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Partners Group & Co.: Jetzt antizyklisch Discount-Kurse sichern!

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Partners Group ... Bild: stock.adobe.com
Partners Group ist mit einer Marktkapitalisierung von über 24 Mrd. CHF der grösste Player in der Schweizer Private Equity Industrie. Bild: stock.adobe.com

Private Equity Fonds sind nichts Neues, doch in der Regel nur ab Anlagesummen zugänglich, die den meisten Privatanlegern unerreichbar, mindestens jedoch unbequem hoch erscheinen. Doch es gibt auch Alternativen für handliche Anlagebeträge, denn einige Unternehmen mit Private Equity Bezug sind an der Börse gelistet und dementsprechend börsentäglich handelbar.

Das Beste aus zwei Welten?

Das klassische Modell eines Fonds für ausserbörsliche Unternehmensbeteiligungen, auf neudeutsch «Private Equity» ist einfach, aber aus Anlegersicht etwas unbequem: Der Investor verpflichtet sich, seinen Kapitalanteil am Fonds verteilt über die kommenden – zumeist fünf – Jahre in Tranchen einzuzahlen – und zwar immer dann, wenn der Fondsmanager Geld in Beteiligungen an Unternehmen investieren möchte. Seine Einzahlungen plus Rendite erhält er ebenso tranchenweise zurück, wenn der Fondsmanager weitere Jahre später die Beteiligung verkauft hat. Das «Wann» und «Wieviel» steht also nicht fest – nicht einmal, in welche Firmen das Geld vorübergehend angelegt wird. Nur das Anlagethema und die juristischen Eckdaten sind von Beginn an bekannt, und dazu auch die (hoffentlich gute) bisherige Performance des Fondsmanagers. Neben der unbequemen Liquiditätssteuerung gehört die schwierige Handelbarkeit derartiger Fondsanteile zu den typischen Herausforderungen dieser Anlageklasse.

„Buy one – pay half!“

Einige Private Equity Fonds sind jedoch in der Form von Aktiengesellschaften gestaltet, d.h. ohne fixierte Laufzeit, ohne weitere Kapitaleinzahlungspflicht und dafür kleingestückelt und leicht kauf- und verkaufbar: Statt beispielsweise 200’000 CHF Mindestzeichnungsbetrag ist man bereits mit einer Aktie zu 8 CHF dabei. Doch während der klassische Fonds mit definierter Laufzeit das Investment nach einmaliger Benutzung an seine Anleger zurückgibt, kann eine auf unbestimmte Laufzeit ausgelegte Fonds-AG nur den Überschuss als Dividende auszahlen und nicht genutzte Liquidität eingeschränkt über Aktienrückkäufe zurückgeben. Für den Investor gibt es leider keine Garantie, dass er beim Verkauf über die Börse den anteiligen Nettowert seines Anteils als Preis erzielt. Beim Einstieg hilft der Markt vor allem dieser Tage mit einem erstaunlich grossen Risikopuffer, denn viele Listed Private Equity Papiere werden mit einem erheblichen Abschlag auf ihren inneren Wert gehandelt. Was gibt es Schöneres für Investoren mit Geduld, als einen Franken für 50 Rappen einzukaufen?

Was darf es sein: Portfolio-Halter oder Fondsmanager?

Die Portfolio-Bestandshalter leiden unter sinkenden Börsenkursen, die mit zeitlichem Versatz in den folgenden Quartalsberichten zu sinkenden Bewertungen unkotierter Unternehmen führen, die Angst vor weiteren Wertrückgängen sorgt für überproportional sinkende Aktienkurse und sich weiter öffnende Lücken zwischen Preis und innerem Wert der Aktien. Die Finanzierungssituationen aller betrachteten Portfoliohalter stellt sich sehr solide dar: Offene Zahlungsverpflichtungen sind in einem vernünftigen Verhältnis zum verfügbaren Vermögen, Verbindlichkeiten kommen eher selten vor.

Nicht jede Aktie aus der Branche funktioniert jedoch wie ein Fonds, der gemäss dem einen oder anderen Stil oder mit Branchenfokus investiert und in dem Unternehmensbeteiligungen zum Zwecke eines mehrwertstiftenden Verkaufs gepflegt werden. Es gibt auch Anteile an den Managementgesellschaften zu kaufen, mit denen man sich nicht an einem Portfolio beteiligt, sondern an den Einnahmenströmen aus Managementvergütung, Gewinnbeteiligung und Beraterhonoraren.

Der wohl einzige prominente Vertreter der Branche auf dem Schweizer Börsenzettel, die in Baar ZG ansässige Partners Group, bringt es auf eine Marktkapitalisierung von 24.3 Mrd. CHF bei einem verwaltetem Vermögen von 131 Mrd. CHF per Juni 2022, das sich auf zahlreiche Investmentvehikel und unterschiedliche Anlagethemen verteilt: 50% sind die verwalteten Kundengelder in klassischen Private Equity Stilen angelegt, zu 13% in Private Real Estate, 21% Private Debt und 16% in Private Infrastructure. Nach Investmentvehikeln sortiert dienen für 33% geschlossene («closed-end») Fonds als Rechtsträger, für 30% Rechtsformen ohne Laufzeitbeschränkung («Evergreen»), wie z.B. Luxemburger SICAV-Fonds oder auch Aktiengesellschaften, sowie zu 37% individuelle Kundenmandate. Mit ihren 1’700 Mitarbeitenden hat das Unternehmen im ersten Halbjahr 2022 einen Umsatz von 881 Mio. CHF und 464 Mio. CHF Überschuss erzielt. Dies sind zwar 25% weniger als im Vorjahreszeitraum, doch ein Blick auf die Weltnachrichten liefert ausreichend Erklärungen für den Effekt.

Kalkulierbare Einnahmenströme plus Performance-Bonus

Grundsätzlich verläuft der Einnahmenstrom aus Managementvergütung proportional zum verwalteten Vermögen, und somit wenig volatil. Prognosegemäss sollen im laufenden Jahr insgesamt 22-26 Mrd. CHF neue Kundengelder zufliessen, gleichzeitig muss mit dem Abgang von 10-12 Mrd. CHF Rückzahlungen aus ablaufenden laufzeitbegrenzten Fonds und Auszahlungen von Evergreen-Vehikeln gerechnet werden. Netto dürften die Einnahmen aus fixen Vergütungen im Jahr 2022 folglich um ca. 10% steigen. Gewinnabhängige Vergütungsanteile («Performance Fees») schwanken hingegen je nach Marktlage stark, fallen in der Regel erst bei gereiften Portfolien ca. 6-9 Jahre nach deren Auflegung an und können bei einem Fondsmanager typischerweise in schlechten Jahren komplett entfallen, in guten Jahren einen erheblichen Anteil der Umsatzerlöse ausmachen. Nach einem positiven Ausreisser in 2021 erwartet die Partners Group für 2022 eine Normalisierung des Anteils der Performance Fees auf etwa 20% ihrer Gesamteinnahmen.

Neben dem Fondsmanager besitzt jeder Partners-Group-Aktionär jedoch auch einen Anteil an einem Evergreen Private Equity Fonds, denn fast 800 Mio. CHF oder 20% ihrer Bilanzsumme sind auf eigene Rechnung in Beteiligungen investiert. Weitere 700 Mio. CHF Nettoliquidität versetzt das Unternehmen neben Zukäufen attraktiv bewerteter Anlagen in die Lage, über Aktienrückkäufe von zuletzt rund 340 Mio. CHF eigene Aktien von der Börse einzusammeln – durchaus ein starker Hinweis darauf, dass das Management die eigene Aktie nicht als überteuert ansieht. Zusätzlich werden die Aktionäre mit einer Dividendenrendite von derzeit rund 4% belohnt.

Vom breit aufgestellten Mischfonds mit gestreutem Risiko…

Weniger im Rampenlicht stehen die drei bereits langjährig aktiven Private-Equity-Dachfondsmanager, von denen sich jeder sein eigenes Anlageprofil und seine Politik erarbeitet hat:

  • Nicht mehr als längerfristige Anlage kommt SPICE Private Equity (früher: AIG Private Equity) in Frage, da nach Erwerb von mehr als 97% der umlaufenden Aktien durch Grossaktionär GP Investments der Zwangsausschluss der freien Restaktionäre («Squeeze-out») unmittelbar bevorsteht. Während für die Aktie je 16.25 USD bezahlt werden, beläuft sich deren innerer Wert auf 27.10 USD je Aktie, dargestellt durch vier Direktbeteiligungen, den Bestand weit gereifter Zielfondsanteile und Liquidität. Durch diesen Discount von 40% auf den inneren Wert fallen dem Käufer sowohl der Kassenbestand als auch das Altportfolio aus Private Equity Einzelfonds quasi zum Nulltarif in den Schoss.
  • Die von LGT verwaltete Castle Private Equity hat seit 2012 praktisch keine Neuinvestments mehr getätigt und liquidiert sich im Zuge ihrer «Harvesting Strategy» seither selbst. Liquiditätsrückflüsse aus dem Bestand aus 25% Venture Capital- und 75% Buyout-Fonds und drei direkten Co-Investments werden als Dividendenausschüttungen (zuletzt 2.50 CHF) und durch Aktienrückkäufe an die Aktionäre verteilt. Wer sich in den Kreis der prominenten grösseren Aktionäre wie Berlin-AI Fund, Deka International, Goldman Sachs, LGT Group und LRI Capital Management einreihen mag, ist mit 7.70 CHF dabei und erwirbt das weit gereifte und diversifizierte Portfolio mit einem Abschlag von 22% auf seinen inneren Wert. Aufgrund der geringen Marktkapitalisierung von 78 Mio. CHF ist das täglich gehandelte Volumen in der Aktie überschaubar.
  • Im Gegensatz zu SPICE und Castle oder den mittlerweile aufgelösten, ehemals kotierten Dachfonds SHAPE und Absolute PE scheint die Private Equity Holding für ein längerfristiges Börsenleben bestimmt zu sein. Der von Alpha Associates gemanagte, breit diversifizierte Mischfonds aus Zielfonds, Zweitmarktinvestitionen («Secondaries») und Co-Investment-Direktbeteiligungen tätigt unverändert neue Käufe und gibt Anlageverpflichtungen für weitere Zielfonds ab. Branchenschwerpunkt der Bestandsunternehmen sind IT/Software, Consumer, Financials, Industrials und Health Care. Überschüssige Liquidität wird in geringem Masse über Dividenden (zuletzt 2 CHF) und stärker über Aktienrückkäufe verteilt: So hat PEH seit 2005 über 40% ihrer damalig ausstehenden Aktien – jeweils zu Kaufpreisen unterhalb des inneren Wertes – einsammeln können. Bei einem aktuellen Kurs von 73.40 CHF und einem inneren Wert von 151 CHF per 30.09.2022 errechnet sich ein Discount von rund 50%. Die Marktkapitalisierung ist mit 187 Mio. CHF ausreichend hoch, doch darf man die jeweils an der Börse verfügbaren Ordergrössen nicht aus dem Auge verlieren.
…bis zum Zweitmarkt-Nischenplayer

Einen Blick wert ist Matador Secondary Private Equity AG, die sich auf Zweitmarktanlegen spezialisiert hat, d.h. die Anteile an Private Equity Fonds während deren Laufzeit den ursprünglichen Zeichnern abkauft. Bei solchen Übernahmen liegt der Kaufpreis in der Regel deutlich unterhalb des inneren Wertes der Fondsanteile. Als zusätzlicher Nutzen kennt der Käufer eines solchen «Secondaries» bereits das vorhandene Portfolio an Beteiligungen und muss nur noch die restliche Laufzeit des Fonds engagiert bleiben, d.h. er erhält relativ schnell Rückflüsse aus Beteiligungsverkäufen des Fonds. Im Gegensatz zu den meisten Branchenkollegen hat Matador 27% seiner Bilanzsumme von 83 Mio. CHF in Form einer Anleihe finanziert und somit einen moderaten Renditehebel. Die Aktie zahlt zuletzt 15 Rappen Dividende bei einem Kursniveau von 4.30 CHF (=3,5% Dividendenrendite). An der Börse wird das gesamte Unternehmen derzeit mit 63 Mio. CHF bewertet.

Fazit

Für das Gesamtvolumen an Private Equity Anlagen, das aus der Schweiz heraus für vermögende Privatkunden oder institutionelle Anleger verwaltet wird, nimmt sich der Club der über die Schweizer Börse zugänglichen, dabei fundamental durchaus spannenden Private Equity Aktien eher klein aus. Erweitert man das Gesichtsfeld auf alle weltweit börsenkotierten Branchenvertreter, wird das Feld schier unübersichtlich. Es war eine Schweizer Adresse, die mit dem LPX50-Index der 50 höchstkapitalisierten Listed Private Equity Aktien etwas Ordnung in dieses Universum gebracht hat. Dank dieser Erfindung der LPX AG in Zürich und auf deren Index aufgelegten Zertifikaten können sich Investoren, die sich nicht einzelne Werte, wie die hier von uns vorgestellten, herauspicken mögen, bereits mit anlegerfreundlichen Beträgen an der Wertentwicklung dieses globalen Branchenquerschnitts beteiligen. Die allgemeine Suche grosser Anlagevolumina nach nachhaltiger, börsenunabhängiger Wertschöpfung spricht langfristig für ein wachsendes Interesse an der Anlageklasse selbst, die Aussicht auf eine Normalisierung der übertrieben pessimistischen Marktbewertungen kurzfristig für Bewertungsaufschläge, insbesondere bei handelbaren Private Equity Produkten.

OTC-X Unternehmen: 44 Schweizer KMU im Ranking nach zweiter ESG-Umfrage

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environmental social governance text on wooden signpost outdoors in nature

Die dieses Jahr zum zweiten Mal von schweizeraktien.net durchgeführte ESG-Umfrage stiess bei den KMU auf offene Ohren: 44 Unternehmen aus dem OTC-X-Universum nahmen teil, und damit 15,8% mehr als bei der Erstumfrage. Die Transparenz stieg deutlich, die Teilnehmer beantworteten im Durchschnitt 92,5% der Fragen. Manche Entwicklungen gewinnen erkennbar klar an Momentum, in einigen relevanten ESG-Punkten herrscht aber auch noch Stillstand – vor allem im Bereich Governance.

Dieses Jahr stehen Management und Verwaltungsräte mit der anziehenden Inflation, den Engpässen bei der Versorgung mit Energie und Rohstoffen, der erneuten Frankenstärke und dem Fachkräftemangel vor einer ganzen Reihe von Herausforderungen. Dennoch fanden immerhin 44 der 155 angeschriebenen KMU, deren Aktien auf OTC-X gehandelt werden, die Zeit, um die 3 x 10 Fragen zu Umwelt, Sozialem und Governance zu beantworten. Der Rücklauf stieg sogar von 22,2% in 2021 auf nun 28,4%.

Positives Momentum bei Umweltfragen

Nachhaltiges Wirtschaften steht eben nicht im Widerspruch zu unternehmerischem Handeln, sondern ist vielmehr ein wichtiger Teil davon. Das haben die teilnehmenden Unternehmen erkannt. Beispielsweise sagen dieses Jahr 84,1%, dass sie den Anteil Erneuerbarer Energien an ihrem Energie-Mix erhöht haben und dies auch in den nächsten zwei Jahren tun wollen. Letztes Jahr lag der Vergleichswert bei 71,1%. Zweifellos spielen die gestiegenen Energiekosten und auch der Autarkiegedanke hierbei eine Rolle, dennoch ist die Reduzierung der Emissionen der bereits seit längerem verfolgte Hauptzweck und damit der bestimmende Faktor.

Bewusstsein für Problemfelder geschärft

Auffällig beim Vergleich mit dem Vorjahr ist, dass deutlich weniger «unbekannt» und «nicht beantwortet» vorkommen. Daraus lässt sich konkludieren, dass sich die Entscheidungsträger in den KMU inzwischen auch mit den nicht ganz so offensichtlichen Fragen auseinandergesetzt haben. Ein typisches Beispiel dafür ist, ob es einen klar definierten Compliance Officer gibt, an den sich Mitarbeitende bei Missständen wenden können. Letztes Jahr beantworteten 18,2% der Teilnehmer die Frage nicht, dieses Jahr wurde sie von allen beantwortet. Waren es 2021 noch 39,5%, die mit Ja antworteten, so sind es bei der zweiten ESG-Umfrage jetzt 70,5%. Das ist eine Frage, bei der die Verbesserung zu beeindrucken vermag.

Gibt es in Ihrem Unternehmen einen klar definierten Compliance-Officer, an welchen sich Mitarbeitende bei Ungleichberechtigung, Diskriminierung oder anderen Missständen wenden können? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.
Breite Teilnahme aller Industrien

Die Umfrage wurde vom 18. Juli 2022 bis 30. September 2022 mit der Umfragesoftware Surveymonkey durchgeführt und ist wiederum repräsentativ. Alle auf OTC-X vertretenen Industrien haben in ausreichender Zahl teilgenommen. 14 Unternehmen sind dem Sektor Tourismus und Bergbahnen zuzurechnen, 10 sind Regionalbanken, jeweils sieben entstammen der produzierenden Industrie und der Energieversorgung. Weiterhin sind Casinogesellschaften, Nahrungsmittel- und Kosmetikunternehmen vertreten.

Erweiterte Grundgesamtheit

Die meisten Teilnehmer waren im Vorjahr dabei. Manche Teilnehmer sind jedoch weggefallen und neue hinzugestossen. Beispielsweise stieg die Anzahl der teilnehmenden Energie-Unternehmen um 75% an. Die Grundgesamtheit hat sich erweitert, aber auch verändert. Eine Konsequenz, die zumindest intuitiv nicht ganz ins Bild zu passen scheint, zeigt die erste Frage. Die lautet: Hat Ihr Unternehmen einen Plan zur schrittweisen Verbesserung der Nachhaltigkeit, welcher sich an den Klimazielen ausrichtet? Letztes Jahr bejahten überraschend hohe 76,3% die Frage, dieses Jahr nur 72,7%. Die Frage berücksichtigt allerdings nicht, dass es auch mehrere teilnehmende Energieunternehmen gibt, die keinen solchen Plan haben, und zwar, weil ihr einziger Geschäftszweck die Stromproduktion ausschliesslich aus Erneuerbaren Energien ist.

Gesteigerte durchschnittliche Transparenzquote von 92,5%

Abgesehen von der erstaunlich hohen durchschnittlichen Transparenznote von 92,5% ist es natürlich vor allem die qualitative Positionsbestimmung, die anhand der Antworten zu den 3 x 10 Fragen in den Segmenten Umwelt, Soziales und Governance den Gegenstand der Umfrage bildet. Die Qualität ergibt sich aus einer möglichst hohen Anzahl von Ja-Antworten, je mehr, desto besser.

Espace Real Estate und Plaston Holding auf Top-Spot

Mit jeweils 26 Ja-Antworten teilen sich dieses Jahr Espace Real Estate und Plaston Holding im Ranking den ersten Rang. Position drei belegen mit je 25 Ja-Antworten Cendres+Métaux sowie Grand Resort Bad Ragaz. Auf Rang fünf folgen mit 24 Ja-Antworten Griesser Holding und Energie Zürichsee Linth. Position sieben teilen sich mit 23 Ja-Antworten Schweizer Zucker und Weleda. Rang neun teilen sich Dolder Hotel, Raurica Wald und Weiss + Appetito.

Ranking aller Umfrageteilnehmer; Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.
Ja-Antworten steigen in allen drei Bereichen

Positiv zu beurteilen ist, dass die Durchschnittswerte in allen drei Segmenten angestiegen sind. Im Umweltbereich stieg die durchschnittliche Zahl der Ja-Antworten von 5.68 auf 6.07. Im Bereich Soziales wurde mit 7.41 der höchste Wert verzeichnet, nach 7.00 im Vorjahr. Von 4.63 auf 4.82 stieg der Durchschnittswert im Segment Governance. Das Ranking nach Segmenten zeigt, dass von den Top-Spots abgesehen weitere teilnehmende Unternehmen Vorbildcharakter haben. So belegt Engadin St. Moritz Mountains im Governance Ranking zusammen mit anderen Unternehmen Rang vier. Im Bereich Soziales belegt Dolder Hotel mit anderen Teilnehmern Rang eins, und Rang fünf teilen sich CKW, Bank Zimmerberg, WIR Bank, Rigi Bahnen, SSE und Stadtcasino Baden. Im Umweltbereich teilen sich Bad Schinznach, Thermalbad Zurzach, Bernexpo und ADEV Solarstrom Position vier mit anderen.

Wasserverbrauch und Luftqualität als Blind Spots

Trotz des hohen Durchschnittswertes von 6.07 bleibt im Bereich Umwelt noch Raum für Verbesserungen. Einige kritische Punkte sind ganz allgemein in der Diskussion vernachlässigt worden. Dies trifft insbesondere für den Wasserverbrauch und die Luftqualität in Büro und Produktion zu. Ist der Wasserverbrauch in den letzten zwei Jahren bei gleichbleibender Wasserqualität gesunken? Diese Frage wird nur von 36,4% bejaht, 20,5% sagen Nein, aber 9,1% beantworteten die Frage nicht, und 34,1% sagen «unbekannt». Dagegen sagten dieses Jahr deutlich gesteigerte 81,8% der Teilnehmer, dass sich ihr Müllaufkommen in den letzten zwei Jahren reduziert hat und weiterhin vermindert werden soll.

Ist der Wasserverbrauch in den vergangenen zwei Jahren durch intelligente Sparmassnahmen und Vermeidung oder schnelles Aufspüren von Leckagen bei gleichbleibend hoher Wasserqualität gesunken? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.
Industriespezifische Unterschiede

Im Bereich Soziales haben sich viele Werte auf dem hohen Niveau des Vorjahres gehalten, verbessert oder leicht vermindert. Zu den kritischen Fragen zählt unverändert, ob Programme installiert sind, um die Chancengleichheit aller Mitarbeitenden mit Blick auf Karriere und Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern. 2021 hatten 44,7% der Teilnehmer bejaht. Dieses Jahr sagen zwar 50% Ja, doch auch die Nein-Antworten stiegen fast gleich stark auf 43,2%. Dafür beantworteten nur 6,8% die Frage nicht, gegenüber 15,8% im Vorjahr. Bei dieser Frage zeigt sich auch besonders deutlich, dass die verschiedenen Industrien unterschiedlich ticken. So haben 80% der 10 teilnehmenden Regionalbanken keine Programme zur Verbesserung der Chancengleichheit etabliert. Aber alle sieben Industrieunternehmen haben solche Programme, also 100% Ja-Antworten. Im Tourismus-Bereich liegt die Ja-Quote bei 50%, bei den Energieunternehmen bei 57,5%.

Haben Sie Programme installiert, um die Chancengleichheit aller Mitarbeitenden bezüglich Karriere und Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.
Verhaltenskodex bei 77,3% der Teilnehmer etabliert

Zu den eindeutig positiven Entwicklungen zählt, dass dieses Jahr 77,3% der teilnehmenden Unternehmen einen verbindlichen Verhaltenskodex etabliert haben, der ethische Verhaltensgrundsätze definiert und verlangt. Letztes Jahr lag der Wert noch bei 55,3%. Einen Sonderfall bildet vielleicht das Lohnthema, weil es heikel ist und aus verständlichen Gründen manchmal streng geheim gehandhabt wird. Die Frage lautet: Sind die Löhne der unteren Lohnstufen in den letzten zwei Jahren mit gleichem oder höherem Prozentsatz wie die höchsten Löhne gewachsen und soll diese Entwicklung gemäss Planung auch in den nächsten zwei Jahren so weitergehen? Hier nahm bei den Antworten der Anteil derer, die die Frage nicht beantworteten, um fast fünf Prozentpunkte auf 20,5% zu. Mit Ja antworteten 70,5%, gut 3% weniger als im Vorjahr.

Sind die Löhne der unteren Lohnstufen in Ihrem Unternehmen in den letzten zwei Jahren mit gleichem oder höherem Prozentsatz wie die höchsten Löhne gewachsen und soll diese Entwicklung gemäss Ihrer Planung auch in den nächsten zwei Jahren so weitergehen? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.
Verbesserungspotenzial in der Governance

Bei den Fragen zur Governance sticht ins Auge, dass viele Ergebnisse nahezu unverändert sind. Bei unveränderten 69,5% ist ein Vergütungssystem für die Mitglieder von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat inklusive einer Höchstgrenze für Vergütungen festgelegt. Und unveränderte 47,4% geben Informationen über die Zusammensetzung des Aktionariats inklusive der Namen von Mehrheitsaktionären.

Ist die aktuell beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weniger lang als 10 Jahre beauftragt? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.

Zu den eindeutig positiven Veränderungen zählen die Antworten bei der Frage, ob alle amtierenden Verwaltungsratsmitglieder an mindestens 75% der Sitzungen teilgenommen haben, ausgenommen Fälle mit schlüssiger Begründung. 97,7% antworteten mit Ja, nach 55,3% in 2021. Die Nein-Antworten fielen von 36,8% auf null. Und nur 2,3% beantworteten die Frage nicht.

Haben alle amtierenden Verwaltungsratsmitglieder an mindestens 75% der Sitzungen teilgenommen, ausser es liegt eine schlüssige Begründung für das Fehlen vor? Quelle: ESG-Umfrage 2022, schweizeraktien.net.

Bei einer Reihe von Fragen gab es aber auch Rückschritte zu verzeichnen. Bei nur 31,8% ist die aktuelle Wirtschaftsprüfungsgesellschaft weniger als 10 Jahre beauftragt. Letztes Jahr waren es noch 47,4%. Auf Nein entfallen deutlich gesteigerte 59,1%. Bei der Frage, ob eine Informationsordnung für GV und Aktionäre seitens des Verwaltungsrates besteht, sagten nur 47,7% Ja. Vergangenes Jahr waren es noch 60,5%.

Fazit

Bei der zweiten ESG-Umfrage von schweizeraktien.net nahmen nicht nur 15,8% mehr OTC-X gelistete KMU teil als im Vorjahr, auch die Transparenz stieg und, wichtiger noch, die Qualität der Ergebnisse nahm gegenüber den Werten der Erstbefragung vor einem Jahr ebenfalls deutlich zu. Die Bilanz ist somit eindeutig positiv zu bewerten. Aus dem Austausch mit den teilnehmenden Unternehmen ist auch klar geworden, dass die Initiative von schweizeraktien.net teilweise schon offene Türen vorfand, teilweise aber auch bislang geschlossene Türen öffnen konnte. Immerhin sind die Unternehmen, deren Aktien ausserbörslich gehandelt werden abgesehen von den essenziellen Zahlen keinerlei Publikationspflichten unterworfen, schon gar nicht zu Nachhaltigkeitsparametern. Das Obligationenrecht ist massgeblich. Umso aussagekräftiger sind die Antworten zu den 3 x 10 Fragen zu Umwelt, Sozialem und Governance, da sie völlig ohne Zwang oder Verpflichtung aus eigenem Antrieb und Streben nach Transparenz gegeben wurden.

Die Ergebnisse sind durchaus vielsagend. Sie zeigen, dass die befragten KMU gute «Corporate Citizen» sind, denen neben Wachstum im Kerngeschäft und Gewinnerzielung die Kundenbedürfnisse, Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden sowie auch die Belange der Region inklusive Flora und Fauna wichtig sind. Die ESG-Umfrage hat bereits im Vorjahr den Blick für einige Problemzonen geschärft, was sich in den teils deutlichen Verbesserungen dieses Jahr niederschlägt. Damit hat die Mission, als KMU-Netzwerk gemeinsam bessere Lösungen für die Probleme unserer Zeit zu finden und umzusetzen, einen guten Anfang genommen. Und wie schon Aristoteles wusste, ist ein guter Anfang die Hälfte des Ganzen!

Hinweis in eigener Sache: Am 18. November 2022 findet der Workshop «ESG Reporting» statt. In diesem Rahmen wird auch die aktuelle Studie vorgestellt. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie hier.

Ronald Wildmann, AMG Fonds: «Industrietitel werden von einer Gegenbewegung überproportional profitieren»

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Der Aktienfonds AMG Schweizer Perlen investiert in Schweizer Gesellschaften aus dem Small & Mid Cap Segment. Portfoliogesellschaften des Mid Cap Bereichs werden übergewichtet. Der Fonds fokussiert sich auf Value-Aktien und ist zu einem grösseren Teil in Growth-Titel investiert. Das Anlageportfolio besteht überwiegend aus Aktien von Qualitätsunternehmen, ergänzt durch Opportunitätswerte wie Turnaround- oder Übernahmekandidaten. Die profunde eigene Analyseexpertise ermöglicht es, sich ergebende Anlagechancen entlang der Marktzyklen aktiv zu realisieren. Aus diesem fundamentalen Bottom-up-Ansatz resultiert ein dynamisches Portfolio führender Schweizer Small & Mid Caps. Das Vermögen des AMG Schweizer Perlen Fonds betrug Ende September 2022 17.9 Mio. CHF.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net erläutert Portfolio Manager Ronald Wildmann, warum er für die Märkte vorsichtig zuversichtlich ist, was den Fonds zum Aufbau einer neuen Position Straumann veranlasst hat und was an der Tornos-Aktie für Anleger interessant ist.

Herr Wildmann, Sie sind trotz weiterer deutlicher Verluste an den Aktienmärkten weiterhin vorsichtig positiv gestimmt, wie dem Monatsbericht September zu entnehmen ist. Was sind die Gründe für Ihren Optimismus light?

Der Negativismus der Sentiment-Indikatoren erreicht historische Höchstwerte, selten zuvor war die Stimmung an den Finanzmärkten so pessimistisch, was eine markante Gegenbewegung auslösen kann. Üblicherweise reagieren Aktienkurse mit einem gewissen Vorlauf auf den Tiefpunkt der Wirtschaftsentwicklung, dieser Termin rückt näher. Die Inflation könnte den Gipfel erreicht haben, ebenso die Zinsentwicklung. Das höhere Preisniveau löst neue Investitionen aus mit dem Ziel der Effizienzsteigerung, und der Trend zur Automatisierung bekommt einen weiteren Schub. Die abschwächende Wirtschaftsentwicklung wird die Teuerung abbremsen. Basiseffekte werden sich im weiteren Verlauf der Inflationsentwicklung positiv bemerkbar machen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine Verschärfung der Energiekrise in Europa vermieden werden kann. Die bereits stark sinkenden Gaspreise in Europa unterstützen diesbezüglich unsere Ansicht. Auch der Dolchstoss der Saudis in den Rücken des Westens verhindert nicht, dass der Ölpreis weiter purzelt. Unserer Meinung nach bestehen damit einige Gründe, die eine insgesamt positive Entwicklung an den Aktienmärkten im vierten Quartal erwarten lassen.

Welche Positionen im AMG Schweizer Perlen Fonds stützen Ihre positiven Erwartungen?

Wir haben die Gewichtung der Titel erhöht, welche von unserem Szenario übermässig profitieren werden. Es sind dies Aktien wie beispielsweise die von Komax, Also, Bossard, Inficon, VAT Group, Interroll, Arbonia, Belimo, Comet, Kardex, LEM Holding oder Zehnder.

Bei welchen Ihrer Core-Assets sehen Sie noch weitere Verluste auf sich zukommen?

Unsere Core-Assets haben kursmässig den Boden bereits erreicht. Würden wir bei Positionen weitere Verluste erwarten, welche über der üblichen Korrektur des Marktes zu liegen kommen, hätten wir diese bereits abgestossen.

Sie sind überdurchschnittlich mit dem AMG Schweizer Perlen Fonds in Industrietitel investiert. Allerdings liegen Sie in der Perfomance YTD gegenüber dem SPI Small & Mid Cap Index unter der Benchmark. Halten Sie an der Sektorengewichtung fest?

Unbedingt, da gerade einige dieser Industrietitel von einer scharfen Gegenbewegung überproportional profitieren werden. Was scharf nach unten korrigiert, wird sich dementsprechend auch wieder erholen, sofern die Fundamentaldaten nicht dagegen sprechen, wovon wir in unseren Positionen ausgehen.

Wäre es nicht an der Zeit, stärker in Value-Titel zu investieren und Wachstumsaktien, die besonders unter die Räder gekommen sind, unterzugewichten? Oder sehen Sie hier in absehbarer Zukunft einen Turnaround?

Wir halten für alle Fälle immer auch substanzstarke Qualitätswerte im AMG Schweizer Perlen Fonds sowie Aktien wie Barry Callebaut, welche «defensive growth»-Charakter aufweisen. Dies gibt dem Portfolio die notwendige Stabilität in Druckphasen. Es ist wie beim Aufstellen einer Fussballmannschaft auf dem Feld, es gibt einen Goalie, Verteidiger, das Mittelfeld und den Sturm. Alle 11 Spieler vorne im Sturm oder nur in der Verteidigung und niemand im Sturm wäre fatal.

Ihr Portfolio setzt sich laut Ihrer Anlagephilosophie aus Aktien von Qualitätsunternehmen, ergänzt durch Opportunitätswerte wie Turnaround- oder Übernahmekandidaten, zusammen. Können Sie uns ein paar Ihrer Investments in Opportunitätswerte näher erläutern?

Aryzta ist ein solcher. Der Titel verfügt immer noch über eine hohe Verschuldung und ist noch nicht über den Berg. Der Umbau der Gesellschaft geht aber voran und in die richtige Richtung, das Management macht einen hervorragenden Job, und ich bin sicher, der Anleger wird noch viel Freude an dieser Aktie haben.

Wo sehen Sie gesamtwirtschaftlich die grössten Risiken für die Aktienmärkte? Wo sehen Sie Chancen in der jetzigen Situation?

Die Risiken liegen geopolitisch in der Konfrontation zwischen Russland und dem Westen sowie China und der USA. Zieht Putin die nukleare Option oder greift morgen China Taiwan an, wären die Folgen katastrophal.

Gesamtwirtschaftlich liegen die Risiken bei einer Eskalation an den Kreditmärkten. «At risk» sind Staatsanleihen in Grossbritannien oder in der EU. Zudem besteht ein inhärentes Risiko, dass die Immobilienmärkte kollabieren, welche eine Blasenbildung erlitten und unter den hohen Zinsen leiden. Ungewiss ist auch, wie China unter der Last der Wirtschaftsentwicklung und einer verfehlten Covid-Politik leidet.

Die Chance besteht darin, dass sich all diese Negativszenarien nicht ergeben bzw. die aktuelle Situation sich nicht weiter verschlechtert und wir langsam aber sicher auf den zu erwartenden Tiefpunkt der Wirtschaftsentwicklung zusteuern.

Das Fondsvermögen des Schweizer Perlen Fonds hat mit 17.9 Mio. CHF durchaus noch Luft nach oben. Welche Massnahmen ergreifen Sie, damit der Fonds Ihren Vorstellungen entsprechend wächst?

Performance, Performance, Performance. Wir wollen in einer Markterholung überdurchschnittlich partizipieren und besser als unsere Wettbewerber abschneiden. Das wird Investoren motivieren, in unseren AMG Schweizer Perlen Fonds zu investieren. Die geringe Fondsgrösse ermöglicht uns eine agile Portfoliobewirtschaftung, indem wir zum Beispiel auch in tiefer kapitalisierte Unternehmen massgebliche Positionen eingehen können. Zudem sind wir nicht darauf angewiesen, aus Liquiditätsgründen in unseren Top-10-Positionen nur SMIM-Titel zu führen, sondern können unserer Aufgabe, in kleingewichteten Titel zu investieren, gerecht werden. Damit bieten wir mit dem AMG Schweizer Perlen Fonds eine echte Alternative zu den meisten anderen Fonds, welche sich ebenfalls auf das Small/Mid-Cap-Segment fokussieren.

Mit welchem Motto beruhigen Sie sich selbst in diesen für Profianleger schwierigen Zeiten?

Aktien steigen langfristig – mindestens der grösste Teil der Aktien.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr Wildmann. 

Kursaal Bern: Onlinecasino in Neuenburg stellt den Betrieb auf Ende Jahr ein

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Keine neuen Levels mehr: das Onlinecasino Hurrah aus Neuenburg wird per Ende Jahr eingestellt. Bild: hurrahcasino.ch

Die Kursaal Bern AG stellt den Betrieb ihres Neuenburger Onlinecasinos hurrahcasino.ch ein. Laut einer Ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens sollen die Kräfte bei den Onlinecasinos der Gruppe gebündelt werden und sich zukünftig auf die Plattform 7melons.ch des Grand Casinos Bern konzentrieren. Der Betrieb von hurrahcasino.ch werde unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen bis Ende 2022 eingestellt.

Mit der Fokussierung auf eine Plattform würden kostenintensive Parallelstrukturen beseitigt und Synergien geschaffen. Der Zeitpunkt für diesen Schritt sei jetzt gegeben, da sich beide Plattformen noch im Aufbau befinden, teilt die Gruppe weiter mit.

Substantielle Marketinginvestitionen nötig

Als weiteren Grund für die Schliessung des Neuenburger Onlinecasinos führt der Kursaal Bern das geschätzte Marktpotenzial in der Schweiz an, welches signifikant geringer sei als bei den terrestrischen Casinos. Auch habe sich das Marktwachstum im Online-Spielbetrieb deutlich verlangsamt. Um weitere Marktanteile in diesem sehr kompetitiven Markt mit mittlerweile elf Anbietern in der Schweiz zu gewinnen, bräuchte es jetzt substanzielle Marketinginvestitionen, verbunden mit kostenintensiven Bereitschaftskosten, damit die Sicherheit und präventive Massnahmen jederzeit gewährleistet blieben.

Konzession für terrestrisches Casino in Lausanne beantragt

Die frei werdenden Ressourcen im Casino Neuchâtel würden unter anderem dazu genutzt, um das terrestrische Casino in Romanel-sur-Lausanne, für das die Kursaal Bern Gruppe eine A-Konzession beantragt hat, aufzubauen. Per 31. Dezember 2024 laufen die erteilten Konzessionen zum Betrieb von Spielbanken und Online-Spielbankenspielen in der Schweiz aus. Der Bundesrat hat am 27. April 2022 entschieden, 23 Konzessionen (10 A-Konzessionen und 13 B-Konzessionen) neu zu vergeben. Der Entscheid des Bundesrates betreffend Casino-Lizenzen wird gegen Ende 2023 erwartet.

Die Goldgräberstimmung ist vorbei

Es war abzusehen, dass eine Konsolidierungswelle auf die Schweizer Onlinecasinos zurollen wird. Die Goldgräberstimmung ist vorbei. Dabei hat sich eigentlich nichts an den Prognosen, die von einem Bruttospielertrag (BSE) im Online-Bereich schweizweit von 250 Mio. CHF pro Jahr ausgehen, geändert. Mit den Erfahrungen nach drei Jahren im Online-Geschäft reift aber bei den Betreibern die Einsicht, dass substanzielle Mittel insbesondere im Marketing, aber auch im Betrieb bewegt werden müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Diese Mittel hat Bern in der Zeit seit dem Start zu wenig lockergemacht. Die Onlinecasinos von Baden, Luzern und Pfäffikon (SZ) sind mit ihren Angeboten der Konkurrenz enteilt. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass die drei Platzhirsche zeitlich vor den Mitbewerbern auf den Markt gekommen sind. Aber auch damit, dass sie ungleich mehr Mittel für das Marketing und das Spiele-Angebot einsetzen.

Folgerichtiger Schritt des Kursaal Bern

Deshalb ist der Schritt der Berner, das Onlinecasino in Neuenburg dichtzumachen, nur folgerichtig. Die Fokussierung auf eine einzige Plattform erlaubt einen effektiveren Mitteleinsatz. Die beiden Plattformen 7melons.ch und hurrahcasino.ch operieren bisher auf der gleichen technischen Basis und wurden vom gleichen Anbieter entwickelt; jetzt geht es darum, die Spieler auf 7melons.ch zu bündeln. Wie erfolgreich der Kursaal Bern letztlich damit sein wird, wird sich noch zeigen müssen. Denn neben der inländischen Konkurrenz sehen sich die Betreiber hierzulande auch mit der Situation konfrontiert, dass wegen der hohen Anzahl von Spielsperren Spielerinnen und Spieler noch immer auf ausländische Plattformen ausweichen.

Die Aktien der Kursaal Bern AG sind am SME Main Market der BX Swiss kotiert. Seit dem Listing im Sommer 2021 hat der Aktienkurs etwa 15% verloren und wurde zuletzt für 343 CHF gehandelt.

Brunni-Bahnen: Ein Drittel mehr Gäste im Sommer 2022

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Der Härzlisee gehört zu den beliebten Ausflugszielen auf dem Brunni oberhalb von Engelberg. Bild: zvg
Der Härzlisee gehört zu den beliebten Ausflugszielen auf dem Brunni oberhalb von Engelberg. Bild: zvg

Gute Nachrichten hatten Fredy Miller und Roman Barmettler an der Generalversammlung der Brunni-Bahnen Engelberg vom 25. Oktober 2022 für die rund 300 anwesenden Aktionäre parat. Der Verwaltungsratspräsident und sein Geschäftsführer präsentierten für das abgelaufene Geschäftsjahr 2021/22 nicht nur hervorragende Zahlen mit dem zweithöchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte von 7.5 Mio. CHF und einem Jahresgewinn von 241’282. Die Aktionäre stimmten auch der Auszahlung einer Ausschüttung von 25 CHF je Aktie aus den Kapitaleinlagereserven zu.

Rund 98’000 Gäste im Sommer

Doch nicht nur mit Blick auf die Vergangenheit wusste Barmettler Positives zu berichten. Auch das neue Geschäftsjahr ist gut angelaufen. So konnten die Brunni-Bahnen für die Monate Mai, Juni, Juli und August gegenüber dem Sommer 2021 ein Plus von 34% ausweisen. Rund 98’000 Gäste seien in den vier Monaten begrüsst worden, was 7,7% mehr Gästen als im Rekordsommer 2018 entspricht. «Obwohl die Auslandreisen wieder zunahmen, durften wir viele einheimische Gäste bei uns begrüssen. Sie verbrachten rund ein bis zwei Tage bei uns in den Bergen», wird Geschäftsführer Roman Barmettler in einer Medienmitteilung zitiert.

Schwieriger Start in den Herbst

Nicht ganz so erfreulich sah es bisher in den Herbstmonaten September und Oktober aus. Die Brunni-Bahnen liegen bei den Ersteintritten 20% unter dem Fünfjahresschnitt. «Der Herbst startete mit wechselhaften Bedingungen. Insbesondere, wenn es an den Wochenenden regnerisch ist, wirkt sich das stark auf das Besucheraufkommen aus», erklärt Roman Barmettler.

Er gab an der GV auch Auskunft zum aktuellen Stand bevorstehender Grossprojekte. So sei für die Ersatzanlage am Schonegg eine erste Machbarkeitsstudie erstellt und für die Erhöhung der Bettenkapazitäten im Ristis beim Kanton eine Vorstudie platziert worden. Zudem wurden für den Kugelpfad entlang des Panoramawanderwegs die ersten Arbeiten während der Herbstferien umgesetzt: Die Eröffnung sei im Juni 2023 geplant.

Stabile Entwicklung: Der Kurs der Brunni-Bahnen-Aktie bewegt sich seit drei Jahren in einem Band zwischen 1’800 und 2’100 CHF. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Brunni-Bahnen Engelberg AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 1’780 CHF für eine Aktie bezahlt.

i2 Group: Schweizer Fintech vereinfacht Management von Private-Debt-Investments

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Das Managementteam von i2invest konnte sich für das eigene Wachstum kürzliche eine Finanzierung über 3.8 Mio. CHF sichern. Bild: zvg

Der Bereich Private Debt ist am Boomen. Unter Privat Debt versteht man Kredite, die nicht von Banken vergeben werden. 2021 hat das Volumen 1’187 Mrd. USD erreicht, eine Vervierfachung in zehn Jahren. Grund dafür ist das steigende Interesse von institutionellen und privaten Investoren an attraktiven Alternativen zu den gängigen festverzinslichen Anlagen.

Die Volumina am Private-Debt-Markt sind in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gewachsen.

Das Management einer Vielzahl von solchen Krediten ist aber eine Aufgabe, die mit Excel nur schwer zu bewältigen und fehleranfällig ist. Das stellt Vermögensverwalter, die bereits Anlageprodukte lanciert haben oder das gerne tun würden, vor eine herausfordernde Aufgabe. Diese löst i2 Group mit ihrer Software, die bereits bei vier Asset Managern zum Einsatz kommt. Seit Lancierung hat i2 Group bereits in über 500’000 verschiedene Kredite investiert. Das Fintech übernimmt, wenn gewünscht, die Strukturierung verschiedener Anlagegefässe (Notes, Bonds oder Alternative Investment Funds) mit einer eigenen Struktur oder mit Partnern.

Die i2 Group fungiert als Bindeglied zwischen institutionellen Investoren auf der einen Seite und Kreditplattformen wie Lend.ch, Cashare etc. oder aber Unternehmen mit rasch wachsendem Finanzierungsbedarf auf der anderen Seite. Die Verwendungszwecke der Kredite sind überraschend vielfältig.

Investmentfonds für private Darlehen

Blackfort Investment Partners Europe beispielsweise lancierte im September einen neuen Anlagefonds, der breit diversifiziert in nachrangige Hypothekardarlehen in der Schweiz investiert. Um eine grosse Zahl dieser verhältnismässig kleinen Hypotheken verwalten zu können, greift Blackfort auf die Softwarelösung von i2 invest zurück. Nachrangige Hypotheken werden häufig aufgenommen, um die energetische Sanierung von Privathäusern oder deren Renovation zu finanzieren. Hausbesitzer wenden sich für solche Finanzierungen vermehrt an Online-Kreditplattformen. Diese führen die Darlehensnehmer mit privaten und institutionellen Investoren zusammen. Der neue lancierte Fonds investiert sehr breit diversifiziert in Kredite auf verschiedenen Schweizer Plattformen.

Ein anderes Beispiel ist NSF, eines der grössten unabhängigen Vermögensverwaltungs- und Treuhandunternehmen in Liechtenstein. Ein 2021 lancierter Anlagefonds von NSF investiert diversifiziert in Schweizer und liechtensteinische KMU-Kredite, basierend auf der Software der i2 Group. Neu werden damit auch Kredite finanziert, die das Wachstum eines Auto-Abo-Anbieters ermöglichen.

Anlageklasse wird effizienter

Zu weiteren Unternehmen, die sich für ihre Finanzierungsbedürfnisse an i2 Group wenden, gehört etwa auch der rasch wachsende Schweizer Buy-Now-Pay-Later-Anbieter Heidipay. All diesen Konstellationen gemeinsam ist jedoch, dass es sich jeweils um eine Vielzahl von einzelnen Krediten handelt, die ohne eine dedizierte Software nicht zu managen wären. Dieses Problem haben viele Asset Manager im Private-Debt-Bereich. Insofern trägt das Schweizer Fintech dazu bei, diese Anlageklasse effizienter und einem breiteren Publikum von Investoren zugänglich zu machen.

Das Team von i2invest konnte sich für das eigene Wachstum kürzliche eine Finanzierung über 3.8 Mio. CHF sichern. Markus Benz, Marco Müller, Gregor Stadelmann und Dominik Hertig (v.l.n.r.) Bild: zvg

In einer Pre-Series-A-Finanzierungsrunde hat das Zuger Fintech i2 Group kürzlich weitere 3.8 Mio. CHF von Family Offices, Hedge-Fonds-Managern und Business Angels aufgenommen und den Finanzexperten Philippe Schnyder, ehemaliger Managing Director bei der Partners Group, in den Verwaltungsrat geholt.

Schilthornbahn: Super Sommer! Super Winter?

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Folgt dem super Sommer ein ebensolcher Winter? Station Birg (Zwischenstation zwischen Mürren und dem Schilthorn) im Abendlicht vor Eiger, Mönch und Jungfrau. Bild: schilthorn.ch

Die Schilthornbahn erzielte im Sommer 2022 in allen Geschäftsbereichen Umsätze, die sich auf dem Rekordniveau der Vorpandemie-Jahre bewegen. Die Einnahmen aus dem bisher erfolgreichsten Sommer 2017 konnten nochmals um 3,2% gesteigert werden. Allerdings liegen die Frequenzen tiefer.

Auf Vorpandemie-Kurs

Der höhere Pro-Kopf-Ertrag bzw. die tieferen Frequenzen beruhten darauf, dass nach wie vor nur wenige Grossgruppen zu verzeichnen sind, schreibt die Schilthornbahn in einer Pressemitteilung. Gäste aus dem gruppenstarken China fehlten aufgrund der eingeschränkten Reisebestimmungen ganz. Stattdessen würde das Bild von Individualreisenden und Kleingruppen dominiert. Insbesondere die Besucherzahlen aus den USA, aus den südostasiatischen Ländern wie Indonesien und Thailand sowie aus dem europäischen Raum überzeugten.

Die Zahlen verhielten sich auch in der Gastronomie positiv: Im Restaurant Piz Gloria auf dem Schilthorn sei der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um das Anderthalbfache gestiegen, auch wenn der Rekordsommer 2019 nicht hätte geknackt werden können. Auch hier fehlten die Grossgruppen, was nicht durch Individualreisende kompensiert werden konnte. Einzig auf dem Allmendhubel wurde der Rekordsommer 2021 mit plus 40,8% noch einmal deutlich übertroffen.

Ebenfalls wieder auf Vorpandemie-Kurs sind laut Schilthornbahn die Shop-Betriebe. Sie verzeichneten knapp 30% mehr Umsatz als im 2021. Gäste aus dem Ausland, insbesondere aus den USA, zeigten sich äusserst konsumfreudig und hätten die Shops stark frequentiert.

Positive Aussichten

Mit Blick auf das gesamte Geschäftsjahr 2022 geht Christoph Egger davon aus, nahtlos an die Jahre 2018 und 2019 anknüpfen zu können, so der CEO gegenüber schweizeraktien.net. Das wird gestützt von der jüngsten Prognose der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH, die einen rekordverdächtigen Winter voraussagt und davon ausgeht, dass die Gästezahlen sogar noch höher liegen werden als vor der Pandemie.

Allerdings ist noch unklar, inwieweit die Teuerung, also insbesondere die gestiegenen Kosten für Energie und Mitarbeitergehälter, sich auf die Gesamteinnahmen der Bergbahnen und der Hotellerie in den Skigebieten auswirken wird.

Dennoch ist Egger, dessen Unternehmen sowohl Bergbahnen als auch Hotels betreibt, zuversichtlich: «Wir gehen von einer sehr guten Wintersaison aus. Als Mitglied im Top4-Skipass sind wir bei den Saisonabos gut positioniert. Als Teil der Jungfrau Ski Region haben wir unsere Tarifstruktur deutlich vereinfacht. Unser abwechslungsreiches Angebot sowie die hohe Schneesicherheit haben zu einer Stärkung des Winters geführt», führt er gegenüber schweizeraktien.net aus.

Und auch beim Projekt Schilthornbahn 20XX, wo bis 2026 rund 100 Mio. CHF investiert werden sollen, sieht Egger auf Nachfrage von schweizeraktien.net alles im grünen Bereich: «Wir sind genau im Zeitplan. Alle Partner arbeiten hervorragend und zuverlässig sowie mit der momentan notwendigen Weitsicht mit. Aufgrund der oftmals beeinträchtigen Verfügbarkeit von Produkten ist eine möglichst lange Vorlaufzeit hilfreich, um den Zeitplan halten zu können».

Fazit

Die Zuversicht bei vielen Bergbahnbetreibern ist gross, bei entsprechender Witterung und guten Schneeverhältnissen einen sehr guten Winter 2022/23 vor sich zu haben. Auch wenn sich der Optimismus vorwiegend auf den inländischen Tourismus stützt, der wegen kurzfristiger Buchungen allerdings recht labil ist. Dazu kommt, dass Einflüsse wie die Teuerung, die Wechselkursverhältnisse, die politische Grosswetterlage sowie die Covid-Lage Tourismusanbietern wie der Schilthornbahn schnell auch die Stimmung vermiesen könnten.

Und es bleibt die Abhängigkeit von der Witterung. Gerade musste Zermatt die Premiere von Weltcupabfahrten am Matterhorn am letzten Wochenende im Oktober absagen, weil der Schnee fehlt. Der Blick richtet sich deshalb weiter gen Himmel, auch wenn man am Schilthorn davon überzeugt ist, wegen der Höhe und der künstlichen Beschneiung für einen ungestörten Winterspass gerüstet zu sein.

Die Aktien der Schilthornbahn AG werden auf OTC-X gehandelt. Zuletzt kostete die Aktie 1’300 CHF.

Kursverlauf der auf OTC-X gehandelten Schilthornbahn-Aktie. Quelle: otc-x.ch

Wechselkurse: Der Angstschweiss auf der Stirn der Notenbanker

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In der aktuellen Krise zeigt der Schweizerfranken wieder einmal seine Stärke.
In der aktuellen Krise zeigt der Schweizer Franken wieder einmal seine Stärke.

Die meisten Notenbanken steuerten nach der Finanzkrise 2008 freiwillig in eine Liquiditätsfalle. Ausgerechnet in Zeiten steigender Inflation versuchen sie nun eine Kehrtwende. Dies hat Folgen für die Schweizer Wirtschaft.

Angst ist kein guter Ratgeber. Im Jahr 2007 brach in den USA das Kartenhaus der Investmentbanken mit ihren künstlich hochgejubelten Krediten auf Schrottimmobilien zusammen. Aus Angst vor noch grösseren Schäden machten sich die Notenbanken zu den Komplizen der Zocker an der Wall Street. Deshalb überschwemmten die Notenbanken die Finanzmärkte mit Unsummen an zinslosen Darlehen. Schon damals existierte kein Plan, wie man diese als Rettungspakete verbrämte Geldschwemme ohne Kollateralschäden je wieder zurückführen könnte.

Auch die SNB begab sich auf den Pfad der negativen Zinsen und der ungezügelten Geldmengenausweitung. Als besonderer Faktor kam bei der SNB noch die irrige Vorstellung hinzu, den Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken auf einem viel zu hohen Niveau stützen zu wollen.

Es dauerte viel zu lange, bis die SNB den Realitäten ins Auge sah und sich eingestehen musste, dass der Euro tatsächlich die Weichwährung ist, die er von Anfang an war. Denn der Lug und Betrug bei der Euro-Einführung war der SNB längst bekannt. So wurden vor der Euro-Einführung bereits 1997 bei Eurostat die Statistiken manipuliert nur, um Griechenland, koste es was es wolle, in den Euro aufzunehmen. Die Versuche der Schweizer Nationalbank blieben nicht ohne Folgen. Derzeit sind rund 37% der Devisenreserven der SNB in teuer eingekaufte Euro angelegt, die seither an Wert verloren haben.

SNB im Euro-Strudel

Die SNB exponierte sich nicht nur gegenüber dem Euro, sondern hat zudem enorme Summen an den Aktienmärkten investiert. Dies bescherte der SNB so lange Gewinne, wie die Notenbanken die Finanzmärkte mit Geld fluteten. Auch die SNB wusste, wann ein unvermeidlicher Einbruch kommen musste – nämlich sobald die Geldflut der Notenbanken enden würde. Es kam, wie es kommen musste, und so belief sich der Buchverlust der SNB nach Aktien- und Eurocrash im ersten Halbjahr 2022 auf 95 Mrd. CHF.

Das zweite Halbjahr dürfte angesichts der Situation an den Finanzmärkten kaum besser ausfallen. Trotz allem präsentiert sich die Schweiz im Vergleich zu vielen anderen Ländern und Regionen noch als wirtschaftlich stabil und politisch sicher. Der Schweizer Franken wird somit seiner Rolle als Fels in der Währungsbrandung wieder gerecht – zumindest vorerst. Für ausländische Investoren bietet sich damit eine interessante Möglichkeit. Sie können eine Flucht in den Schweizer Franken mit Investitionen in Finanzprodukte zu kombinieren. Diese zeigen nach den massiven Kursrückschlägen der vergangenen Monate zumindest teilweise wieder ein langfristiges Aufwärtspotenzial.

Und die Schweizer Wirtschaft?

Viel Spielraum bleibt der EZB derzeit nicht, um den Euro zu stärken. Weitere Zinserhöhungen wären riskant. Denn die hochverschuldeten Länder unter den Euro-Mitgliedsstaaten wären dann kaum in der Lage, ihre Schulden zu begleichen. Eine länger anhaltende Euro-Schwäche darf also angesichts einer drohenden Rezession im Euro-Raum nicht überraschen. Für die Schweiz wären die Folgen vor allem in der Tourismusbranche zu spüren. Diese hatte kaum Zeit, sich von den Auflagen während der Corona-Pandemie zu erholen, und sie wird nun zusätzlich von Energieknappheit und Eurokrise in die Zange genommen. Allerdings muss man relativieren. Zwar dürften Ferien in der Schweiz im kommenden Winter für viele Touristen aus dem Euro-Raum zum unerschwinglichen Luxus werden. Jedoch zeigen beispielsweise die Daten des Hotelbuchungsportals Booking.com, dass rund 80% der Hotels an wichtigen Wintersportorten der Schweiz zwischen Weihnachten und Sylvester bereits sehr gut oder sogar komplett ausgelastet sind. Wohlhabende Touristen aus dem Euro-Raum nutzen demnach die Gelegenheit, der Tristesse des Heimatlandes für einen Erholungsaufenthalt in der Schweiz zu entfliehen. Für den Schweizer Tourismus kann das allerdings eine Bewährungsprobe darstellen, denn die Erwartungshaltung der Gäste könnte parallel zu den Preisen steigen.

Etwas besser positioniert dürften die Schweizer Exporteure sein. Diese haben in vielen Fällen Niederlassungen im Euro-Raum, wodurch sie Wechselkursänderungen abfedern können. Zudem hatten viele Unternehmen ihre Kostenstruktur bereits während der Covid-19-Pandemie angepasst. Ausserdem hatten die Exporteure genügend Zeit, um sich auf einen schwachen Euro einzustellen, nachdem es die SNB aufgegeben hat, gegen die Stärke des Schweizer Frankens anzukämpfen.

Fazit

Von Washington über London bis Frankfurt stehen die Zentralbanken derzeit mächtig unter Druck. Die heimische SNB musste auch einige Wirkungstreffer in den jüngsten Turbulenzen an den Finanz- und Devisenmärkten wegstecken. Der starke Schweizer Franken bewährt sich in unsicheren Zeiten wie diesen wieder einmal als gesuchte Fluchtwährung. Grundsätzlich ein gutes Signal für den Finanzplatz Schweiz. Die Tourismusindustrie scheint noch mit einem blauen Auge davon zu kommen. Vor allem im hochpreisigen Segment sind die Kunden weniger preissensibel. Die Stärke des Schweizer Frankens ist für wohlhabende Touristen kein Hindernis.

Den Exportunternehmen weht allerdings ein rauer Wind entgegen. Jedoch dürften viele Firmen vorbereitet sein. Sie operieren entweder auch in der Eurozone oder haben notwendige Schritte in die Wege geleitet, um die Euro-Schwäche abzufedern.

Insgesamt sollte sich die Schweizer Wirtschaft auf einen weiterhin starken Schweizer Franken einstellen, denn die Devisenmärkte haben derzeit die Macht über die Leitwährungen an sich gerissen. Den Notenbanken fehlen derzeit offenbar die Möglichkeiten, um entschieden ins Währungsgefüge einzugreifen.

André Renggli, CEO Griston Holding: «Die Strompreiserhöhungen in 2023 werden uns schmerzen»

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Die Griston Holding AG mit Sitz in Untervaz im Graubünden ist mit den von ihr direkt und indirekt gehaltenen Gesellschaften in der Kies- und Betonindustrie, im Anlagenbau, Engineering und im Baudienstleistungsbereich tätig. 15 Gesellschaften sind unter dem Dach der Holding konsolidiert, 4 weitere Unternehmen assoziiert. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte die Griston-Gruppe einen konsolidierten Nettoumsatz von knapp 47.0 Mio. CHF, womit der Vorjahresumsatz praktisch gehalten werden konnte. Das Unternehmen wird für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende ausschütten.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net äussert sich der Delegierte des Verwaltungsrats, André Renggli, zu der Schliessung der Trumag AG in Kandergrund sowie den Problemen mit den Lieferketten und erläutert, was die steigenden Energiepreise für das Unternehmen bedeuten.

André Renggli, Delegierter des Verwaltungsrat der Griston AG. Bild: zVg.
Herr Renggli, der Geschäftsabschluss in 2021 fiel in etwa wie 2020 aus. Welches waren die grössten Herausforderungen im vergangenen Geschäftsjahr?

Die Vorbereitungen des Prozesses für die Schliessung des Standortes der Trumag in Kandergrund. Im internationalen Geschäftsbereich die Währungsproblematik CHF/EUR.

Was waren die Gründe für die Schliessung der Trumag in Kandergrund? Was bedeutet das für die Arbeitnehmer in Kandergrund?

Zum heutigen Zeitpunkt ist die Schliessung praktisch abgeschlossen. Zur Zeit stehen nur noch  Endarbeiten wie Instandsetzung und Reinigung an, damit die Räumlichkeiten per Ende November 2023 an den Vermieter zurückgegeben werden können. Zum Schliessungsentscheid haben ausschliesslich langjährige wirtschaftliche Gründe geführt. Sämtliche Mitarbeiter haben mit der Unterstützung von uns zwischenzeitlich eine neue Anstellung im Berner Oberland gefunden.

Die 15 unter dem Dach der Griston Holding konsolidierten Gesellschaften. Quelle: Geschäftsbericht der Griston AG
Sie schreiben im Vorwort zum Geschäftsbericht, dass die 2020 durchgeführte Anpassung der Organisation und die Optimierung der Prozesse auf allen Ebenen der in der Schüttguttechnik auf dem internationalen Markt tätigen STAG sich auch im abgelaufenen Geschäftsjahr bewährt habe. Können Sie erläutern, was es mit der Optimierung der Prozesse auf sich hat?

Wir führen Fitnesschecks durch, das heisst eine bessere Evaluierung/Machbarkeit von der Offerte über die Bestellung bis hin zur Abwicklung. Dazu kommen laufende technische Designreviews, was zu einer Effizienz- und Produktivitätssteigerung führt.

Ihre Kies- und Betonwerke sind auch im zweiten Corona-Jahr «im grossen Ganzen» von der Pandemie verschont geblieben, schreiben Sie. Was heisst hier «im grossen Ganzen»? Wo tangierte die Pandemie Ihre Geschäfte?

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat uns Corona im Kies- und Betongeschäft lediglich marginal getroffen. Bei einigen Baustellen kam es aufgrund von Problemen bei den Lieferketten wie z.B. bei der Lieferung von Baustahl zu Bauverzögerungen. Weitere Auswirkungen waren nicht spürbar, die Auftragsbücher unserer Kunden waren und sind nach wie vor gut gefüllt.

Inwieweit machen Ihnen die gestiegenen Energiepreise zu schaffen?

Im Geschäftsjahr 2021 war das noch kein Thema. Im laufenden Jahr waren wir lediglich in einem Kieswerk von höheren Strompreisen betroffen. Für 2023 zeichnen sich massive Strompreissteigerungen ab, die uns schmerzen werden. Wir sind also gefordert.

Sind Sie von Lieferengpässen z.B. bei Maschinen und Fahrzeugen betroffen? Wo treffen Sie die Engpässe besonders?

Lieferengpässe machen uns zur Zeit keine Sorgen.

Sie haben während der Pandemie keine staatlichen Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen. Wie wirkt sich das auf die Dividendenpolitik aus?

Die Griston Holding AG zahlte 2022 für das Geschäftsjahr 2021 wie gewohnt eine Dividende von 15% aus.

Wie werden Sie das Geschäftsjahr 2022 abschliessen?

Aufgrund der schwächeren Verkaufssituation im Raum Davos wird das Resultat tiefer als 2021 ausfallen.

Welches sind Ihre Befürchtungen angesichts der Weltlage? Drohen Ihnen Kunden wegzubrechen?

Aus jetziger Sicht hegen wir keine Befürchtungen, dass uns angesichts der aktuellen Weltlage Kunden wegbrechen werden. Was auftreten könnte, sind Projektverzögerungen im internationalen Anlagenbau.

Welche Chancen sehen Sie für Griston in 2023?

Wir haben verschiede Projekte am Laufen, die aber noch nicht spruchreif sind.

Herr Renggli, vielen Dank für dieses Gespräch.

Die Aktien der Griston Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 2’950 CHF für eine Aktie bezahlt.

Weder die Corona-Pandemie noch der Ukraine-Krieg und die aufkommende Energiekrise konnten dem Kursverlauf der auf OTC-X gehandelten Griston-Aktie in den letzten drei Jahren etwas anhaben. Quelle: otc-x.ch

Macro Perspective: Zombie-geddon – wenn den Untoten die Stunde schlägt

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Wird der Zombie-Spuk durch Inflations- und Zinsanstieg beendet? Bild: stock.adobe.com

«Wer bin ich, wenn ich bin, was ich habe, und dann verliere, was ich habe?» Erich Fromm, 1900-1980, Psychoanalytiker, Philosoph

Zombies zählen heute dank Filmen und Videospielen zum Allgemeingut. Gemeint sind die mit einem Voodoo-Zauber belegten «lebenden Toten», die seelenlos den Willen des Hexers erfüllen. Es gibt kein Happy End. Und so ist es auch bei den vielen Zombie-Unternehmen, die begünstigt durch die Voodoo Economics seit langem schon ihr Unwesen treiben. Sie verzerren den Wettbewerb und saugen Wirtschaft und Gesellschaft den Lebenssaft aus. Beenden Inflations- und Zinsanstieg nun den Spuk?

Was ein Zombie-Unternehmen auszeichnet, ist einfach zu verstehen: Es bezahlt nach OECD-Definition seit mindestens drei Jahren mehr an Zinsen für das Fremdkapital als es an Gewinnen erwirtschaftet. Und es muss mindestens 10 Jahre alt sein. Letzteres schliesst somit junge innovative Unternehmen aus, bei denen am Anfang planmässig meist für mehrere Jahre mit Anlaufverlusten zu rechnen ist.

Voodoo Economics

Zombie-Unternehmen stammen auch in aller Regel nicht aus den dynamischen technologiegetriebenen Industrien, sondern sind meist aus älteren Branchen. Kennzeichnend ist, dass sie hoch verschuldet sind, wenig investieren und oft nur noch deshalb im Geschäft sind, weil sie ihre Konkurrenten preislich unterbieten. Für die Zombies geht es nur darum, im Geschäft zu bleiben und Cashflows zu generieren – selbst wenn die erzielten Umsätze keine Rentabilität erlauben. Sie bleiben im Geschäft, weil sie mit Hilfe der Notenbanken und ihrer Kreditgeber gelernt haben, das marktwirtschaftliche System zu unterlaufen. Denn mit immer neuen Krediten kann die Maschinerie am Laufen gehalten werden, auch wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird.

Die Praxis der Zombifizierung

Den Banken und sonstigen Kreditgebern kommt in dem gesamten Prozess der Zombifizierung die Schlüsselrolle zu. So einleuchtend es sein mag, dass ein Lieferant oder Dienstleister des Zombie-Unternehmens auch längere Zahlungsfristen hinnimmt, um den Kunden zu behalten, so fragwürdig ist die geübte Praxis der Kreditgeber. Sie prüfen die Bilanzen und die Geschäftszahlen – sehen die Finanzlöcher, die mangelnde Profitabilität, die geringen Investitionen, den veralteten Maschinenpark – und rufen doch ihre ausstehenden Kredite nicht zurück oder gewähren sogar neue.

New Normal?

Was unter «normalen» monetären Bedingungen allenfalls kurzzeitig funktionieren kann, mutierte in der monetären Kunstwelt nach 2008 zum «new normal». Immer mehr nicht mehr wettbewerbsfähige Unternehmen und durchaus auch Banken hängten sich bereitwillig an den Tropf der Magier der Voodoo Economics, auch Modern Monetary Theory genannt. Im Klartext: Ultratiefe Zinssätze infolge der bis vor kurzem global etablierten QE-Massnahmen. Die Alternative wäre der Insolvenzantrag gewesen.

Initialzündung am Markt der Staatsanleihen

Noch Anfang des Jahres 2022 lagen die massgeblichen Zinssätze 10-jähriger Staatsanleihen auf den historischen Tiefständen, auf die sie von den Notenbanken durch immer neue QE-Programme geschleust wurden. Die US-Government Bonds mit 10-jähriger Laufzeit rentierten Anfang Jahr mit 1,5%, die italienischen mit 1,1% und die der Schweiz und Deutschlands zeigten sogar noch eine negative Rendite. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der Bund-Rendite. Von über 4% in 2008 bis 2015 in den Null-Bereich. Danach pendelte die Rendite bis Anfang 2022 zwischen 0,6% und -0,6%.

Entwicklung der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen Deutschlands. Chart: statista.com
Spreu und Weizen

Inzwischen haben sich die Renditen drastisch erhöht: die der US-Bonds auf 4%, die der italienischen auf 4,8%, die der deutschen auf 2,3% und die der schweizerischen auf 1,3%. Die Ära der Disinflation ist damit zu Ende. Steigende Preise für Rohstoffe, Energie und Transport, Lieferengpässe, Devisenturbulenzen und Personalknappheit sind die Faktoren. Pandemie und Krieg haben zu Verwerfungen geführt, an die sich zwar gut geführte, solide finanzierte und agile Marktteilnehmer anpassen können, nicht jedoch am Tropf hängende überschuldete Zombie-Unternehmen.

Zinsdienst und Eigenkapital

So wie das über viele Jahre künstlich tief gehaltene Zinsniveau zugunsten der nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen geführt hat, wirkt sich der überraschend starke und überaus schnelle Renditeanstieg infolge der hohen Teuerungsraten nun geballt negativ auf finanzschwache Firmen aus. Der Hebel ist hoch. Der Zinsdienst verlangt jetzt, nach und nach, ein Vielfaches des Gewohnten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das dünne Eigenkapital aufgezehrt ist. Die Anzahl der Insolvenzen hat im Jahresverlauf bereits deutlich zugenommen – in der Schweiz, in Deutschland, eigentlich überall.

Beginnende Dynamik bei Unternehmenskonkursen

Laut Dun & Bradstreet stiegen die Unternehmenskonkurse in der Schweiz in den ersten drei Quartalen des Jahres um fast einen Viertel auf 3’552, allein auf September entfielen davon 773. Noch die Bilanz des ersten Halbjahres zeigte eine Zunahme um 18%. Das zeigt ansatzweise die Dynamik der sich auftürmenden Welle. Davon sind auch die kreditgebenden Banken betroffen, sowie insbesondere die Schattenbanken.

Dilemma der Kreditgeber

Der Begriff der Zombie-Banken ist bereits eingeführt. Ihr Dilemma besteht darin, dass die Kündigung von Krediten an Zombie-Unternehmen diese in die Insolvenz treiben würde und damit einen grossen Abschreibungsbedarf mit sich bringen würde. Die Risiken erfassen somit auch die Kapitalgeber. Da Banken mittlerweile strenger reguliert werden, haben sie diese zweifelhafte Kredite oft an Schattenbanken ausgelagert, die kaum reguliert werden. Daher können selbst Aufsichtsbehörden und Notenbanken das potenzielle Ausmass des Abschreibungsbedarfes allenfalls grob schätzen.

Die Rolle der Notenbanken

Das Dilemma wird somit zu einem Polylemma. Wenn das Finanzsystem wackelt, kommt der Schrei nach der Stabilität, der dann unweigerlich in neuem Interventionismus endet. Der Kreis schliesst sich, denn spätestens seit der Finanz- und Staatsschuldenkrise von 2008/2009 gelten QE-Programme und Liquiditätsschwemmen als Allheilmittel. Das zeigt sich schon daran, dass die bereits mächtig aufgeblähten Bilanzen der Notenbanken zu Beginn der Pandemie 2020 nochmals durch neue «Schutzschirme» in untragbare Höhen aufgeblasen wurden. Wenn auch die Fed verspätet zwar, aber immerhin, die Liquidität am Markt durch 60 Mrd. USD pro Monat abbaut, indem sie die Erlöse aus Tilgungen nicht mehr reinvestiert, der Konflikt zwischen Tauben und Falken in den Notenbankgremien ist bereits entbrannt. Inflation dämpfen durch Zinserhöhungen oder, wie bisher, Liquidität in den Markt pumpen, um die Rezession abzumildern?

Neue Staatsschuldenkrise am Horizont?

Teil des Polylemmas ist ja, dass auch die meisten Staaten hoch verschuldet sind. So rechnet selbst das EU-Musterland Österreich mit einer Verdoppelung der Zinskosten. Italien ist wegen der hohen Verschuldung viel stärker betroffen. Jetzt rächt sich, dass die guten Zeiten nach der Überwindung der «Great Recession» von 2008/2009 nicht genutzt wurden, um die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Die Staatsverschuldung als Prozentsatz des BIP wurde in nahezu allen Ländern ausgeweitet. In Japan sind es über 230% des BIP, in Italien über 130% und in Deutschland 70%.

Verlustreiches Ende der monetären Kunstwelt

Ein Grund ist, dass erstklassige Schuldner wie Schweiz und Deutschland sogar Anleihen begeben konnten, die eine negative Verzinsung aufwiesen. Die Anleihekäufer akzeptierten also, dass sie für 10 Jahre den Schuldner sogar dafür bezahlten, dass er sich von ihnen Kapital lieh! Österreich begab sogar eine 100-jährige Anleihe zu Null-Zinsen. Der Kurs hat sich allerdings zwischenzeitlich mehr als halbiert.

Produktivität und Wettbewerb in der Zombie-Wirtschaft

Somit wird klar, dass die Zombie-Wirtschaft schlechte Unternehmen, schlechte Banken und schlechte Regierungen am Leben hält. Das so gebundene Kapital verzinst sich nicht, zumindest real, und begründet eine Verschlechterung von Produktivität und internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Bemerkenswert ist auch, dass der Kerngedanke der Marktwirtschaft – der Wettbewerb – durch die Zombie-Wirtschaft der monetären Kunstwelt auf den Kopf gestellt wird. In anderen Worten: Die gut geführten, profitablen und innovativen Unternehmen können die Preise durch den subventionierten Preisdruck der Zombie-Unternehmen nicht so erhöhen, wie es erforderlich wäre, um Investitionen in dem Umfang zu tätigen, der die Unternehmen an der Spitze hält. Somit schadet die Zombie-Wirtschaft nicht nur den direkten Wettbewerbern, sondern den Volkswirtschaften als Ganzes.

Wahrnehmungsschwelle sinkt

Man hört ja schon lange von den Zombie-Unternehmen und -Banken. Bisher haben sich die Befürchtungen nicht bestätigt. Das hat dazu geführt, dass das Problem in seiner Tragweite noch nicht erfasst wird – zumindest in weiten Teilen der Anlegerschafft. Dabei haben sich beispielsweise die Bank of America 2017, die Unternehmensberatung Kearney 2021 und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) 2017 eingehend mit dem Thema befasst.

Die Armee der Zombies

Im Kern kommen sie zu ähnlichen Feststellungen: Die Zahl der Zombie-Unternehmen hat sich gegenüber 2010 verdreifacht. Ohne Tiefzinsniveau läge deren Anzahl noch höher. Die Anzahl der Zombies bei börsenkotierten Unternehmen lag laut Kearney 2021 bei 1’600 von 67’000 untersuchten Unternehmen. Bei Simulationen mit Zinssätzen, die um 1,5% respektive 2% höher als im Erhebungszeitraum ausfallen, würde die Anzahl um 19% respektive 39% zunehmen. Das deckt sich mit dem durch Insolvenzanträge bereits sichtbaren Teil der Auswirkungen.

Weltweite Anzahl an börsennotierten Zombie-Unternehmen im Zeitraum 2010 – 2020. Quelle: Kearney
Transmissionsmechanismus am Kreditmarkt

Zu beachten ist, dass sich der steigende Marktzins nicht unmittelbar bei den Zombie-Unternehmen niederschlägt, denn Kredite sind meist mit einer Zinsbindungsfrist versehen, die oft 2-5 Jahre beträgt. Zombie-Unternehmen, die sich schon länger auf Messers Schneide bewegen, mit den Krediten jonglieren und sich nurmehr kurzfristig refinanzieren können, trifft es schneller. Doch letztlich trifft der Transmissionsmechanismus die anderen Zombie-Unternehmen genauso hart, nur eben etwas später.

Verteilung nach Ländern

Die Verteilung der Zombie-Unternehmen auf geografische Regionen und Industrien ist ungleich. Das hat auch damit zu tun, dass durch staatliche Lenkung und die Dominanz von Staatsunternehmen politische Ziele verfolgt werden und dann oft marktwirtschaftliche Regularien ausgesetzt oder geändert werden. Beispiele sind China, Japan und EU-Länder, insbesondere im Süden des Kontinents. Weniger Zombie-Unternehmen gibt es offensichtlich in den eher marktwirtschaftlich orientierten Ländern wie den USA, Kanada, Schweiz, Australien. Besonders anfällige Industrien sind Tourismus, Reisen, Freizeit, Medien, Gesundheit und Einzelhandel. Wenig bis gar nicht betroffen sind Versicherungen, Nahrungsmittel, Getränke, Drogerien, Versorger.

Verteilung nach Industrien

An manchen Industrien scheiden sich auch die Geister. So gilt für manche Experten, dass die Immobilienwirtschaft ziemlich resistent ist, für andere ist das Geschäftsmodell zahlreicher Player nicht nachhaltig und bei steigendem Zinsniveau sogar ruinös. Im Automobil-Sektor seien die Hersteller relativ sicher, aber die Zulieferer werden als gefährdet eingestuft. Hier drückt sich die Diskrepanz zwischen dem konventionellen Standpunkt – alles bleibt, wie es ist – und der dynamischen Perspektive des rapiden Strukturwandels aus.

Umsatzgrössen und Alter

Es ist nicht ganz einfach, zwischen Opfern des zyklischen Abschwungs, der strukturellen Krise und nicht wettbewerbsfähigen Zombie-Unternehmen am Tropf tiefer Zinsen zu unterscheiden. Teilweise ist der Übergang fliessend, teilweise folgt eins dem anderen als Konsequenz. Bedeutende Erkenntnisse aus der Forschung sind, dass Mikro- und Kleinunternehmen kaum zu Zombies werden. Vielmehr gilt, je grösser, desto wahrscheinlicher, allerdings nur bis zu einer Grössenordnung von rund 500 Mio. USD Jahresumsatz. Ähnlich eindeutig ist, dass jüngere Unternehmen weniger in Erscheinung treten als solche die älter als 20, 30, 40 Jahre sind.

Angesichts der unklaren Sicht, der widerstreitenden Kräfte und der allgemeinen Interessenkollisionen sind Investoren gut beraten, nicht alles zu glauben. Der Psychologe Fromm bringt es so auf den Punkt: «Wir sind lügnerischen Rationalisierungen ausgeliefert, die sich als Wahrheit ausgeben, und schierem Unsinn, der sich als gesunder Menschenverstand oder als die höhere Weisheit der Spezialisten tarnt, heuchlerischem Gerede, intellektueller Trägheit und Unaufrichtigkeit, die je nachdem im Namen der Ehre die Stimme erheben oder sich als Realismus ausgeben.»