Zur Rose Group: Übernahme von Eurapon stärkt Marktstellung im OTC-Geschäft

Wachstumsbeschleunigung in dritten Quartal. Wettbewerbsdruck nimmt zu.

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Eurapon Apotheke gehört nun zu Zur Rose Group
Die auf nicht rezeptpflichtige Medikamente spezialisierte Online-Apotheke Eurapon gehört bald der Zur Rose Group. Bild: eurapon.de

Nach dem Börsengang im Juli ist das nun abgeschlossene dritte Quartal 2017 das erste, über das die Zur Rose Group als börsenkotiertes Unternehmen an die neu gewonnenen Aktionäre berichtet. Die am 17. Oktober veröffentlichten Zahlen überraschen positiv; das Umsatzwachstum hat sich gegenüber den vorigen Quartalen auf nunmehr 15.4% beschleunigt.

Mit 245.86 Mio. CHF in QIII summiert sich der Umsatz der Zur Rose Group in den ersten 9 Monaten somit auf 711.6 Mio. CHF. Dies sind 9.9% mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Dazu kommen, vorbehältlich der Zustimmung der Kartellbehörden, ab 2018 die Umsätze der angekündigten Übernahme der Eurapon Pharmahandels GmbH mit Sitz in Bremen, die 2016 immerhin 52 Mio. Euro ausmachten. Die Wachstumsraten von Eurapon lagen seit 2013 bei imposanten 30% p.a. Unter anderem ist Eurapon Partner und Sponsor des Fussball-Clubs Werder Bremen.

Ausbau der Marktstellung

Die industrielle Logik für Zur Rose besteht in der Erhöhung der Marktanteile im Apotheken-Versandhandelsgeschäft im Bereich der verschreibungsfreien Medikamente. Effizienzgewinne sollen aus der vertikalen Integration resultieren. Die Zur Rose Tochtergesellschaft DocMorris übernimmt weite Teile der Logistik und der Medikamentenbelieferung. Der Versandhandel soll in die Niederlande verlegt werden, da dort ein für den europäischen Apotheken-Versandhandel günstiges Umfeld gegeben sei. Die Marktführerschaft der Zur Rose Group wird durch die Akquisition weiter ausgebaut.

Milliarden-Umsatzmarke wird genommen

Chart Zur Rose Group
Die Quartalszahlen und die Übernahme von Eurapon haben der Zur-Rose-Aktie Schub verliehen. Chart: moneynet.ch

Bei einer Fortsetzung der aktuellen Wachstumsraten bei den verschiedenen Zur-Rose-Gesellschaften könnte der Gruppenumsatz 2018 auf 1.2 Mrd. CHF bis 1.3 Mrd. CHF steigen. Denn besonders gut lief es 2017 insgesamt und speziell in QIII im heiss umkämpften deutschen Markt. Im Segment Deutschland belief sich das Wachstum in QIII auf 22.9% auf 122.4 Mio. CHF (108.3 Mio. Euro). Damit machte der Umsatz in Deutschland erstmals mehr aus als im Heimatmarkt Schweiz, wo 121.8 Mio. CHF erzielt wurden. Hier lag die Wachstumsrate bei 7.5%.

Noch weiter aufgesplittert zeigt sich in der starken Wachstumsrate von 43.9% im deutschen OTC-Geschäft auf nun 36 Mio. CHF (31.9 Mio. Euro), dass sich die massiven Marketingaufwendungen auch in entsprechenden Kundenzahlen und -bestellungen niederschlagen. In der 9-Monats-Betrachtung liegt die Wachstumsrate bei beachtlichen 41.5%, der Spartenumsatz stieg auf nun 103.3 Mio. CHF (93.4 Mio. Euro).

Schweiz wieder auf Wachstumskurs

In der Schweiz ist es nach mehreren Quartalen mit schrumpfendem Endkundengeschäft erstmals wieder gelungen, positive Zuwachsraten zu erreichen. Das Retailgeschäft stieg um 5.6%. Das Ärztegeschäft in der Schweiz legte kräftiger um 8.1% zu, eine Beschleunigung zu den vorigen Quartalen. In den ersten neun Monaten legte der Umsatz in der Schweiz um 3.8% auf 360 Mio. CHF zu.

Zweistellige Wachstumsraten in Deutschland

Demgegenüber verlief das Wachstum in Deutschland mit 22.9% in QIII stürmischer. In den ersten neun Monaten lag die Wachstumsrate bei 16.2%. Der erzielte Umsatz summiert sich auf 348.8 Mio. CHF (318.7 Mio. Euro). In Lokalwährung fallen die Zuwachsraten mit 18.4% in QIII und 16% in den ersten neun Monaten etwas geringer aus, aber doch immer noch sehr stark.

Kundenzahlen und Bestellungen steigen

Näher am operativen Geschäft wird offensichtlich, dass die Kundenzahlen stark zunehmen, von 1.25 Mio. in QIII 2016 auf nun 1.75 Mio. Kunden. Bei den Bestellungen wurde mit 5.23 Mio. in QIII erstmals die 5-Mio.-Marke überwunden. In QIII 2016 waren es noch 4 Mio. Bestellaufträge. Das Volumen der Bestellungen ging leicht zurück, was aber eine Folge des stärkeren Wachstums im OTC-Bereich ist, in dem die Bestellgrössen tiefer ausfallen als im Bereich verschreibungspflichtiger Medikamente.

EBITDA-Guidance unverändert

An der EBITDA-Guidance, die eine Marge von 4% bis 5% vorsieht, änderte das Zur Rose Management nichts, räumt aber ein, dass es zu Abweichungen kommen kann, wenn Akquisitionsgelegenheiten oder Wachstumsopportunitäten wahrgenommen werden. Gegenwärtig liegt die „organische“ Wachstumsrate bei 10% p.a., der Ausblick ist positiv.

Innovatives Grundversicherungsangebot mit Krankenversicherung KPT

Ende September meldete Zur Rose auch eine neue Initiative zusammen mit der Krankenversicherung KPT, die helfen soll, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Das neue Grundversicherungsmodell gewährt den Versicherten einen beträchtlichen Rabatt von 20%, dafür verpflichten sie sich, vor der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen einen telemedizinischen Beratungsdienst zu konsultieren sowie alle Medikamente über Zur Rose zu beziehen, per Versand oder in den betriebenen Apotheken. Ausgenommen sind Arzneimittel, die sofort eingenommen werden müssen. Angesichts der explodierenden Gesundheitskosten und der weit über den Inflationsraten liegenden Prämiensteigerungen für die privat Krankenversicherten hat das neue Modell beträchtliche Marktchancen.

Migros-Kooperation angelaufen

Bereits im Juli hatte Zur Rose die Kooperation mit dem Detailhandelsriesen Migros und die Eröffnung der ersten Shop-in-Shop-Apotheke in Bern gemeldet. Die Strategien greifen ineinander, denn der „Roll-out“ mit Migros führt zu einer flächendeckenden Präsenz, die gleichzeitig die von Zur Rose beabsichtigte Verbindung von Online- und Offline-Welt realisiert. Der „Burggraben“ in der Schweiz wird dadurch noch tiefer, was eine komfortable Position für die Wettbewerbsintensivierung in der EU bedeutet.

U-Turn bei Konkurrent

Doch auch die Konkurrenten schlafen nicht. Die in Frankfurt börsenkotierte Shop-Apotheke hat erst vor Kurzem einen U-Turn vollzogen und die Muttergesellschaft in den Niederlanden in einem „all-share deal“ übernommen, she. auch diesen Artikel zum Thema. Erst vor wenigen Jahren war die Shop-Apotheke als Tochtergesellschaft ausgegliedert worden. Mit einem Kursanstieg von 25 Euro auf mittlerweile bis zu 61 Euro ist die Börsenkapitalisierung der Shop-Apotheke nun bei aktuell 58 Euro auf 537 Mio. Euro geklettert. Zum Vergleich: Der Marktwert der Zur Rose Group beträgt nach dem jüngsten Kursanstieg im Gefolge der Publikation der guten Zahlen zu QIII und der Ankündigung der Eurapon-Übernahme aktuell 745 Mio. Euro (861 Mio. CHF). Der Abstand in den Marktbewertungen hat sich seit dem Börsengang von Zur Rose somit zugunsten der Shop-Apotheke deutlich verringert.

Shop-Apotheke-Zahlen zu QIII am 13. November

Am 13. November wird die Shop-Apotheke ihre Zahlen für das dritte Quartal 2017 veröffentlichen. Durch das Zusammengehen mit der Muttergesellschaft errechnet sich ein pro-forma-Umsatz 2016 von 318 Mio. Euro. Die Wachstumsraten in 2017 sind nicht zuletzt wegen den Mitteln aus dem Börsengang bei Shop-Apotheke deutlich beschleunigt worden. Es wurde sogar schon angekündigt, dass im November die Prognose um 10% auf dann 55% bis 65% angehoben werden soll. Verluste nimmt Shop-Apotheke zugunsten der Wachstumsraten gezielt in Kauf. Die EBITDA-Marge soll minus 2% bis minus 3% betragen.

Amazon entscheidet über Pharmahandel bis 23.November (?)

Unterdessen könnte das wirklich bedeutsame Datum für die Branche der 23. November sein, Thanksgiving in Amerika. Denn Amazon hat, so berichtet jedenfalls CNBC, eine Ankündigung zum Einstieg in das Pharmahandelsgeschäft bis Thanksgiving angedeutet. Dann könnten die Karten komplett neu gemischt werden.

Fazit: Die Dynamik im Online-Apothekenmarkt hat sich mit den Börsengängen von zunächst Shop-Apotheke, dann Zur Rose deutlich beschleunigt. Ein harter Kampf um Marktanteile wird ausgefochten. Klar ist, dass es auf längere Sicht zu einer Konzentrationsbewegung kommen wird, bei der die kleineren Player auf der Strecke bleiben. Vieles spricht dafür, dass Zur Rose mit der starken und ertragsreichen Basis im Heimatmarkt sowie der immer wieder bewiesenen Innovationsführerschaft strategisch besser positioniert ist als die Konkurrenten. Jetzt geht es darum, die bislang erfolgreich verfolgte Strategie weiterhin konsequent umzusetzen und so die Wettbewerbsvorteile in Marktanteile umzumünzen, die auch ertragsreich sind. Schon jetzt scheint allerdings klar, dass im „Endgame“ um die europäischen Apothekenkunden Einheiten, die grösser als Zur Rose sind, das Sagen haben werden. So will der grösste Einzelhändler der Welt, Wal-Mart, Amazon ernsthaft Paroli bieten, wozu der Konzern mit 250 Mrd. USD Börsenbewertung durchaus in der Lage ist.

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