BVZ Holding: Mit Polaris & Co. vorwärts in Richtung neuer Höchstmarken

Tourismusgesellschaft investiert rund eine Milliarde Franken in die Infrastruktur

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Polaris Gornergratbahn
2022 beschaffte die BZV-Gruppe neues Rollmaterial wie den Polaris Zug für die Gornergratbahn. Bild: zvg

Im Wallis läuft der Tourismus wieder rund. Dies zeigten bereits Anfang Januar die ersten Zahlen der BVZ Holding zu Umsatz und Frequenzen. Nun unterstrich die Tourismusgesellschaft mit ihrem Jahresabschluss, dass sie wieder «zurück in der Spur» ist. Der Umsatz stieg insgesamt um 27,1% auf 181.8 Mio. CHF, und der Gewinn lag mit 23.5 Mio. CHF deutlich über den Vor-Corona-Zahlen. Sollte die positive Entwicklung in der Tourismusbranche anhalten, könnte das Ergebnis im Geschäftsjahr 2023 sogar noch übertroffen werden. Die Aktionäre sollen an der Generalversammlung vom 20. April eine Dividende in Höhe von 15 CHF erhalten.

Selbst überrascht von gutem Abschneiden

Verwaltungsratspräsident Patrick Z’Brun und CEO Fernando Lehner waren selbst etwas überrascht über die guten Abschlusszahlen der BVZ-Gruppe. «Wir sind immer überzeugt davon gewesen, dass wir nach Corona wieder zurück auf den Erfolgspfad kommen können», so Lehner. Doch dass man so schnell wieder ein so gutes Ergebnis habe präsentieren könne, davon sei die Unternehmensleitung doch überrascht gewesen. Zu dem guten Ergebnis haben alle drei Geschäftsfelder der BVZ Holding AG beigetragen: die Gornergratbahn (GGB), welche in diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, die Immobiliensparte und auch die Beteiligungen, zu der 34% am Matterhorn Terminal Täsch und 22% an der Zermatt Bergbahnen AG gehören. Sehr positiv entwickelte sich auch die Matterhorn Gotthard Bahngruppe (MG Bahn), die öffentliche Transportdienstleistungen erbringt und dafür auch Abgeltungen des Bundes erhält. Gleichzeitig ist die MG-Bahn mit dem Glacier Express und dem Bahncateringunternehmen Panoramic Gourmet auch im privatwirtschaftlichen Bereich tätig.

Eträge BVZ Gruppe 2022
Die Gornergratbahn konnte den Umsatz 2022 am stärksten steigern. Abb.: www.bvzholding.ch

Die Gornergratbahn konnte den Umsatz auf 33.4 Mio. CHF (+68,9%) erhöhen; bei den Beteiligungen sowie dem Glacier Express stiegen die Erträge um 56,1% auf 39.4 Mio. CHF. Mit den Renditeliegenschaften erzielte die BVZ-Gruppe 5.7 Mio. CHF (3,8%). Im Regional- und Güterverkehr sowie dem Autoverlad Furka erhöhte sich der Umsatz um 29,6% auf 64.1 Mio. CHF; hinzu kamen nochmals 39.2 Mio. CHF Abgeltungen der öffentlichen Hand. Diese fielen jedoch um 9% geringer als im Vorjahr aus.

Kostensparprogramm fortgesetzt

Dass sämtliche Gewinnzahlen zwei- bzw. dreistellige Wachstumsraten verzeichneten, ist vor allem auf den unterproportional gestiegenen Betriebsaufwand zurückzuführen, der mit knapp 140 Mio. CHF nur um 15,2% über dem Vorjahreswert lag. Die BVZ-Gruppe begründet diese günstige Kostenentwicklung vor allem mit der flexiblen Kapazitätssteuerung und der Fortsetzung des Kostensparprogramms, aber auch mit dem Festhalten an den geplanten Investitionen. Der Material- und Dienstleistungsaufwand fiel mit 35.6 Mio. CHF um 31,5% höher als im Vorjahr aus, der Personalaufwand um 10,6% (70.4 Mio. CHF) und der übrige Betriebsaufwand um 8,7% (25 Mio. CHF). Insgesamt betrug der Personalbestand der Gruppe 2022 durchschnittlich 657 Vollzeitstellen; 12 zusätzliche Stellen wurden für den Rettungsdienst im Furka Basistunnel und im Bereich der Rollmaterialinstandhaltung geschaffen.

50.8 Mio. CHF EBITDA sind neuer Rekord

Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) erreichte mit 50.8 Mio. CHF (+ 73,4%) einen neuen Rekordwert. In 2019, dem letzten Geschäftsjahr vor der Pandemie, erwirtschaftete die BVZ-Gruppe ein EBITDA von 49.4 Mio. CHF. Das EBIT hingegen erreichte mit 27.6 Mio. CHF den 2019er Wert nicht ganz, während der Reingewinn wiederum mit 23.5 Mio. CHF eine neue Bestmarke erreichte. Die Abschreibungen lagen 2022 mit 23.2 Mio. CHF um 1,6% über dem Vorjahreswert und haben gegenüber 2019 um knapp 9% zugenommen. Erfreulich ist, dass der Gewinnbeitrag in allen Geschäftsfeldern wiederum höher ausgefallen ist. Die GGB steuerte mit 38% oder 9 Mio. CHF den grössten Anteil zum Gruppengewinn bei, gefolgt von der Mobilität (6.6 Mio. CHF), den sonstigen Leistungen (6.5 Mio. CHF) und den Immobilien (1.4 Mio. CHF). Auch wenn die Immobilien lediglich knapp 6% zum Gewinn beisteuern, so hat sich gerade in der Pandemie gezeigt, dass die Liegenschaften in Zermatt, Visp und Andermatt einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Gewinns leisten. Der Wert des Immobilienportfolios beträgt knapp 120 Mio. CHF, wobei die Liegenschaften lediglich mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich der Abschreibungen bewertet werden.

Investitionsprogramm während Pandemie nicht gestoppt

«Wir sind froh, dass wir auch während der Pandemie an den strategischen Investitionen festgehalten haben», so Patrick Z’Brun an der Bilanzmedienkonferenz. Die ersten Ergebnisse dieses rund 1 Mrd. CHF umfassenden Investitionsprogramms sind bereits sichtbar. So wurden 2022 die ersten Polaris Züge von der Gornergratbahn in Betrieb genommen. Ausserdem investierte die GGB in Erlebnisangebote am Berg wie die multimediale Erlebniswelt Zoom the Matterhorn, um die Attraktivität und damit auch die Frequenzen zu steigern. Auch bei der MG-Bahn kam mit den Orion Zügen neues Rollmaterial auf die Schiene. Doch die grössten Investitionen stehen in Zukunft mit dem Umbau des Bahnhofs in Brig, der Modernisierung des Autoverlads Furka Oberwald – Realp und einem Tunnel zwischen Täsch und Zermatt an. Letzterer soll die immer wieder durch Steinschlag und Lawinenabgänge gefährdete Zugstrecke ersetzen. Die Investitionen für den 4.1 km langen Tunnel in Höhe von 330 Mio. CHF trägt allerdings die öffentliche Hand. Fernando Lehner spricht insgesamt von rund 100 Investitionsprojekten, die aktuell bei der BVZ-Gruppe laufen.

Nachhaltigkeit gewinnt weiter an Bedeutung

Auch wenn die drei Hauptorte entlang der Bahnlinie der MG-Bahn mit Zermatt, Andermatt und Disentis hoch gelegen und somit vom Klimawandel und dem Schneemangel weniger betroffen sind als tiefer gelegene Gebiete, so hat der spürbare Klimawandel in der Region bei der Bahngruppe auch zu einem verstärkten Engagement in Sachen Nachhaltigkeit geführt. Bis Herbst 2023 soll ein interdisziplinär zusammengesetztes Team eine Nachhaltigkeitsagenda erarbeiten, die alle drei Dimensionen nachhaltigen Handelns wie Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung abdeckt. Fernando Lehner weist ergänzend darauf hin, dass allein das neue Rollmaterial schon heute durch einen höheren Wirkungsgrad und die Rekuperation zu mehr Energieeffizienz beiträgt.

Guter Start ins 2023

Die ersten Wochen im laufenden Geschäftsjahr sind nach Angaben von Lehner erfreulich verlaufen. Gäste aus Asien und Nordamerika bereisen die Schweiz und gehören nach den Schweizer Gästen zu den wichtigsten Gästesegmenten. Die Excellence Class, das Luxusprodukt des Glacier Express, weise schon heute auf Monate hinaus Buchungsstände von 90% aus. Und dies bei Preisen um die 500 CHF je Ticket.

Fazit

Nach zwei dürren Jahren hat es die BVZ-Gruppe schneller als erwartet geschafft, frühere Rekordmarken zu egalisieren. Überraschend ist dies besonders, da die Corona-Massnahmen erst im März 2022 vollständig aufgehoben wurden. Neben dem enormen Nachholbedarf der Reisenden aus den Nah- und Fernmärkten hat auch das nach wie vor straffe Kostenmanagement, das dem Unternehmen durch die Pandemie geholfen hat, zu dem Rekordgewinn beigetragen. Klug war im Nachhinein auch der Entscheid, Investitionen nicht aufzuschieben oder gar zu sistieren. Gerade bei dem neuen Rollmaterial dürfte die Gesellschaft von der Energieeffizienz profitieren; ebenso hätten Preissteigerungen aufgrund der Inflation bei einer aufgeschobenen Bestellung die Investitionen mit Sicherheit verteuert.

Die Aussichten für das laufenden Geschäftsjahr sind positiv. Jedoch dürften Kostensteigerungen sowie höhere Abschreibungen die Erfolgsrechnung belasten. Für 2023 werden sich die Strompreise bei der GGB nach Angaben der Gesellschaft nicht erhöhen, für 2024 und 2025 wurden allerdings Verträge abgeschlossen, die eine Verdoppelung des Preises beinhalten. Da die Reistätigkeit bedingt durch die Öffnung des chinesischen Marktes weiter zunimmt und die BVZ-Gruppe das Ziel von 11 Monaten Hochsaison verfolgt, dürfte der Gewinn 2023 – exogene Schocks ausgenommen – mindestens auf dem Niveau von 2022 zu liegen kommen. Auch die Immobiliensparte wird dabei aufgrund der Neuvermietung eines sanierten Objekts in Zermatt den Ergebnisbeitrag positiv beeinflussen.

Auch wieder zurück auf der Erfolgsspur: der Kurs der BVZ-Aktie. Chart: www.six-group.com

Seit Jahresbeginn hat der Aktienkurs der an der SIX kotierten BVZ-Aktie wieder angezogen und notiert derzeit bei 850 CHF. Gemessen am 2022er Gewinn von 105 CHF je Aktie (exkl. Minderheiten) beträgt das Kurs-/Gewinn-Verhältnis tiefe 8,1. Mit 1,7% ist die Dividendenrendite zwar nicht gerade üppig. Aber angesichts des Buchwertes von 971 CHF je Aktie (exkl. Minderheiten) per Ende 2022 scheint die Aktie auch auf dem aktuellen Kursniveau nicht zu hoch bewertet. Sofern die gute Geschäftsentwicklung anhält, dürfte sich der Kurs wieder dem Buchwert annähern.

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