NZZ Mediengruppe: Geld verdienen mit Publizistik

2021 war das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr im letzten Jahrzehnt

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«Die Schweiz braucht keinen subventionierten Journalisten», so der Titel über einem NZZ-Kommentar im Januar 2022 kurz vor der Abstimmung über das Medienpaket, das bekanntlich vom Souverän bachab geschickt wurde. Das waren klare Worte des liberalen Medienleuchtturms NZZ, wie man sie allerdings auch nicht anders erwartet hätte. Obwohl auch dem Haus an der Falkenstrasse das eine oder andere zusätzliche Milliönchen sicher willkommen gewesen wäre.

Aber eigentlich hat man sie in Zürich nicht nötig, die Millionen der Steuerzahler, denn die NZZ Mediengruppe hat 2021 ein hervorragendes Geschäftsjahr hingelegt. Und das nicht nur im Vergleich zum «Corona-Jahr» 2020, sondern auch gemessen an dem «normalen» 2019.

Umsatzwachstum in allen Bereichen

Es sei gelungen, das Geschäftsmodell erfolgreich zu transformieren, schreibt die NZZ im Geschäftsbericht. Das führte zu Umsatzwachstum in allen Bereichen, sowohl im Nutzer- und Werbemarkt, im Veranstaltungsgeschäft als auch bei den Beteiligungen, und hier insbesondere im Rahmen des Joint Ventures CH Media. Der betriebliche Gesamtertrag stieg auf 239.5 Mio. CHF, nach dem Taucher im Jahre 2020 auf 221 Mio. CHF. Selbst vor Corona, im Jahre 2019, lag der Umsatz mit 231 Mio. CHF um 4% unter dem Gesamtertrag des letzten Jahres.

Geld verdienen mit Journalismus

Im Gegensatz zu der TX Group oder Ringier hat die NZZ keine Marktplätze in ihrem Portfolio, die das Gesamtergebnis aufhübschen könnten. Man konzentriert sich seit Jahren fast ausschliesslich auf den Journalismus, angereichert mit Veranstaltungen wie dem Swiss Economic Forum oder dem Zurich Film Festival. Dabei zeigt sich: Geld verdienen lässt sich auch im strukturell immer komplizierter werdenden Markt des geschriebenen Wortes.

So konnte die NZZ den Lesermarktumsatz signifikant um 4% oder 3.8 Mio. CHF steigern. Treiber dieses Wachstums seien vor allem die digitalen Produkte, mit denen zusätzlich neue Zielgruppen und neue Märkte hätten erschlossen werden können, schreibt die NZZ im Geschäftsbericht. Insgesamt hat die NZZ im journalistischen Kerngeschäft ein EBIT von 10 Mio. CHF erwirtschaftet, dies entspreche einem 10 Jahres-Höchstwert.

Digitaler Werbemarkt erstmals stärker als Print-Inseratemarkt

Auch im strukturell rückläufigen Werbemarkt lief es gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich besser. Beim digitalen Werbemarkt habe sich erneut eine markante Umsatzsteigerung gezeigt, so der Geschäftsbericht. Dabei hätten die Erträge aus dem digitalen Werbemarkt erstmals die Umsätze aus dem klassischen Print-Inseratemarkt überstiegen. Insgesamt stieg der Ertrag im Werbemarkt gegenüber 2020 um 21% resp. 13.6 Mio. CHF.

«Das Wachstum im Nutzer- und Werbemarkt zeigt, dass unsere Strategie mit Fokus auf Publizistik und den Nutzermarkt Früchte trägt», wird NZZ-CEO Felix Graf in einer Pressemitteilung dazu zitiert.

Deutliche Steigerung der Profitabilität

Mit 24.2 Mio CHF lag das operative Ergebnis auf Stufe EBIT 6.6 Mio. CHF oder 38% über dem Vorjahr und mit 39% noch etwas deutlicher über dem Jahr 2019. Unter dem Strich erwirtschaftet die NZZ Mediengruppe ein Ergebnis von 22.9 Mio. CHF, 50% mehr als 2020.

Damit kommen die Aktionäre nach einem ausschüttungslosen 2020 für 2021 wieder in den Genuss einer Dividende. Der Verwaltungsrat beantragt gegenüber der Generalversammlung eine Dividende von 250 CHF, womit diese gegenüber dem Vorpandemie-Jahr 2019 um 25% ansteigt. Eine Dividendenzahlung ist auch deshalb möglich, weil die 2021 von der NZZ AG bezogenen Corona-Unterstützungsleistungen im Bereich der indirekten Presseförderung zurückbezahlt  wurden.

Wechsel im Verwaltungsrat

Die langjährige Verwaltungsrätin Carolina Müller-Möhl hat sich entschieden, nicht mehr zur Wiederwahl in den Verwaltungsrat anzutreten. Als Nachfolgerin schlägt der Verwaltungsrat der GV Laura Meyer vor, die seit Anfang 2021 CEO der Hotelplangruppe ist. Laura Meyer gab 2014/2015 ein kurzes operatives Gastspiel bei der NZZ als Head Key Account Manager, bevor sie zur UBS wechselte.

Ausblick

Beim Ausblick bleibt die NZZ, trotz der guten Entwicklung in 2021, vorsichtig. Die kommenden Monate blieben sowohl im Nutzer- als auch im Werbemarkt unsicher, schreiben VRP Etienne Jornod und CEO Felix Graf im Vorwort des Geschäftsberichts. Es sei 2021 trotz wiederkehrender News-Spitzen mit hohen Zugriffszahlen eine gewisse Abschwächung bei der Reichweiteentwicklung  von Medien zu beobachten. Die Fortsetzung des bisherigen Wachstumspfads bliebe daher anspruchsvoll.

Fazit

Die NZZ hat ein überzeugendes Geschäftsjahr 2021 hingelegt. Und das mit Publizistik! Natürlich profitiert das Haus von den Krisenzeiten, das Informationsbedürfnis während der Corona-Pandemie war und ist hoch. Genauso dürfte sich der Ukraine-Krieg auf den Nutzermarkt auswirken, insbesondere auf die Online-Zugriffszahlen.

Aber neben den externen Gründen für das beachtliche Wachstum gibt es auch die hausgemachte Strategie. Die Erschliessung und der stetige Ausbau des Büros in Berlin zur Abdeckung Deutschlands ist eine Erfolgsgeschichte, die Anzahl der Mitarbeitenden an der Spree wurde gerade auf 20 verdoppelt. Hinter diesem Ausbau steht ein klarer Wachstumsplan: Mit einem optimierten und auf die Leserschaft in Deutschland zugeschnittenen Angebot sollen in Deutschland zusätzliche Marktanteile gewonnen werden.

Erfreulich auch, dass die Einnahmen aus dem digitalen Werbemarkt erstmals diejenigen des klassischen Print-Werbemarkts übersteigen. Man befindet sich bei der NZZ hier auf dem richtigen Weg. Denn strukturell wird der Print-Werbemarkt weiter zurückgehen. Und irgendwann wird das Haus NZZ nicht mehr darum herumkommen, sich ganz von der gedruckten Tageszeitung zu verabschieden. Zumal sich das Unternehmen jetzt Nachhaltigkeit gross auf die Fahnen schreibt. Aber wenig Dinge sind so wenig nachhaltig wie eine gedruckte Tageszeitung, die nach einmal lesen im Altpapier landet.

Kursverlauf der NZZ-Aktie in den letzten drei Jahren. Quelle: otc-x.ch

Die Aktien der AG für die Neue Zürcher Zeitung werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 6900 CHF für eine Aktie gezahlt, damit notiert sie leicht unter dem Buchwert von 6952/Aktie. Der Kurs spiegelt wider, dass das Haus NZZ seine Strategie in den letzten Jahren erfolgreich geschärft hat: Noch 2019 bewegte sich der Preis der Aktie um 4500 CHF herum. Mit einer Dividenden-Rendite von 3,7% rentiert sich ein Investment in die NZZ Aktie. Zu beachten ist, dass nur Aktionäre mit der „richtigen Gesinnung“, nämlich der liberalen, zum Kauf berechtigt sind. 

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