Wie sich schon abgezeichnet hatte, fielen 2024 sowohl die Anzahl der gobalen Börsengänge wie auch die Emissionsvolumina. Während Indien, Europa und die USA aufdrehten, setzte sich die IPO-Malaise in China beschleunigt fort. Wie ist der Ausblick auf 2025?
Die Perspektiven für die IPO-Märkte bleiben 2025 weiterhin gemischt. Obwohl die Erwartungen für Börsengänge an der SIX am letzten Jahreswechsel hoch waren, hat sich am Ende doch nur das IPO von Galderma tatsächlich materialisiert. Die «zahlreichen Kandidaten in der Pipeline» der SIX hielten sich im Jahresverlauf bedeckt. Dennoch gab es zum Jahresende hin mit dem Spin-off des Swisscom-Wettbewerbers Sunrise einen weiteren Neuzugang an der SIX. In der globalen Jahresbilanz nimmt Galderma eine herausragende Position ein. Mit einem Emissionserlös von 2.6 Mrd. USD kommt das Schweizer Unternehmen auf Rang 5.
Top 5 IPOs des Jahres
Höhere Emissionserträge erzielten nur die Immobiliengesellschaft Lineage in den USA mit 5.1 Mrd. USD, die in den Bereichen Klimaanlagen, Automation und Robotik tätige Minea Group in China mit 4.6 Mrd. USD, Hyundai Motor India mit 3.3 Mrd. USD und das Modemarken-Unternehmen Puig in Spanien mit 2.9 Mrd. USD. Die Galderma-Performance für Erstzeichner ist mit 89,9% brillant. Gemessen am ersten bezahlten Kurs von 61 CHF beträgt die Performance 65%.
Globalstatistik 2024
Diese kurze Liste der Top 5 IPOs des Jahres zeigt schon, wie sich die Schwerpunkte nach Branchen wie auch nach Regionen verlagern. Gegenüber dem Vorjahr ging die Anzahl der IPOs laut dem EY IPO-Report um 10% auf 1215 zurück. Das Volumen sank nur um 4% auf 121.2 Mrd. USD. Ein gutes Zeichen im vierten Quartal ist, dass das Emissionsvolumen um 70% auf 43 Mrd. USD geklettert ist, während die Anzahl der IPOs mit 343 um nochmals 7% tiefer ausfiel.
Emissionsvolumen in Europa höher
In Europa fiel im Gesamtjahr 2024 zwar die Zahl der Börsengänge von 148 auf 125, doch das Volumen erhöhte sich um 41% auf 19.1 Mrd. USD. In Deutschland gab es nur sieben Börsengänge, von denen Douglas mit 1 Mrd. USD Emissionsvolumen der grösste war und der Fachverlag Springer Nature mit 0.67 Mrd. USD der zweitgrösste.
Starker IPO-Trend an der Wall Street
In den USA florierten die Börsengänge, nicht zuletzt, weil eine feste Börsentendenz das richtige Klima dafür bot. Nach 127 IPOs in 2023 stieg die Zahl auf 183. Die Emissionserträge erhöhten sich ebenfalls kräftig von 22.2 Mrd. USD im Vorjahr auf nun 32.7 Mrd. USD.
Boom-Markt Indien
Auch in Indien entwickelte sich das IPO-Geschäft prächtig. Mit 330 Börsengängen lag der Wert um 36% über dem Vorjahr. Noch stärker stieg das Volumen, das mit fast 20 Mrd. USD um 150% höher als im Vorjahr ausfiel – und inzwischen auch höher als das chinesische Emissionsvolumen ist.
Chinesisches Emissionsvolumen rückläufig
Ein ganz anderes Bild zeigt sich an den Primärmärkten in China. An den vier chinesischen Börsenplätzen inklusive Hongkong fanden 2024 noch 170 IPOs statt, im Vorjahr waren es 387 Börsengänge gewesen. Das Emissionsvolumen sackte von 57,2 Mrd. USD auf 19.8 Mrd. USD ab.
Deflationsgefahr in China
Der weitere Ausblick bleibt gemischt. Bisher konnten die umfangreichen Stimulierungsmassnahmen in China noch keine Trendwende an den Primärmärkten bewirken. Die andauernden Schwierigkeiten im Immobilien-Sektor drücken auf die Laune der Konsumenten und Investoren. Die Arbeitslosigkeit ist besonders bei jungen in den Arbeitsmarkt eintretenden Arbeitskräften hoch und steigend. Seit kurzem wird die Arbeitslosenquote der Jugend in der offiziellen Statistik zum Arbeitsmarkt gar nicht mehr gesondert ausgewiesen. Viele Experten sehen die wachsende Gefahr einer Deflation, was auch in der mittlerweile schrumpfenden Bevölkerungszahl begründet ist. 2023 wurden über 14’000 Kindergärten geschlossen.
Kann Europa die Struktur-Krise überwinden?
In Europa sind die wirtschaftlichen Perspektiven gedämpft. Die Industrie schwächelt insbesondere in Deutschland, wohl, weil sie zu stark auf Automobile, Stahl, Chemie ausgerichtet ist und zunehmend an internationaler Wettbewerbsfähigkeit einbüsst. Die Umsätze und Gewinne der 100 grössten börsenkotierten deutschen Unternehmen sind 2024 deutlich rückläufig. Auch die politische Entscheidungsfähigkeit in der EU scheint kompromittiert, die Einigkeit der EU-Länder droht in vielen zentralen Punkten auseinanderzufallen. Mit dem Draghi-Plan ist zwar die richtige Richtung für eine Investitionsinitiative zur Bewahrung respektive Wiederherstellung von Autarkie sowie wirtschaftlicher und militärischer Stärke gewiesen, doch konkrete Schritte lassen auf sich warten.
Europäische Primärmarktaktivität unter Potenzial
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die europäischen Börsen 2024 kaum voran kamen, was zu einer nur beschränkten Anzahl von Börsengängen führte. In der Schweiz waren bis zu 15 IPO-Kandidaten in der Pipeline – nur eines fand statt. Positiv mit Blick auf 2025 ist, dass mit weiteren Zinssenkungen durch SNB und EZB gerechnet wird. Da die Bewertungen an den europäischen Börsen vergleichsweise tief sind, besteht durchaus Potenzial für Avancen an den Aktienmärkten sowie für mehr Interesse an Börsengängen. Glaubt man den Dienstleistern des IPO-Marktes, sind die Pipelines gefüllt. Für die Schweiz werden hinter vorgehaltener Hand rund sechs IPOs erwartet. Zu bedenken ist, dass seit 2019 nur 11 echte IPOs an der SIX stattfanden, davon fünf in 2021 und drei in 2019. Für Deutschland beziffert EY das Potenzial auf bis zu 10 Börsengänge in 2025.
Aebi Schmidt geht nicht an die SIX
Allerdings gibt es stets auch Alternativen. So ging der heiss erwartete Schweizer Börsenkandidat Aebi Schmidt kurz vor Weihnachten auf dem Weg eines Reverse Mergers mit der Shyft Group an die Nasdaq. Mehrere Anwaltskanzleien prüfen nun, ob die Transaktion zu fairen Bedingungen für die Shyft-Aktionäre durchgeführt wird oder Sammelklagen eingereicht werden sollen. Die Aebi-Schmidt-Aktionäre sollen nach vollzogenem Merger 52% am neuen Unternehmen halten. Peter Spuhler wird ca. 35% der Aktien halten.
Die zweite Ära Trump
Mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Trump am 20. Januar beginnt eine neue Zeitrechnung. Die angekündigten Zölle für Importe werfen ihre Schatten schon voraus. So kalkuliert die Fed nun mit inflationärem Druck, was den Spielraum bei den weiteren Zinssenkungen einschränkt. Andererseits werden die geplanten Steuersenkungen die Entwicklung der US-Unternehmensgewinne positiv beeinflussen. Die vorgesehene weitere Deregulierung im Finanzwesen dürfte das M&A-Geschäft stimulieren und sich auch positiv auf die IPO-Märkte in den USA auswirken. Die Entwicklung der Staatsfinanzen ist jedoch kritisch. Ob und wie lange sich die aktuell überschwängliche Stimmung an den US-Börsen fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob sie auf die europäischen Märkte überschwappt.