wie jenseits des Atlantiks scheinen jedoch die Investment Story vom sicheren Betongold mit den steigenden Kursen der Real-Estate-Aktien zunehmend verinnerlicht zu haben und alle Bedenken zu verwerfen. Dabei genügt eigentlich ein Blick auf die letzten Krisen, um zu sehen, dass das Korrekturpotenzial beträchtlich ist. Während der Schweizer Standardwert Allreal zwischen 2007 und 2009 nur von 146 CHF auf 102 CHF stürzte, fiel die Korrektur bei Deutsche Wohnen sehr viel kräftiger aus: von 32 Euro auf 2,17 EUR, also um 93%.

Signale der Überhitzung

Der UBS-Immobilienblasenindex steht aktuell bei 1,00 Indexpunkten. Quelle: ubs.com

Die Nachfrage ist zwar insbesondere in den Ballungsräumen unverändert hoch, allerdings ist das Preisniveau der Immobilienobjekte mittlerweile ebenfalls hoch und die Mietrendite folglich tief – trotz hoher Steigerungsraten bei den Mieten. In etlichen Kantonen und Regionen gibt es mittlerweile auch nicht wenige Leerstände, weil die Nachfrage an den Lagen überschätzt wurde oder das Preisniveau für Käufer oder Mieter zu wenig attraktiv ist. Eine ganze Anzahl von Standorten wird von den Marktteilnehmern auch als überhitzt eingestuft bzw. von Experten mit Korrekturpotenzial erwartet.

Anlagenot und Überinvestment

Faktoren, die zu dem Ungleichgewicht beigetragen haben, sind die überschätzten Zuwanderungsraten sowie vor allem der Anlagenotstand. Angesichts von seit Jahren dauerhaft niedrigen bis negativen Zinsen bei Termingeldern und Anleihen sind immer mehr Sparer und Anleger auf die in ihrer Einschätzung nächstsichere Anlage – Immobilien – ausgewichen. Nicht nur private Anleger, sondern eben auch institutionelle wie Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen. Die Kapitalsammelstellen müssen ja eine positive Rendite erwirtschaften, um ihre Verpflichtungen gegenüber Anlegern und Pensionären erfüllen zu können, was bei dem gar nicht so grossen Real Estate Markt Schweiz zu einem Überinvestment geführt hat.

Bewertungsgewinne dank DCF-Methode

Was Anleger in Immobilienaktien auch bedenklich stimmen sollte, ist der Fakt, dass ein grosser Teil der Gewinnsteigerungen der Branche auf sukzessive Neubewertungsgewinne der Portfolien zurückzuführen ist. Die Bewertungen werden in der Regel anhand der Discounted Cash-Flow-Methode berechnet. Diese berechnet den Barwert zukünftiger Cash-Flows durch Diskontierung. Sinken die Zinsen, wie in den letzten Jahren, so werden die Mieterträge der nächsten 10 Jahre mit immer tieferen Diskontsätzen abgezinst, was zu einem steigenden Barwert führt.

Perspektive eingetrübt

Aus heutiger Sicht sind weitere Neubewertungsgewinne kaum noch zu erwarten, da sich das Zinsniveau bereits an der Null-Linie bewegt. Umgekehrt wird der Hebel auch in die andere Richtung wirksam sein, wenn sich das Zinsniveau entgegen den allgemeinen Erwartungen wieder in Richtung Normalisierung nach oben bewegt. Dann könnten die Gewinne der Immobilienunternehmen trotz vielleicht steigender Mieterträge rückläufig sein, weil bei den Bewertungen ein höherer Diskontsatz angesetzt werden muss. Gegenwärtig scheint es, als ob die Marktteilnehmer eine solche Entwicklung nicht für möglich halten, denn die meisten Immobilienaktien liegen noch nahe ihrem Rekordniveau.

Eine analytische Momentaufnahme

Wer allerdings genau hinschaut, sieht, dass viele Werte ihr Hoch bereits hinter sich gelassen haben und in einen Korrekturmodus übergegangen sind. Als Korrektur wird heutzutage ein Kursverlust von 10% definiert, ein Bärenmarkt als 20% Kursverlust. Dies ist zwar willkürlich, aber dennoch allgemein akzeptiert.

Analytische Kennziffern einiger Schweizer Immobilienwerte

Aktie Höchstkurs Kurs 8.8.18 Veränderung KBV KGV Dividendenrendite
Allreal 187.8 154.3 -17.80% 1.31 15.8 3.70%
BFW Liegenschaften 46 42.6 -7.40% 1.16 12.8 3.20%
Investis 67.8 60 -11.50% 1.23 15 3.90%
Mobimo 281.5 243.5 -13.50% 1.22 10.3 4.10%

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