Bereits in den 1990er Jahren gegründet, wurde aus dem einstigen Importeur von skandinavischer Medizintechnik SKAN bis heute der Markt- und Technologieführer im Bereich der modernen Reinraumtechnik. Die Isolatoren für die aseptische Abfüllung von Medikamenten und Vakzinen erfahren insbesondere seit Beginn der Pandemie eine rege Nachfrage, nicht nur von Biotech- und Pharma-Unternehmen, sondern auch von Forschungsinstitutionen und Contract-Manufacturing-Unternehmen. Der Börsengang Ende Oktober 2021 war ein voller Erfolg. Erstzeichner verzeichnen bislang über 50% Gewinn. Im schweizeraktien.net-Interview gibt CEO Thomas Huber spannende und interessante Ein- und Ausblicke.
Herr Huber, Sie sind seit 25 Jahren bei SKAN und haben die Evolution des Unternehmens vom Importeur zum Marktführer bei Isolatoren begleitet und spätestens seit der Berufung zum CEO 2017 auch wesentlich mitgestaltet. Wie haben Sie das IPO an der SIX erlebt?
Das war sicherlich auch für mich eine sehr spannende Zeit. Ich durfte die Geschichte der SKAN erzählen, die ich selbst miterlebt habe und seit geraumer Zeit auch mitgestalten darf. Der erfolgreiche Börsengang und das grosse Interesser der Investoren bestätigen, dass wir als SKAN einiges richtig gemacht haben.
Was haben Sie sich nun für die „public company“ SKAN für die nächste Zukunft vorgenommen?
Wir haben bereits 2019 eine Fünfjahres-Strategie verabschiedet, als noch niemand an ein IPO dachte. Das Ziel ist nun, diese Strategie erfolgreich umzusetzen – genauso, wie wir es als private Gesellschaft getan hätten.
Hat sich seit dem Börsengang etwas am Geschäftsverlauf geändert? Oder bleiben die zum IPO genannten Ziele bei Umsatzwachstum, EBITDA-Marge und Auftragseingang intakt?
Der Börsengang hat nichts am Geschäftsverlauf verändert. Wir hatten unsere Wachstumspläne schon vorher dargelegt und werden diese Ziele konsequent weiterverfolgen.
Können Sie eine Indikation zur ersten Dividendenzahlung als Publikumsgesellschaft geben?
SKAN wird auch als kotierte Firma ihre bisherige Dividendenpolitik beibehalten und 30% des erzielten Nettogewinns an die Aktionäre ausschütten.
Ist SKAN von Lieferengpässen bei Materialien, Komponenten oder Chips betroffen? Wie sieht Ihre Policy aus?
Die Lieferengpässe betreffen derzeit die Wirtschaft weltweit, also auch uns. SKAN konnte bislang ihre Lieferverpflichtungen gegenüber den Kunden jederzeit einhalten, und wir setzen alles daran, dass dies so bleibt. Zugute kommt uns die Natur unseres Geschäfts: Unsere Anlagen werden zum überwiegenden Teil gemäss den spezifischen Anforderungen der Kunden hergestellt. Das erfordert vorab eine beträchtliche Planungs- und Engineering-Phase. Wir haben unsere Prozesse so umgestellt, dass wir kritische Komponenten früher im Projekt bestellen, sodass sie auch bei längerer Lieferfrist immer noch rechtzeitig eintreffen.
Fachkräfte sind zunehmend ein Engpassfaktor. Bei SKAN sind die interdisziplinären Anforderungen womöglich noch schwieriger zu erfüllen. Wie finden Sie die richtigen Mitarbeitenden in entsprechender Anzahl?
Wir schätzen uns glücklich, dass wir die benötigten Mitarbeitenden bisher stets finden konnten. Ich führe das auf zwei Vorteile zurück: Zum einen verfügt das Dreiländereck Basel über ein grosses Einzugsgebiet, und die Region bietet eine hohe Standortattraktivität. Zum anderen investiert SKAN sehr viel in die Arbeitsumgebung und Arbeitskultur. Unser neuer Hauptsitz in Allschwil bietet eine nach modernsten Gesichtspunkten gestaltete Arbeitsumgebung mit Begegnungszonen und Rückzugsmöglichkeiten. Dann fördern wir eine Unternehmenskultur mit einem hohen Mass an Eigenverantwortung – wer das sucht und etwas bewegen will, ist bei uns genau richtig. Und nicht zuletzt bieten wir eine sinnstiftende und erfüllende Tätigkeit: Wir stellen sicher, dass Medikamente wie aktuell COVID-Impfstoffe hergestellt werden können und sind gleichzeitig bestrebt, dies so nachhaltig und umweltkonform wie möglich zu tun.
Nach den Informationen auf Ihrer Homepage waren zuletzt 800 Ihrer Isolatoren bei Kunden installiert. Bedenkt man den SKAN-Weltmarktanteil von 25%, im Premiumsegment 35%, so erscheint das wie wenig im Hinblick auf die monumentale globale Impf-Mission, aber auch mit Blick auf das erwartete starke Wachstum von neuen Gen- und Zelltherapien, die zu 75% injiziert werden. Können Sie unseren Lesern mit Ihrer professionellen Perspektive zum Durchblick verhelfen?
Die Isolator-Technologie stellt die Weiterentwicklung und Verbesserung des klassischen Reinraums dar. Früher wurden Medikamente meist terminal sterilisiert, sprich: am Ende des Abfüllprozesses erhitzt. Zwar ist diese Methode sicher, da sie nach der Abfüllung beispielsweise eines Vials durchgeführt werden kann. Heute sind aber immer mehr Produkte in der Biotechnologie oder der Zell- und Gentechnologie hitzeempfindlich. Sie können nicht mehr terminal sterilisiert werden, sondern müssen unter aseptischen Bedingungen hergestellt werden. Und hier kommt unsere Technologie zum Einsatz. Wenn man bedenkt, wie lange in der Pharma-Branche die Entwicklung eines Produkts bis zur Freigabe durch die Behörden dauert, sind 800 Anlagen eigentlich schon recht viel und vor allem – es werden künftig mit Sicherheit noch viel mehr.
Über die Wettbewerber ist wenig bekannt, natürlich auch, weil sie in privater Hand sind. Wie ernst nehmen Sie die etablierten westlichen Konkurrenten, und was erwarten Sie längerfristig von Aspiranten in asiatischen Ländern?
Wettbewerb muss man immer sehr ernst nehmen. Wettbewerb belebt den Markt und treibt uns alle an, morgen noch besser zu sein. Dies kommt der Innovation, der Qualität und letztlich den Patienten zugute. SKAN hat es in den vergangenen Jahren geschafft, signifikant schneller zu wachsen als die Wettbewerber, und heute sind wir nicht nur Marktführer, sondern auch Technologieführer. Ich bin zuversichtlich, dass das auch so bleiben wird.
Die Aspiranten aus Asien darf man ebenfalls nicht unterschätzen. Unser Vorteil ist, dass die Qualität der Medikamente über allem steht. Kein Kunde will diesbezüglich Kompromisse eingehen. Für neue Anbieter – sei es aus dem Westen oder aus dem Osten – ist es deshalb ein sehr langer Weg, um in diesem sehr anspruchsvollen Markt Fuss zu fassen.
Teil Ihrer Strategie ist es ja, den Umsatzanteil der Services zu erhöhen. Was kann sich der Leser unter „pay-per-use“-Modellen vorstellen? Für welche Kundenkreise ist das interessant, und wie skalierbar ist es?
Pay-per-use bedeutet, dass wir dem Kunden in Zukunft nicht mehr nur eine Anlage verkaufen, sondern ein umfassendes Service-Paket, das neben der Anlage zahlreiche bestehende und neue Dienstleistungen beinhaltet. Eigentlich ein „Rundum-sorglos-Paket“. Der Kunde bezahlt die Dienstleistungen, die er bezieht und so lange er sie bezieht, und SKAN stellt sicher, dass die Anlage immer bereitsteht.
Nachhaltiges Wirtschaften ist heute für alle Unternehmen wichtig. Wie gehen Sie mit problematischen Stoffen wie Plastik um? Gibt es Lösungen wie Biopolymere, die Plastik ersetzen können?
Unsere Anlagen bestehen im Wesentlichen aus Edelstahl und Glas. Plastik findet kaum Verwendung. Bei unseren Verbrauchsgütern kommt Kunststoff zum Einsatz, da er zumindest im Moment für einige Prozesse unverzichtbar ist. Ob Biopolymere hier mittelfristig als Substitut eingesetzt werden können, hängt von deren Kompatibilität mit Medikamenten ab.
Unter anderem stellen Sie Ihren Kunden „end-of-life“ Services zur Verfügung. Was genau geschieht bei der Verwertung und Entsorgung alter Reinraumtechnik?
Unsere Anlagen haben eine sehr lange Lebensdauer. Nach ca. 15 Jahren ist die Computersteuerung veraltet und nicht mehr kompatibel mit neueren Leitsystemen. Solche alten Anlagen werden in der Regel elektrotechnisch neu ausgerüstet und dann nochmals für viele Jahre betrieben. Diese Retrofitdienstleistung ist ein Geschäft, das für uns noch viel Potenzial bietet. Muss eine alte Anlage wirklich abgebaut werden, entsorgen wir die verschiedenen Komponenten fachgerecht. Der Grossteil ist Edelstahl, der dem Recycling zugeführt wird.
Der Investitionszyklus in der Reinraumtechnik umfasst bis zu 20 Jahre. Bedenkt man die enormen Fortschritte in der Gentechnologie, im Airflow-Modelling, in der Automation etc., müsste da nicht eigentlich eine massive Investitionsoffensive der stets kompetitiven Life-Sciences-Unternehmen erfolgen? Wie sehen Sie das?
Das sehe ich genauso. SKAN steht hier mit ihren Produkten und Dienstleistungen ganz vorne und ist bereit, diese neuen Trends und Technologien zu bedienen.
Einen Schwerpunkt legen Sie ja auch auf die Digitalisierung, nicht zuletzt wegen des Kostensenkungspotenzials. Wie kann man sich die Nutzung von künstlicher Intelligenz und Remote Testing beispielsweise konkret vorstellen?
Entsteht heute in einer Anlage in Brasilien ein Problem, steigt ein Ingenieur ins Flugzeug und fliegt dorthin, um es zu beheben. Es dauert lange, bis er vor Ort ist, während sich das Problem häufig in kurzer Zeit lösen lässt. Dank Augmented Reality haben unsere Experten die Möglichkeit, von ihrem Arbeitsplatz aus genau das zu sehen, was der Kunde vor Ort sieht, und ihm direkt Anweisungen zu geben. Das spart nicht nur viel CO2, sondern löst auch das Problem viel schneller.
Künstliche Intelligenz unterstützt uns bei der vorsorglichen Wartung. Wir können so Bauteile identifizieren, die kurz vor Ende ihrer Lebensdauer stehen, und sie vorsorglich ersetzen. Für den Kunden bedeutet das eine höhere Verfügbarkeit seiner Anlage, was ein grosser Vorteil ist.
Sind Sie dem Ziel, für die Kunden ein „One-stop-shop“ zu sein, während der letzten zwei Jahre nähergekommen? Wie wollen Sie den „Burggraben“ für Wettbewerber sonst noch vertiefen?
Kunden, die sich für eine One-stop-shop-Lösung entscheiden, bedienen wir aus einer Hand mit unseren Dienstleistungen; und wir stellen sicher, dass alles reibungslos abläuft. Der Burggraben gegenüber dem Wettbewerb aufgrund unseres umfassenden Dienstleistungsangebots und unserer Qualität ist in den vergangenen Jahren tiefer geworden. Und es sieht ganz danach aus, dass er in Zukunft noch tiefer werden wird.
Vielen Dank für die vertieften Einblicke, Herr Huber. Das werden unsere Leser zu schätzen wissen.