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Congress Centre Kursaal Interlaken: Schwieriges Geschäftsjahr in 2015, aber erste Lichtblicke

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Trotz Pannen zum Jahresbeginn erreichte der Spielertrag in Interlaken per Ende September mit 8.1 Mio. CHF die Vorjahreswerte. Bild: www.casino-Interlaken.ch
Trotz Pannen zum Jahresbeginn erreichte der Spielertrag in Interlaken per Ende September mit 8.1 Mio. CHF die Vorjahreswerte. Bild: www.casino-Interlaken.ch

Für das Kongresszentrum in Interlaken und das angeschlossene Casino mit B-Konzession sah die Lage Anfang 2015 nicht besonders rosig aus. Ein achttägiger Systemausfall im Casino sowie ein schleppender Buchungseingang veranlassten den Verwaltungsrat noch an der Generalversammlung im Mai, von einem ganz schwierigen Jahr für das Unternehmen zu sprechen. Diese Zurückhaltung ist nun etwas in Zuversicht umgeschlagen: „Die Lage unserer Unternehmungen ist heute nicht mehr ganz so schwierig, wie es Anfang des Jahres zu erwarten war“, sagte Verwaltungsratspräsident Claude Thomann an einer Medienorientierung, die zeitgleich zum Versand eines Aktionärsbriefes stattfand. Das Kongressgeschäft entwickle sich ebenso wie die Erträge im Casino besser als budgetiert. Dennoch wies der VR-Präsident darauf hin, dass 2015 ein schwieriges Geschäftsjahr werde. Er führte dies vor allen Dingen auf das zyklische Geschäft mit grossen Kongressen zurück, die teilweise nur alle zwei Jahre stattfinden würden.

Kosten wurden gesenkt

Direktorin Isabel Wirth, die seit Oktober 2014 das Congress Centre Interlaken leitet, hob in ihren Ausführungen hervor, dass es im laufenden Geschäftsjahr gelungen sei, die Betriebskosten weiter zu senken, ohne Einbussen bei der hohen Dienstleistungsqualität machen zu müssen. Es dürfe daher davon ausgegangen werden, dass der Jahresverlust etwas tiefer ausfallen werde als budgetiert. Im Kongressgeschäft lag der Umsatz per 1. Oktober nach Angaben von Wirth bei 2.84 Mio. CHF. In der Spielbank profitierte die Casino Interlaken AG im laufenden Geschäftsjahr insbesondere von steigenden Tischspielumsätzen von Gästen aus dem Nahen und Mittleren Osten. „Wir konnten so die besten Tischspielumsätze seit Bestehen des Casinos erzielen“, erklärte Oliver Grimm, der CEO der Casinogesellschaft. Diese Umsätze hätten den Rückgang im Automatenspiel kompensieren können, so Grimm. Per Ende September lag der Brutto-Spielertrag bei 8.1 Mio. CHF und damit in etwa auf Vorjahresniveau. Dies ist insofern erfreulich, da das Casino nicht nur unter der Systempanne Anfang Jahr zu leiden hatte, sondern auch laufend mit illegalen Glücksspielangeboten in unmittelbarer Nähe zu kämpfen hat. Für das Gesamtjahr rechnet die CKI auf konsolidierter Basis zwar weiterhin mit einem Verlust. Allerdings soll dieser deutlich geringer als budgetiert und auch niedriger als im Jahr 2013 ausfallen. 2013 musste die Gesellschaft konsolidiert ein negatives Betriebsergebnis (EBIT) von 831’000 CHF ausweisen.

Kongressgeschäft soll rentabel werden

VR-Präsident Claude Thomann machte angesichts der nach wie vor wenig zufriedenstellenden Situation deutlich, dass das bisherige Geschäftsmodell, in dem die Gewinne aus dem Casino den Kongressbetrieb subventioniert hätten, vor dem Hintergrund der mittelfristig auslaufenden Spielbankenkonzession nicht mehr tragbar ist. „Das Kongressgeschäft muss künftig auf eigenen Beinen stehen“, erklärte Thomann an der Medienorientierung. Dies soll durch eine bessere Vermarktung und die Weiterentwicklung der Produkte erreicht werden. Ausserdem gebe es im Bereich des Destinationsmarketings und bei der Finanzierung des Interlakner Kongressbüros (IC&E) Handlungsbedarf. Im Zusammenhang mit der künftigen Gruppenstrategie, mit der sich der Verwaltungsrat in den letzten Monaten intensiv auseinandergesetzt hat, erklärte Thomann, dass eine Verwertung der Landreserven der Gesellschaft – namentlich des Frühareals – geprüft werde. Eine Möglichkeit sei es, dort ein Hotel zu erstellen, um so das für grosse Kongresse benötigte Zimmerangebot in Interlaken zu erweitern. Er wies jedoch auch darauf hin, dass ein solches Hotel nicht von der CKI betrieben werden könne. Zudem seien noch raumplanerische Hürden zu nehmen.

Obwohl die Aussagen von Verwaltungsrat und Management positiv stimmen, so zeichnet sich bisher noch keine klare Trendwende bei der Congress Centre Interlaken AG ab. Es muss dem Unternehmen – wie übrigens anderen Kursaal-Betrieben auch – gelingen, das Veranstaltungsgeschäft in einem ersten Schritt zumindest kostendeckend zu führen. Um dies zu erreichen, werden möglicherweise Investitionen und auch Anpassungen in der Struktur notwendig sein. Dank einer soliden Bilanz – die Eigenkapitalquote liegt bei 81% – und der hohen Substanz sollten diese für die Zukunft wichtigen Schritte auch finanzierbar sein. Der Aktienkurs von 220 CHF für die auf OTC-X gehandelten Titel spiegelt allerdings die Herausforderungen wider, die vor dem Unternehmen liegen. Denn der Abschlag auf das ausgewiesene Eigenkapital pro Aktie in Höhe von 1120 CHF beträgt fast 80%. Bis die neue Strategie auf dem Tisch liegt und sich abzeichnet, dass diese auch greift, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Bis dahin dürfte auch der Aktienkurs – trotz dieser signifikanten Unterbewertung – keine grossen Sprünge machen.

Im Kontext: Schweizer Schokoladenseiten für Asiaten – wohin das Geld fliesst

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Die Aktien der Swatch Group haben binnen Jahresfrist über 15% verloren. Chart: www.moneynet.ch
Hotel Cresta Palace Celerina (Bild: Cresta Palace Celerina AG, www.crestapalace.ch)
Hotel Cresta Palace Celerina. Bild: Cresta Palace Celerina AG, www.crestapalace.ch

Durch die überraschende Frankenaufwertung im Januar hat sich das Urlaubs- und Reiseverhalten vieler EU-Bürger stark verändert. Destinationen in der Schweiz, die traditionell bevorzugt Urlauber aus Frankreich, Italien und Deutschland anziehen, oft in Grenznähe, verlieren weiter, weil es mit dem noch schwächeren Euro für immer mehr EU-Bürger zu teuer geworden ist. Das Engadin mit seinen gehobenen exklusiven Resorts und Hotels, die vorwiegend Deutsche ansprechen, findet sich plötzlich aufgrund der sich verändernden Markstrukturen auf der Schattenseite. Ski fahren in St. Moritz und Après-Ski ist noch keine Freizeittätigkeit, die Chinesen in ihren hypnotischen Bann ziehen kann. Dementsprechend vermag auch die Luxus-Hotellerie die schwächeren Besucherzahlen aus Russland und der EU nicht ausreichend zu kompensieren, wenngleich die Anzahl der Reisenden z.B. aus den USA und UK leicht zulegen können. Ein Beispiel hierfür ist Cresta Palace Celerina.

Jede Krise ist auch eine Chance

Entsprechend finden sich unter den Bergbahnen einige Unternehmen, die von diesem Trend negativ betroffen sind. Zu diesen gehören nicht nur Betriebe im Engadin, sondern auch in Graubünden, wie die Davos Klosters Bergbahnen AG. Auf der „Schokoladenseite“ befinden sich dagegen neben den Jungfraubahnen und der Schilthornbahn im Berner Oberland auch die Titlis- und Pilatusbahnen ebenso wie die Rigi Bahnen, die mit der zentralen Lage am Vierwaldstättersee und dem Marketing-Joker der „Ältesten Zahnradbahn der Welt (1871)“ punkten können. Hintergrund ist ein ausgeklügeltes Marketingkonzept rund um die „Königin der Berge“, das bereits vor Ort in China ansetzt. Zudem erfolgt eine Repositionierung über den Transportauftrag hinaus hin zum Tourismusunternehmen. Hier wird, schon ganz chinesisch, erkannt und genutzt, dass jede Krise eben auch gleichzeitig eine Chance ist. Die Geschwindigkeit, mit der sich weite Teile der betroffenen Schweizer Industrien an die veränderten Marktbedingungen anpassen, ist beeindruckend.

Schlüsselindustrie Uhren prosperiert

Die Aktien der Swatch Group haben binnen Jahresfrist über 15% verloren. Chart: www.moneynet.ch
Die Aktien der Swatch Group haben binnen Jahresfrist um über 15% verloren. Chart: www.moneynet.ch

Dies zeigt sich vor allem an der Gesundheit der Branche, für die die Schweiz weltweit berühmt ist: die Uhrenindustrie. Trotz Frankenaufwertung bleibt die Stellung als klarer Weltmarkführer und wertmässig grösster Exporteur von Chronometern erhalten. Wer jetzt nur an den zuletzt enttäuschenden Kursverlauf von Swatch (- 16.5% binnen Jahresfrist) denkt, vergisst, dass die Uhrenindustrie für die Schweiz eine Schlüsselindustrie von grösster volkswirtschaftlicher Bedeutung ist und hauptsächlich nach wie vor in privaten Händen liegt, z.B. Patek Philippe und Rolex. Weiterhin geht es nicht nur um die Uhrenindustrie im engeren Sinne, bedenkt man, dass wichtige Zulieferer eben häufig nur zu einem geringeren Teil beispielsweise Microsysteme für Uhren liefern und hauptsächlich für andere Industrien wie Luft- und Raumfahrt, Messtechnik und Automobil tätig sind. Das Know-how aus der Uhrenfertigung mit dem weltweit akzeptierten Gütesiegel „Swiss made“ hat auch Zugang zu allen High-Tech-Industrien geschaffen. Kaum ein Satellit, eine Raumsonde oder ein Raumschiff kommt ohne Schweizer Präzisionsteile aus.

Im nächsten Teil der Serie blicken Sie direkt in das imposante Zahlenwerk der Schweizer Chronometrischen Industrie.

Mit dem neuen Format „Im Kontext“ beabsichtigen wir von schweizeraktien.net, in periodischen Artikel-Serien den gewohnten analytischen Blick auf das Micro-Level von einzelnen Aktien und Branchen durch einen breiteren und tieferen Kontext zu ergänzen, hin zu einem „Grossen Bild“. Dieses soll unseren Lesern in eher prosaischer Form und lebendig, bisweilen auch vergnüglich, wirtschaftliche, gesellschaftliche und historische Zusammenhänge vermitteln und Anregungen für die eigene Analyse der behandelten Sujets und Anlagethemen bieten, die oftmals im hektischen Tagesgeschäft in den Hintergrund gedrängt werden, aber für die fundierte Meinungsbildung „Im Kontext“ unabdingbar sind.

Den Start macht eine 10-teilige Serie zum Thema „Schweiz und Luxus – eine vielschichtige Beziehung„.

Rigi Bahnen: Rasantes Wachstum in 2015 – Kapitalerhöhung und Bardividende für 2016 geplant

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Ziel der Rigi Bahnen: Rigi Kulm, hoch über dem Vierwaldstättersee. Bild: www.rigi.ch
Ziel der Rigi Bahnen: Rigi Kulm, hoch über dem Vierwaldstättersee. Bild: www.rigi.ch

Die 1798 Meter über dem Vierwaldstättersee thronende Rigi war bisher vor allen Dingen als „Berg der Schweizer“ bekannt. Asiatische Gäste besuchten die „Königin der Berge“ in der Innerschweiz eher selten. Titlis und Pilatus hatten – neben den Destinationen im Berner Oberland – in den asiatischen Märkten ganz klar die Nase vorn. Doch vor wenigen Jahren hat auch die Rigi Bahnen AG (RBAG) mit der Bearbeitung asiatischer Märkte wie China und Korea begonnen. Diese Strategie begann sich bereits im letzten Jahr auszuzahlen. Der Betriebsertrag legte gegenüber dem Vorjahr um 9.6% auf 18.2 Mio. CHF zu, der Cashflow stieg sogar um 12.1% auf 4.1 Mio. CHF. Noch deutlicher wird der Anstieg gegenüber dem 5-Jahresdurchschnitt: Hier erhöhte sich der Betriebsertrag um 11.3% und der Cashflow sogar um 23.9%, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Unternehmensanalyse von OTC-X Research hervorgeht. Doch diese beeindruckenden Steigerungsraten waren nur der Anfang. Schon im laufenden Geschäftsjahr 2015 soll der Betriebsertrag gemäss der Analyse auf 21 Mio. CHF steigen. Bis Ende September lagen die Frequenzen der RBAG um 22% über der entsprechenden Vorjahresperiode. Neben dem Erfolg im Geschäft mit asiatischen Reisegruppen und Individualtouristen nennt die Studie auch das Generalabonnement (GA) und den Swiss Travel Pass – beide sind an der Rigi gültig – als einen Erfolgsfaktor für die Innerschweizer Bahngesellschaft. Zwar wirke sich die Akzeptanz des GA auf den Verkehrsertrag pro Gast negativ aus. Jedoch könne dieser Effekt durch steigendes Volumen überkompensiert werden.

Aufholpotenzial vorhanden

In der Studie wird auch der vom neuen Verwaltungsratspräsidenten Karl Bucher vorangetriebene Wandel vom Transport- zum Bergbahnunternehmen beschrieben. Obwohl die Ertragskraft der RBAG gegenüber der direkten Konkurrenz noch tiefer sei, wird ihr Aufholpotenzial attestiert. Zudem weist die Studie darauf hin, dass das Bahnunternehmen im Gegensatz zur Konkurrenz noch über grössere Kapazitätsreserven verfüge. Allerdings sei die die RBAG trotz der verbesserten Ertragskraft noch nicht zu einer reinen Selbstfinanzierung in der Lage. Daher sei für 2016 eine Aktienkapitalerhöhung im Umfang von 6 Mio. CHF durch die Ausgabe von 1.2 Mio. Namenaktien zu nominal 5 CHF geplant. Die Gemeinde Weggis werde sich mit zusätzlichen 950’000 CHF an der Kapitalerhöhung beteiligen. Mit der Kapitalerhöhung sollen nicht nur künftige Investitionen finanziert, sondern öffentliche Darlehen von Bund und Kantonen abgelöst werden. Auf diesem Weg werde die RBAG in der Lage sein, künftig – neben den Aktionärsvergünstigungen – Bardividenden auszuschütten. So könne bereits für das Geschäftsjahr 2015 eine Barausschüttung gewährleistet werden. In den nächsten zehn Jahren sei mit Investitionen in Höhe von rund 100 Mio. CHF zu rechnen, so die Studie von OTC-X Research. Etwa 75 Mio. CHF entfielen davon auf die etappenweise Erneuerung von Rollmaterial, die ab 2020 geplant sei.

Nach dem kräftigen Kursanstieg der Rigi Bahnen-Aktien seit Jahresbeginn dürfte die positive Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr in den aktuellen OTC-X-Kursen von 6.80 CHF bereits enthalten sein. Obwohl die Ankündigung einer Bardividende positiv zu werten ist, so wird die geplante Kapitalerhöhung auch eine Verwässerung der Erfolgskennzahlen nach sich ziehen. Dies sollten Investoren bei einem Anlageentscheid berücksichtigen. Die Perspektiven für die Rigi Bahnen scheinen zwar weiterhin intakt zu sein. Wer allerdings auf dem jetzigen Kursniveau investiert, sollte unbedingt einen langfristigen Anlagehorizont mitbringen. Denn der Umbau der RBAG vom Transport- zum Tourismusunternehmen wird nicht über Nacht passieren: Er wird einige Zeit und zudem Kapital benötigen (siehe auch Blog-Beitrag vom 29. Juli 2015).

Hinweis in eigener Sache: Karl Bucher, VR-Präsident der Rigi Bahnen AG, wird im Rahmen des Branchentalk Tourismus am 4. November das Unternehmen und die Strategie vorstellen. Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten finden Sie unter:
https://www.schweizeraktien.net/branchentalk/branchentalk-tourismus/

Im Kontext: Die Schweiz und Luxus – eine vielschichtige Beziehung

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Touristen in der Schweiz auf Shoppingtour: Uhren und Schmuck sind gefragt. Bild: www.fotolia.de
Touristen in der Schweiz auf Shoppingtour: Uhren und Schmuck sind gefragt. Bild: www.fotolia.de
Touristen in der Schweiz auf Shoppingtour: Uhren und Schmuck sind gefragt. Bild: www.fotolia.de

Ein Reisecar mit chinesischen Touristen hält am Schwanenplatz in der Luzerner Innenstadt. 38 Frauen und Männer strömen in die Fussgängerzone und verschwinden gleich in den luxuriösen Uhren- und Schmuckboutiquen. Man sieht den Gästen nicht an, dass innert nur 20 Minuten einige Hunderttausend Franken den Besitzer wechseln. „Am liebsten kaufen unsere chinesischen Kunden Rolex, lieber gleich zwei oder drei“, sagt die charmante Verkäuferin, die sogar leidlich Mandarin zu sprechen vermag. Ihre Position ist wichtiger denn je, weil vor allem die zahlreichen russischen Touristen in den letzten beiden Jahren spürbar weniger wurden. Auch aus der EU kommen weniger Gäste. Wie Deloitte in seiner zweiten Studie zur Schweizer Hotellerie, die im Juni 2015 veröffentlicht wurde, feststellt, deckt sich der Rückgang der Logiergäste aus Nachbarländern zwischen 2008 und 2015 mit minus 23.5% fast exakt mit dem Anstieg des Franken gegenüber dem Euro von 23.3% in dieser Zeitspanne. Diese beiden Kundengruppen waren zuvor über viele Jahre hinweg für die Schweiz von entscheidender Bedeutung, insbesondere für die Luxusindustrien wie Hotellerie, Uhren, Schmuck, Kunst, Antiquitäten usw. Hier schlagen sich die Spannungen zwischen den Supermächten, die Sanktionen, der schwache Ölpreis und die Schulden- und Währungsproblematik der EU-Länder nieder.

Ansturm der chinesischen Touristen gewinnt an Fahrt

Daher sollte man annehmen, dass die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China sowie der Crash an der Börse Shanghai auch den Touristenstrom aus China und die Ausgabebereitschaft negativ beeinflussen würde. Doch diese Annahme ist falsch. Bislang gibt es noch keine Anzeichen eines Abebbens der Begeisterung der Chinesen für Reisen in die Schweiz. Ein Hotelier im Zentrum des Geschehens ist überzeugt, dass so schnell keine Änderung eintritt: „Unsere chinesischen Gäste lieben die Schweiz, manche sind schon das zweite oder dritte Mal da, bringen Familie und Freunde mit.“ Bei der Schilthornbahn machen chinesische Besucher dieses Jahr bereits 25% des Gästeaufkommens aus, letztes Jahr waren es noch 15%. CEO Egger sagt, dass der Crash in Shanghai bisher keine Auswirkungen hat und der Markt so schnell nicht zusammenbrechen wird, ja, er sagt sogar, dass die chinesischen Gästezahlen explodieren.

Source: Global Blue Analytics © copyright Global Blue (2013), Barclays Research
Die Chinesen geben pro Kauf 846 Euro aus. Quelle: Global Blue Analytics, Barclays Research

Touristische Geldströme im Wandel der Zeit

Doch von den chinesischen Touristenströmen profitieren nicht alle Regionen und Subbranchen gleichermassen. Die Gruppen aus China bestehen in der Regel aus vielen Reisenden, die in kurzer Zeit viel ausgeben. Dabei liegen die Chinesen mit einer durchschnittlichen Transaktionsgrösse pro Kauf von 846 Euro in der Spitzengruppe, wie Barclays in der im April 2015 veröffentlichten Studie zu den European Luxury Goods ermittelte. Wie die Points-of-Sale im Einzelnen zustande kommen, hat mit Standort-Marketing und darüber hinaus auch viel mit dem kulturellen Kontext und gut geölten Beziehungen zu tun. Beispielsweise muss sich der Reiseführer in unsere Reisegruppe im oben genannten Reisecar gegen zahlreiche Konkurrenten einkaufen. Seine Investition. Nachdem die 38 Kunden aus dem Souvenir- und Luxury-Geschäft herauskommen, steht unser Führer in Türnähe unauffällig bereit, um die Provision des Handels einzustreichen. Ähnliche Mechanismen sind wohl bei den Hotels, Transportfirmen, Juwelieren usw. vorherrschend.

Im nächsten Teil der Luxus-Serie lesen Sie, welche Regionen und Industrien in der Schweiz besonders vom chinesischen Geldsegen profitieren.

Mit dem neuen Format „Im Kontext“ beabsichtigen wir von schweizeraktien.net,  in periodischen Artikel-Serien den gewohnten analytischen Blick auf das Micro-Level von einzelnen Aktien und Branchen durch einen breiteren und tieferen Kontext zu ergänzen, hin zu einem „Grossen Bild“. Dieses soll unseren Lesern in eher prosaischer Form und lebendig, bisweilen auch vergnüglich, wirtschaftliche, gesellschaftliche und historische Zusammenhänge vermitteln und Anregungen für die eigene Analyse der behandelten Sujets und Anlagethemen bieten, die oftmals im hektischen Tagesgeschäft in den Hintergrund gedrängt werden, aber für die fundierte Meinungsbildung „Im Kontext“ unabdingbar sind.

Den Start macht eine 10-teilige Serie zum Thema „Schweiz und Luxus – ein vielschichtiges Verhältnis“.

Générale-Beaulieu: Wird die Genfer Privatklinik von der Genolier-Gruppe übernommen?

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Die Klinik Générale Beaulieu befindet sich gemäss Medienberichten in Fusionsgesprächen. Bild: www.beaulieu.ch
Die Klinik Générale Beaulieu befindet sich gemäss Medienberichten in Fusionsgesprächen. Bild: www.beaulieu.ch

Antoine Hubert nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Expansion seiner Klinik- und Hotelgruppe AEVIS VICTORIA geht. Schon nach dem Kauf der Luxus-Hotelgruppe Victoria-Jungfrau kündigte der CEO an, insbesondere im Klinikbereich durch Zukäufe weiter wachsen zu wollen (siehe Blog-Interview vom 1. Juni 2015). Auch im Rahmen einer Präsentation an der Aktienkonferenz Investora Anfang Oktober machte Antoine Hubert klar, dass für das Genolier Swiss Medical Network (GSMN) die Strategie „Kaufen, integrieren, ernten“ laute. Konkret bedeutet dies: Genolier ist aktiv auf der Suche nach weiteren Kliniken, welche in das GSMN integriert werden können. 2015 gehörten 15 Privatkliniken sowie eine angegliederte Klinik mit mehr als 950 Betten zu der Klinikgruppe. In den letzten zehn Jahren konnte die AEVIS VICTORIA-Gruppe ihren Umsatz vor allen Dingen durch Akquisitionen von 73.1 Mio. CHF auf voraussichtlich über 600 Mio. CHF im laufenden Jahr steigern.

Genolier an „freundlicher“ Übernahme interessiert

Angesichts dieser Strategie ist es wenig überraschend, dass es offenbar Gespräche zwischen der Klinik Générale-Beaulieu in Genf und Genolier gibt. Gemäss einem kürzlich erschienenen Online-Artikel der Westschweizer Tageszeitung „Le Temps“ möchte GSMN offenbar die Klinik Générale-Beaulieu in Genf kaufen. Der Verwaltungsrat prüfe die Avancen, einige Miteigentümer wären jedoch gegen diese Annäherung, schreibt die Zeitung. Gemäss „Le Temps“ habe das GSMN diese Woche ihr Interesse gezeigt, die Klinik Générale-Beaulieu (GB) zu übernehmen. Andreas von Planta, Präsident des Verwaltungsrates des Genfer Unternehmens, bestätigte gegenüber der Westschweizer Tageszeitung die Anfrage. Eine Kaufsumme wäre keine genannt worden. Informierte Kreise sprechen von einem „freundlichen“ Vorgehen der Nummer zwei im Schweizer Privatklinikbereich. Eine „freundliche“ Übernahme hatte AEVIS auch im Fall der Victoria-Jungfrau-Gruppe erfolgreich umgesetzt.

Gescheiterte Gespräche mit Klinik Grangettes

Die Übernahme entspringe einer gescheiterten Fusion zwischen Générale-Beaulieu und der Konkurrenzklinik Grangettes, so Le Temps. Mit dieser Fusion, scheinbar seit 18 Monaten geplant, hätten die beiden Kliniken gegenüber dem Hôpital de la Tour an Stärke gewonnen. Diese Klinik setzt laut Le Temps 206 Mio. CHF um, während es bei Grangettes nur 103 Mio. CHF und bei Générale-Beaulieu 91 Mio. CHF sind. Die Verhandlungen seien unter anderem an der Opposition der Ärzte-Genossenschaft mit ihrer 30%-Beteiligung an Générale-Beaulieu gescheitert. Gemäss der neuen Aktienstruktur hätten die Ärzte nur noch 12% an Générale-Beaulieu gehalten. Philippe Glatz, einziger Eigentümer von Grangettes, hätte hingegen einen Mehrheitsanteil von 56% erreicht. Gemäss einem Informanten von „Le Temps“ hätten sich zwei verschiedene Kulturen gegenübergestanden: Générale-Beaulieu gewichte die Rentabilität weniger hoch als Grangettes. Es werde also nicht ausgeschlossen, dass Grangettes wieder mit einem Gegenangebot ins Spiel komme. Dies allerdings unter der Voraussetzung, über die entsprechenden Mittel zu verfügen und eine konkrete Offerte vorzulegen. Denkbar wäre auch die Idee einer Holding mit zwei theoretisch unabhängigen Kliniken, schreibt die Westschweizer Tageszeitung.

Regulatorisches Umfeld verstärkt Druck

Aktuell bestehe nur der Vorschlag von Genolier, das nie verleugnet habe, Fuss in Genf, Basel oder Bern fassen zu wollen. Générale-Beaulieu müsste demnächst eine Stellungnahme abgeben, so der Bericht in Le Temps. Aber zu diesem Zeitpunkt scheine das waadtländische Angebot noch weit davon entfernt zu sein, eine Mehrheit oder gar Einstimmigkeit bei den Aktionären zu finden. Gemäss Aussage von Andreas von Planta wären die privaten Kliniken ständig in Kontakt, um über Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu diskutieren. Das regulatorische Umfeld im Gesundheitswesen habe sich in den letzten Jahren verstärkt, und Allianzen mit dem Ziel, Einsparungen zu realisieren und die Leistungen für die Patienten zu verbessern, wären ein Thema von grosser Aktualität. Le Temps berichtete auch über den abrupten Abgang von Générale-Beaulieu-Direktor Philippe Cassegrain, der das Unternehmen Ende September nach 22 Amtsjahren verlassen habe. Dieser Abgang sei jedoch auch auf die schwierigen Verhandlungen mit den Versicherungen zurückzuführen, nicht nur auf die gescheiterten Gespräche mit Grangettes.

Dass die AEVIS VICTORIA-Gruppe laufend auf der Suche nach interessanten Übernahmezielen im Klinikbereich ist, ist nicht neu. Neu ist aber, dass es offenbar erste konkrete Gespräche zwischen GSMN und der Privatklinik Générale-Beaulieu gibt. Für die Genfer Privatklinik könnte ein solcher Zusammenschluss mit der Genolier-Gruppe aus der Position der Stärke heraus erfolgen. Denn bisher steht das Unternehmen sehr solide da. Mit einem Umsatz von 91 Mio. CHF erzielte die Générale-Beaulieu Holding in 2014 einen Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) von 11.4 Mio. CHF (- 9.1%) und einen Reingewinn von 4.4 Mio. CHF (- 32.7%). Die EBITDA-Marge lag bei 12.4% (Vorjahr: 14.0%). Damit liegt die Genfer Klinik ungefähr auf dem Niveau der AEVIS VICTORIA-Gruppe, die in 2014 eine EBITDA-Marge von 12.1% auswies. Mittelfristig soll diese bei AEVIS aber auf 20% steigen. Solche Margenverbesserungen dürften allerdings nur möglich sein, wenn Synergien im Einkauf und Betrieb ausgeschöpft und gegenüber den Krankenkassen eine starke Verhandlungsposition eingenommen werden kann. Daher ist mit einer weiteren Konsolidierung im Spitalmarkt zu rechnen. Wie konkret ein Übernahmeangebot für die Générale-Beaulieu Holding aussehen könnte, ist derzeit noch nicht bekannt. Die letztbezahlten Kurse auf OTC-X lagen bei 11’350 CHF für eine Générale-Beaulieu-Namenaktie zu nominal 50 CHF. Dies entspricht in etwa dem 7.5fachen des 2014er- EBITDA. Zum Vergleich: Die AEVIS VICTORIA-Gruppe wird bei Kursen um die 44 CHF mit dem 10fachen des 2014er-EBITDA bewertet. Da derzeit noch keine belastbaren Informationen zu einer möglichen Transaktion vorliegen, werden wir erst eine konkrete Einschätzung abgeben, sobald der Prozess weiter vorangeschritten ist. Denn schon oft sind Fusionspläne bereits nach den ersten Gesprächen wieder erfolglos abgebrochen worden.

Schweizer Bergbahnen: Einige Unternehmen sind wahre Geldmaschinen – Wo Aktionäre profitieren

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Aktionäre der Schilthornbahn erhalten ein Aktionärsbillet, das in der Woche der GV zur Retourfahrt auf das Schilthorn berechtigt. Bild: Schilthornbahn AG
Aktionäre der Schilthornbahn erhalten ein Aktionärsbillet, das in der Woche der GV zur Retourfahrt auf das Schilthorn berechtigt. Bild: Schilthornbahn AG

Seit der Rettung der Bergbahnen Destination Gstaad durch eine 28 Mio. CHF-Spritze einer Investorengruppe um Milliardär Ernesto Bertarelli machen Geschichten über Bergbahnen in den Medien die Runde, die nur dank der Hilfe von Mäzenen überleben können. Erst schrieb die NZZ in ihrer Samstagsausgabe über die „prominenten Bergbahnretter„. Dann doppelte die SRF Wirtschaftssendung ECO mit einem Beitrag über die Retter der Skigebiete nach. Zwar gibt es keinen Zweifel daran, dass die Kapazitäten am Berg in den letzten Jahren in der Schweiz laufend ausgeweitet wurden, während die Anzahl der Skifahrertage abgenommen hat. Doch daraus zu schliessen, dass das Transportgeschäft am Berg nur noch dank Mäzenatentum finanzierbar ist, wäre falsch. Denn alle Investoren in dem SRF-Beitrag – ob Ex-Raiffeisenbankchef Pierin Vincenz (Brigels), Privatbanker Matthias Eppenberger und Skispringer Simon Ammann (BB Toggenburg) – erwarten mittelfristig auch eine Dividendenzahlung. Auch wenn es keine hohe Rendite sein soll, so hoffen sie doch auf eine Verzinsung ihres Kapitals. Er müsse nicht eine Verdoppelung oder Verdreifachung des Investments haben, erklärt Eppenberger in dem SRF-Beitrag. Doch eine Rendite erwarte er schon. Interessant dabei ist auch zu sehen, dass sowohl Vinzenz als auch Eppenberger im Verwaltungsrat Einsitz genommen haben und so die Geschäftsstrategie der Unternehmen mitbestimmen. Als erfahrene Manager wissen sie, wo sie ansetzen müssen, um ein Unternehmen profitabel zu führen.

Gewinnmargen von weit über 20% bei den Besten

Dass dies möglich ist, zeigt ein Blick auf das knappe Dutzend erfolgreicher Bahnbetriebe, die sich in den letzten Jahren zu wahren Geldmaschinen entwickelt haben. Zu den wichtigsten Treibern dieser erfolgreichen Unternehmen gehört, dass sie über eine starke Position im Sommertourismus verfügen, rechtzeitig auf Gäste aus den stark wachsenden Fernmärkten (insbesondere Asien) gesetzt haben und mit innovativen Angeboten den Ausflug auf den Berg zu einem Erlebnis machen. Die Performance dieser Unternehmen kann sich sehen lassen: Betriebsgewinnmargen (EBITDA) von 20 bis über 40% sind so möglich (siehe Tabelle 1). Konkret bedeutet dies, dass von jedem Umsatzfranken nach Abzug der Kosten mehr als ein Viertel in den Kassen der Bahnen verbleibt, um die Abschreibungen finanzieren zu können. Die EBITDA-Margen von Schweizer Industriefirmen liegen laut einer Studie des Beratungsunternehmens IFBC im Schnitt nur bei 10.7%. Zwar sind die hohen Cashflows bei den Bahnbetrieben zwingend notwendig, um auch die Ersatzinvestitionen finanzieren zu können. Doch bleiben bei gut geführten Betrieben wie der Jungfrau-, Titlis-, Schilthorn- und Pilatusbahn unter dem Strich auch noch genügend Mittel übrig, um den Aktionären jedes Jahr eine angemessene Barausschüttung zukommen zu lassen. Gemessen an den aktuellen Aktienkursen liegen die Dividendenrenditen zwischen 1.3 und 2.9%, wie der Vergleich in einer Analyse von OTC-X Research über die Schilthornbahn zeigt (siehe Tabelle 2). Die Autoren der Studie gehen sogar davon aus, dass 2017 aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums eine Jubiläumsdividende von 50 CHF gezahlt werden könnte, was einer Rendite von fast 4% entsprechen würde.

Aktienkurse von Titlis- und Jungfraubahnen im Höhenflug

101315_0739_BergbahnenE3.pngDoch nicht nur die Renditen sind – zuzüglich allfälliger Naturaldividenden – interessant. Auch die Aktienperformance kann sich sehen lassen. Die Jungfraubahn-Aktie hat in den letzten fünf Jahren um rund 80% zugelegt. Die Valoren der ebenfalls börsenkotierten Titlisbahnen haben sich sogar mehr als verdreifacht. Auch unter den ausserbörslich auf OTC-X gehandelten Bergbahn-Aktien sind Titel mit einer überdurchschnittlichen Performance zu finden. Dazu gehört die Pilatus-Bahnen AG (plus 28%), während die Schilthornbahn in diesem Zeitraum eine Seitwärtsentwicklung aufzeigt. Allerdings konnten die Schilthornbahn-Aktie (+ 12%) ebenso wie die Rigi-Bahn-Aktie (+ 55%) im laufenden Jahr eine positive Entwicklung aufzeigen. Zurückzuführen ist dieser Effekt vor allen Dingen auf den Nachholeffekt in den asiatischen Märkten und neue Angebote (siehe auch Interview mit Christoph Egger, CEO Schilthornbahn AG).

Das Investment in eine Bergbahn muss nicht unbedingt nur eine Herzensangelegenheit sein, wie die vorgängig erwähnten Beispiele zeigen. Ist der Betrieb gut positioniert, professionell geführt und verfügt über eine attraktive Marke, so kann sich eine Bergbahn-Aktie auch zu einer attraktiven Geldanlage entwickeln. Auch andere Betriebe wie etwa die Weisse Arena, die Davos Klosters Bergbahnen und die Zermatter Bergbahnen zeigen ebenso wie die kleinen Stanserhornbahnen, dass selbst in dem aktuell schwierigen Umfeld nicht nur ein Überleben, sondern auch das Erwirtschaften einer Rendite auf dem Eigenkapital möglich ist. Entscheidend ist allerdings, dass die Bahnen rechtzeitig auf die neuen Trends (rückläufiger Wintertourismus, neue Gästegruppen aus den Fernmärkten, veränderte Gästebedürfnisse usw.) reagieren und ihr Angebot anpassen.

Wie die finanzielle Situation der Bergbahnunternehmen konkret aussieht und welche Massnahmen erfolgreiche Bahnen ergriffen haben, zeigen wir im Rahmen unseres Branchentalks Tourismus am 4. November 2015 im Kursaal Bern. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit dazu finden Sie auf https://www.schweizeraktien.net/branchentalk/branchentalk-tourismus/

Tabelle 1: Die EBITDA-Marge der Titlis- und Jungfraubahnen liegt bei 40%. Quelle: OTC-X Research
Tabelle 1: Die EBITDA-Marge der Titlis- und Jungfraubahnen liegt bei 40%. Quelle: OTC-X Research
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Tabelle 2: Die Aktie der Schilthornbahn AG rentiert bei Kursen von 1260 CHF auf OTC-X mit fast 3%. Quelle: OTC-X Research

Lenzerheide Bergbahnen: Gewinn in 2014/15 verharrt auf Vorjahresniveau – stille Reserven aufgelöst

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Impressionen vom UCI Mountain Bike Weltcup in der Lenzerheide. Bild: www.lenzerheide.com(PHOTOPRESS/Lenzerheide/Christian Egelmair)
Impressionen vom UCI Mountain Bike Weltcup in der Lenzerheide. Bild: www.lenzerheide.com(PHOTOPRESS/Lenzerheide/Christian Egelmair)
Impressionen vom UCI Mountain Bike Weltcup in der Lenzerheide. Bild: www.lenzerheide.com(PHOTOPRESS/Lenzerheide/Christian Egelmair)

Die Lenzerheide Bergbahnnen AG mussten im Geschäftsjahr 2014/15, welches per 30. April 2015 endete, den schlechten Witterungsbedingungen im Winter Tribut zollen. Keinen negativen Einfluss auf den Geschäftsgang hatte, im Gegensatz zum Gros der Bahn- und Tourismusunternehmen, das schlechte Sommerwetter 2014. Die Gesellschaft setzt auf Mountainbiker, die gegenüber schlechter Witterung weitgehend resistent sind. So konnte der Sommerverkehrsertrag trotz der ungünstigen Witterungsbedingungen um 19.1% auf knapp 1.5 Mio. CHF gesteigert werden. Wie die Gesellschaft im Geschäftsbericht schreibt, wurde das im Sommergeschäft liegende grosse Potenzial dank der gemeinsam mit der Gemeinde und den übrigen Leistungsträgern aus- und aufgebauten Angebote genutzt. So sei die Lenzerheide Bergbahnen heute die unbestrittene Nummer eins innerhalb des schweizerischen Bikergeschäfts. Im Juli 2015, und damit bereits im neuen Geschäftsjahr, folgte die Krönung mit der Austragung des UCI Mountain Bike World Cup. Auch wenn der Sommer nach wie vor lediglich 6% zu den Einnahmen beisteuere, seien die Wachstumsraten immens, schreibt die Gesellschaft weiter im Geschäftsbericht. Allerdings bleibe der Winter entscheidend für ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Hier schlugen sich die fehlenden Niederschläge und die alles andere als guten Bedingungen für die maschinelle Beschneiung im Dezember 2014 negativ nieder.

Harziges Wintergeschäft belastet

Im wichtigen Monat Dezember war es sehr schwierig, den fehlenden natürlichen Schnee durch Kunstschnee zu ersetzen. Die durchschnittliche Schneitemperatur lag um 2° höher als im Durchschnitt der letzten Winter. Dies führte dazu, dass es äusserst schwierig und sehr aufwendig war, Schnee zu erzeugen. Daher konnten erst per Mitte Dezember einzelne Pisten des Skigebiets geöffnet werden. Bis zur kompletten Inbetriebnahme des gesamten Gebiets dauerte es bis Weihnachten. Erschwerend kam noch hinzu, dass sich die Sonne in den wichtigsten Tagen des Jahres zwischen Weihnachten und Neujahr nicht zeigte. Dies führte dazu, dass dem Unternehmen bis Ende Dezember 2014 im Vergleich zum Vorjahr 55’000 Ersteintritte ins Skigebiet fehlten. Gleichzeitig sanken die Umsätze um 20%. Dieses Minus konnte bis Saisonschluss nicht mehr kompensiert werden. Insgesamt ging die Anzahl der Ersteintritte der Wintersaison um 4.3% auf 726’387 zurück. Nach einem witterungsbedingt schwachen Januar zeigte sich der Februar von der sonnigen Seite. Ebenfalls positiv wirkten sich die Sportferien aus. So konnte denn auch das Minus der Ersteintritte bis Ende Februar auf 30’000 gesenkt werden. Bis zum Saisonende verschlechterte sich die Situation wieder, so dass insgesamt 35’000 Ersteintritte weniger als im Vorjahr gezählt wurden. Trotz des Rückgangs der Gästezahlen stiegen die Winterverkehrserträge um 0.7% auf 23.2 Mio. CHF. Einen massgeblichen Anteil an der Steigerung hatte der Wegfall der Rabatte für Jahreskartenbesitzer, der im Vorjahr mit knapp 0.3 Mio. CHF zu Buche schlug. Zudem war die Preiserhöhung der Tageskarten im Vorjahr wegen der verspäteten Öffnung der Skigebietsverbindung mit Arosa nur für einen Teil des Winters wirksam. Das positive Sommergeschäft schlug sich auch auf die Gastronomieerträge mit einem Plus von 0.1 Mio. CHF auf 1.3 Mio. CHF nieder. Allerdings gingen die anderen betrieblichen Erträge wegen der geringeren Einkünfte aus der Parkplatzbewirtschaftung im gleichen Umfang auf 1.8 Mio. CHF zurück. Insgesamt sanken die Einnahmen um 1% auf 28.2 Mio. CHF.

Langgeschäftsjahr lässt Aufwendungen ansteigen

Auf der Aufwandseite führte die Umstellung des Geschäftsjahrs dazu, dass im Berichtsjahr die Kosten für 12 Monate nach 11 Monaten im Vorjahr anfielen. Deutlich wird dies vor allem bei den Personalkosten, die um 5.3% auf 7.7 Mio. CHF anstiegen. Einen zusätzlichen negativen Einfluss hatte der Wegfall der Auflösung nicht mehr benötigter Abgrenzungen für Sozialversicherungen, der die Vorjahresrechnung positiv beeinflusste. Etwas weniger stark stieg mit plus 5% auf 10.5 Mio. CHF der Sachaufwand an. Massgeblich für den Anstieg waren die höheren Unterhaltskosten der Gebäude, Transport- und Beschneiungsanlagen sowie Mehrausgaben bei der IT, die zu einem Kostenplus von fast 0.5 Mio. CHF führten. Hingegen konnten die Energieaufwendungen um knapp 0.2 Mio. CHF gesenkt werden. Neben den günstigeren Einkaufspreisen wirkte sich der geringere Aufwand zur Pistenpräparation zum Saisonbeginn wegen des Schneemangels positiv aus. Im Ergebnis führte dies dennoch zu einem Rückgang des Betriebsgewinns vor Abschreibungen (EBITDA) um 10.6% auf 10 Mio. CHF. Dank der deutlich tieferen Sachabschreibungen von 7.3 Mio. CHF nach 9.3 Mio. CHF im Vorjahr resultierte ein Plus des Betriebsgewinns (EBIT) von beachtlichen 45.4% auf 2.6 Mio. CHF. Auf den Reingewinn negativ wirkten sich die um 555’000 CHF tieferen ausserordentlichen Erträge, die im Vorjahr aus dem Verkauf eines Betriebsgebäudes resultierten, aus. Dennoch resultierte unter dem Strich ein gegenüber dem Vorjahr unveränderter Reingewinn von 1.2 Mio. CHF. Dem Anhang des Geschäftsberichts kann allerdings entnommen werden, dass die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2014/15 stille Reserven in Höhe von 2.8 Mio. CHF zur Verbesserung des Ergebnisses aufgelöst hat.

Die Geschäftszahlen der Lenzerheide Bergbahnen sind, nach einem erfolgreichen Vorjahr, ernüchternd. Zwar kann die Gesellschaft nicht für die ungünstigen Witterungsbedingungen, welche das Wintergeschäft verhagelten, verantwortlich gemacht werden. Allerdings hinterlässt es zumindest einen schalen Nachgeschmack, dass das Ergebnis durch die Auflösung stiller Reserven in Höhe von 2.8 Mio. CHF bei einem ausgewiesenen Reingewinn von 1.2 Mio. CHF erreicht wurde. Ebenfalls keinen positiven Eindruck der Gesellschaft zu vermitteln vermag der Cashflow, der bereits im Vorjahr auf 10.5 Mio. CHF sank, nachdem in den Vorjahren jeweils rund 20 Mio. CHF erreicht wurden. Im Berichtsjahr fiel der Cashflow nochmals auf 8.5 Mio. CHF. Dieser Wert ist bei einem Gesamtinvestitionsvolumen der Sachanlagen von 295 Mio. CHF nicht ausreichend, um die üblicherweise alle 30 Jahre anstehende Erneuerung der Anlagen aus den eigenen Mitteln zu finanzieren. Mit dem Cashflow des Berichtsjahres würde die Gesellschaft 35 Jahre benötigen, um die Erneuerung der Anlagen zu finanzieren. Hinzu kommt, dass im laufenden Geschäftsjahr im Sommer nochmals 20 Mio. CHF in weitere Sachanlagen investiert werden. Somit steigt der Investitionswert weiter an. Für eine langfristige Erfolgsstrategie der Gesellschaft ist es daher essenziell, den Cashflow massiv um rund 50% zu steigern. Sofern dies nicht gelingt, wird die Erneuerung der Sachanlagen in einigen Jahren zumindest eine erhebliche finanzielle Belastung mit sich bringen. Dies ist angesichts einer bereits per Ende des Geschäftsjahres 2014/15 nicht üppigen Eigenmittelquote von 38% der Bilanzsumme keine einfache Aufgabe. Auch wenn zu vermuten ist, dass die Gesellschaft über weitere stille Reserven verfügt, wird dies die langfristige Zukunft nicht unerheblich belasten.

Die Aktien der Lenzerheide Bergbahnen werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 25.95 CHF weisen die Titel ein Agio von knapp 20% zum ausgewiesenen Buchwert auf. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Gesellschaft über weitere stille Reserven verfügt, sind die Aktien auf diesem Niveau keinesfalls unterbewertet. Auch wenig attraktiv erscheint selbst im aktuellen Tiefzinsumfeld die Ausschüttungsrendite von 0.8%. Etwas besser stellt sich die Rendite für diejenigen Aktionäre, die an der GV teilnehmen, dar: Ihnen wird ein guter Apéro und anschliessend ein Imbiss serviert. Um in den Genuss einer Vergünstigung für Tickets zu kommen, müssen die Anleger mindestens 50 Aktien besitzen. Für Aktionäre mit 50 bis 99 Aktien wird ein Gutschein für den Bezug einer Tageskarte mit 50% Rabatt ausgegeben, Aktionäre mit mindestens 100 Aktien erhalten zwei Gutscheine zum Bezug von Tageskarten mit einem Rabatt von 50%.

Hinweis in eigener Sache: Mehr über die Zukunft des Schweizer Bergtourismus erfahren Sie im Branchentalk Tourismus am 4. November 2015 im Kursaal Bern. Programm und Anmeldung finden Sie hier.

Hochalpines Institut Ftan: Finanzierung des Schulbetriebes für zwei Jahre gesichert – Neuer Verwaltungsrat

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Der neue Verwaltungsratspräsident des HIF Jon Peer möchte den Turnaround der Privatschule vorantreiben. Bild: zvg
Der neue Verwaltungsratspräsident des HIF Jon Peer möchte den Turnaround der Privatschule vorantreiben. Bild: zvg
Der neue Verwaltungsratspräsident des HIF, Jon Peer, möchte den Turnaround der Engadiner Privatschule vorantreiben. Bild: zvg

Die Schliessung des Engadiner Internats Hochalpines Institut Ftan (HIF) ist definitiv vom Tisch. An der ausserordentlichen Generalversammlung der gleichnamigen Aktiengesellschaft am 19. September 2015 wurde ein komplett neuer Verwaltungsrat gewählt. Zu den Mitgliedern gehören nun der Immobilienunternehmer Jon Peer (Präsident) sowie die Kommunikationsexpertin Beatrice Tschanz, Scouls Gemeindepräsident Christian Fanzun, der Finanzexperte Paul Häring, Sven A. Kohler und Grossrat Duosch Fadri Felix. Zudem wird der Organisationsberater Stefan Prebil die Leitung des Instituts übernehmen. Prebil soll als Turnaround-Manager die traditionsreiche Schule wieder auf die Erfolgsspur zurückführen. Unterstützt wird der Verwaltungsrat in einem Beirat auch durch CVP-Nationalrat Dr. Gerhard Pfister, der seine Expertise als VR-Delegierter des Internats Institut Montana einbringen wird. Noch vor wenigen Monaten sah es danach aus, dass das HIF aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten und Managementfehlern kurz vor dem Ende stehen würde (siehe Blog-Beitrag vom 29. Juli 2015). Doch dann engagierten sich Bürger und Gemeinden, um die 1793 gegründete private Bildungseinrichtung zu retten. Neben dem Wechsel im Verwaltungsrat ist es zudem auch gelungen, die Finanzierung über die kommenden zwei Jahre sicherzustellen. Die Gemeinde Scoul stellte ein zinsloses Darlehen in Höhe von 3 Mio. CHF zur Verfügung. Hinzu kommen weitere 1 Mio. CHF aus der Kasse einer Stiftung.

Stabile Verhältnisse herstellen

Der neue VRP Jon Peer ist zuversichtlich, mit dieser Finanzierung die Durststrecke bis zum Erreichen der Profitabilität überbrücken zu können. Er und seine Kollegen im Verwaltungsrat wollen so rasch als möglich wieder stabile Verhältnisse herstellen, das Marketing intensivieren und so neue Schüler gewinnen sowie die Informationspolitik verbessern. „Im laufenden Schuljahr haben 75 neue Schülerinnen und Schüler am HIF begonnen“, erklärt er auf Nachfrage und räumt jedoch auch ein, dass das Potenzial weitaus grösser sei. Im Schuljahr 2008/2009 besuchten noch über 200 Schüler das HIF, das auch für seine Sportklasse bekannt ist. Zu den Schülern gehörte beispielsweise der Langlauf-Olympiasieger und Weltmeister Dario Cologna. Angesichts dieser Ausgangslage ist Jon Peer zuversichtlich, das HIF wieder erfolgreich positionieren zu können. Spätestens zum Schuljahr 2017/18 soll der Turnaround abgeschlossen werden. Peer weist auch darauf hin, dass die Hochalpines Institut Ftan AG zu keiner Zeit überschuldet gewesen sei. Schwierigkeiten habe es lediglich wegen der fehlenden Liquidität gegeben. Über die genauen Zahlen des Geschäftsjahres 2014/15 (Ende: 31. Juli) wird die Gesellschaft im Rahmen ihrer Generalversammlung am 5. Dezember informieren.

Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als ob die traditionsreiche Schule im Engadin geschlossen werden müsste. Nun zeichnet sich ab, dass die Bildungseinrichtung und auch die Hochalpines Institut Ftan AG eine Zukunft haben. Die Namenaktien der Gesellschaft zu nominal 150 CHF werden auf der Plattform OTC-X der BEKB gehandelt. Allerdings finden nur sehr selten Handänderungen statt. 40% der Aktien befinden sich im Besitz der Gemeinde Scuol. Die übrigen Aktien sind breit im Publikum gestreut. Zuletzt wurden die Aktien am 28. Juli 2015 zu Kursen von 50 CHF gehandelt. Seit den ersten Aktivitäten von Peer liegt der Geldkurs mit 60 CHF allerdings bereits deutlich höher. Eine Bewertung der Aktie wird erst möglich sein, wenn der Jahresabschluss vorliegt.

Alexander Hagemann, CEO Schaffner: „Der Franken ist kein grosses Problem für uns“

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Der Diplomingenieur RWTH Alexander Hagemann (53) ist seit März 2007 Konzernchef der Luterbacher Schaffner-Gruppe. Zuvor war er Leiter der Business Unit Optics for Devices des international tätigen Technologiekonzerns Schott AG. Bild: www.schaffner.com

Die Luterbacher Schaffner-Gruppe lässt sich auch durch den konjunkturellen Gegenwind nicht von ihrer Wachstumsstrategie abbringen. Um die Forschung und Entwicklung nicht zu tangieren, nimmt sie vorübergehend tiefere Margen in Kauf. Mit dem starken Franken kommt die Gruppe gut zurecht, erklärt CEO Alexander Hagemann im Gespräch mit schweizeraktien.net. Er geht auch auf die kürzlich kommunizierte Strategie 2020 näher ein, die Schaffner in fünf Jahren auf eine Umsatzgrösse von 400 Mio. CHF bringen soll. Im Geschäftsjahr 2013/14 lag der Umsatz noch bei 214.6 Mio. CHF.

Herr Hagemann, die ganze Industrie klagt seit Monaten über die massive Frankenaufwertung. In Ihrer Präsentation an der Investora kam die Währungsfrage aber mit keiner Silbe vor?

In der Tat, wir kommen mit den Währungsproblemen vergleichsweise gut zurecht. Dies, weil wir seit fünf Jahren nicht mehr in der Schweiz produzieren. Von den Verkäufen entfallen andererseits auch nur 2% auf unser Land.

Also geht der bittere Frankenkelch ganz an Schaffner vorbei?

Das nicht ganz, wir rechnen ja in Franken ab. Durch die Umrechnung entstehen auch bei uns Währungseinbussen. Grosso modo frisst die Aufwertung rund ein Prozent unserer Marge weg.

Ein zweites aktuelles Grossproblem macht Ihnen ebenfalls kaum zu schaffen, die massiven Konjunkturrückschläge in China nämlich. Schaffner spricht sogar von einem erfreulichen Wachstum in Asien. Haben andere Länder die Einbussen in China kompensiert?

Nein, wir erzielen trotz der schwachen Wirtschaftslage und dem im März kommunizierten Nachfragerückgang im chinesischen Fotovoltaik-Markt ein erfreuliches Wachstum in China, wir haben dort sehr viele neue Produkte ausliefern können.

Trotzdem, gemäss den Halbjahreszahlen laufen ihre Geschäfte momentan nicht besonders rund.

Das stimmt, konjunkturelle Rückschläge haben wir besonders im europäischen Geschäft hinnehmen müssen. Und Asien wächst wie im Mai kommuniziert weniger stark als in anderen Jahren.

Hat sich dieser Trend im zweiten Semester fortgesetzt?

Gewöhnlich ist das zweite Semester bei Schaffner besser als das erste. Inwieweit das auch im soeben abgeschlossenen Geschäftsjahr per 30. September wieder der Fall ist, werden wir sehen.

An den mittelfristigen Zielen halten Sie unverändert fest?

Wir haben soeben unsere noch ganz neue Strategie 2020 kommuniziert. Danach visieren wir bis 2020 ein jährliches organisches Wachstum von über 5 Prozent an. Damit und mittels Übernahmen würden unsere Verkäufe bis in fünf Jahren auf über 400 Mio. CHF steigen können. Dabei wollen wir über den Zyklus eine EBITDA-Marge von 8% übertreffen.

Dies liegt aber unter dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre, als Schaffner ein achtprozentiges Wachstum erreicht hatte.

Mit unserem Kerngeschäft, den elektromagnetischen Filtern, sind wir in einem relativ reifen Markt tätig. Die beiden anderen Bereiche, Power Electronic und das Autozuliefergeschäft, sind zwar wachstumsstark, aber mit einem Anteil am Gruppenumsatz im Geschäftsjahr 2013/14 von knapp 50% noch relativ klein. Zusätzlich trugen in den vergangenen Jahren Übernahmen mit einem Drittel zum Wachstum bei. Dieser Anteil soll sich nun erhöhen.

Müssten Sie demnach nach einem vierten Standbein suchen?

Nein, unsere Wachstumschancen in den drei angestammten Divisionen sind gross genug.
Dies umso mehr, als wir auf regionaler Ebene noch ein weites Spielfeld haben. Im Vordergrund steht aktuell vor allem der Ausbau des USA-Geschäfts. Um alle diese Chancen zu nutzen, haben wir die Forschung und Entwicklung verstärkt, obwohl dies kurzfristig auch einmal zulasten der Marge gehen kann, und die Produktion wird noch schlanker gestaltet.

Die Schaffner-Aktie hat in den letzten Jahren entweder deutlich besser oder deutlich schlechter abgeschnitten als der Marktindex. Ist da eine stetigere Entwicklung möglich?

Seitdem das aktuelle Management an Bord ist, hat sich Schaffner etwa gleich entwickelt wie der Vergleichsindex (SPI Extra). Ich habe aber auch an der Investora wieder gehört, dass unsere Aktie im Moment recht tief bewertet ist.

Seit Jahresbeginn hat der Aktienkurs der an der SIX-kotierten Schaffner-Gruppe um rund einen Drittel an Wert eingebüsst. Die Gründe dafür sind einerseits die ungünstige Wechselkurssituation, die sich seit der Aufwertung des Frankens ergeben hat, andererseits die Konjunkturrückschläge in China, einem für Schaffner wichtigen Markt. Angesichts dieser Unsicherheiten stimmen die Aussagen von Alexander Hagemann für das laufende und die kommenden Geschäftsjahre zuversichtlich. Im per 30. September 2015 beendeten Geschäftsjahr 2014/15 dürften Umsatz und auch die Gewinnzahlen aufgrund der Währungssituation gegenüber dem Vorjahr merklich zurückgehen. Wichtiger als die kurzfristige Perspektive erscheint jedoch das Erreichen der Ziele im Rahmen der Strategie 2020. Gelingt es, die anvisierten Umsatzsteigerungen – organisch und durch Zukäufe – sowie die Margenziele zu erreichen, dürfte sich auch der Aktienkurs wieder positiv entwickeln. Angesichts der guten Positionierung von Schaffner in verschiedenen Wachstumsmärkten erscheint das Erreichen der Ziele realistisch. Allerdings sollten Investoren, die auf dem aktuellen Kursniveau von um die 210 CHF einsteigen, Zeit und Geduld mitbringen.

Hochdorf Holding: Steht der Nahrungsmittelhersteller vor einer Akquisition im Segment Baby Care?

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Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com
Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com

Die bewegte Geschichte der im luzernischen Hochdorf beheimateten HOCHDORF Holding AG als Dachgesellschaft der Gruppe geht zurück auf die bereits 1895 gegründete „Centralschweizerische Natur-Milch-Exportgesellschaft“, damals noch als Genossenschaft firmierend. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erfolgte 1897. 1899 wurde die Firma in „Schweizerische Milchgesellschaft“ umbenannt. Im Jahr 2000 erfolgte die Umbenennung in HOCHDORF Nutritec AG, Vorgängerin der heutigen Firma.

Mit dem seit Anfang Juni 2013 amtierenden CEO Dr. Thomas Eisenring hat die HOCHDORF-Gruppe den Weg zurück in die Erfolgsspur gefunden. Auch in diesem Jahr präsentierte Dr. Eisenring das in vielen Bereichen „runderneuerte“ Unternehmen Ende September 2015 an der sehr gut besuchten Kapitalmarktkonferenz Investora Zürich und gab ein Update zum Geschäftsverlauf und zur Strategie (zur Präsentation).

Mehr als 60% der Umsätze werden ausserhalb der Schweiz erzielt

Durch die Organisation weht erkennbar ein frischer Wind, der über den bisherigen Leistungsausweis auch den Aktienkurs seit Amtsantritt um mehr als 50% beflügeln konnte. Die forcierte Internationalisierungsstrategie ist ein Puzzlestein des Erfolgs und steht mittlerweile auf einem soliden Fundament, das jedoch noch weiter ausbaufähig ist. HOCHDORF-Produkte sind mittlerweile in 80 Ländern erhältlich. Zum Ende des 1. Halbjahres 2015 kamen weniger als 40% der Umsätze aus der Schweiz. Das heisst im Umkehrschluss aber auch, dass bereits mehr als 60% der Umsätze „international“ erzielt wurden mit einem Fokus auf die europäischen Märkte (Abbildung 1).

Abbildung 1: Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015, S. 14. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com
Abbildung 1: Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015, S. 14. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com

Nach mehreren Umstrukturierungen innerhalb der HOCHDORF-Gruppe – die letzte „grosse“ Neuorganisation wurde von Dr. Eisenring selbst angestossen – ist die Traditionsgesellschaft heute in die Geschäftsfelder Dairy Ingredients, Baby Care sowie Cereals & Ingredients aufgeteilt. 2014 hat sich die HOCHDORF-Gruppe mehrheitlich (60%) an der Uckermärker Milch GmbH in Prenzlau (D) beteiligt und 100% der Anteile an der Marbacher Ölmühle GmbH in Marbach (D) erworben. Mit diesen Übernahmen machte HOCHDORF auch umsatzmässig einen grossen Sprung und dürfte nach den letzten Prognosen des Managements zum Jahresende 2015 einen Brutto-Verkaufsertrag zwischen 580 und 620 Mio. CHF bei einer EBIT-Marge im Bereich von 3.2% bis 3.8% erwirtschaften. „Dairy Ingredients“ als Hauptumsatzträger der Gruppe (Abbildung 2) steht dabei für die Entwicklung, Produktion und Vermarktung verschiedener Pulverprodukte aus Milch und Molke, „Baby Care“ als Wachstumssegment innerhalb der Gruppe für die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Premium-Produkten im Bereich milchbasierter Mama-, Baby-, Kleinkinder- und Juniornahrung.

Baby Care in „hochinteressanter Lauerstellung“ – Kapazitätserweiterung voraussichtlich Ende 2016 abgeschlossen

HOCHDORF selbst sieht sich im Bereich „Baby Care“ mit neuen Kunden in Lateinamerika, einem neuen Sales Office in Uruguay und einem hohen Wachstumspotenzial bei umgesetzter Babynahrungs-Kapazitätserweiterung im Werk in Prenzlau (D) – voraussichtlich ab Ende 2016 – in „hochinteressanter Lauerstellung“ (Präsentation, S. 30). Aus diesem Geschäftsfeld heraus dürfte das künftige Wachstum vor allem resultieren. Ab 2016 will HOCHDORF eine Produktoffensive in diesem Segment für unterschiedliche Lebensphasen starten, die deutlich mehr Wertschöpfung generieren soll. Themen sind etwa die Bereiche „Kids Foods“, „Weaning Foods“ (Beikost) oder die mit Vitaminen und Mineralien angereicherte Instant Milch. Auch „Schokolade“ spielt strategisch künftig eine wichtigere Rolle: Die neu gegründete Hochdorf South Africa Ltd. soll aussagegemäss zu einem „Kompetenzzentrum für die Schokoladenproduktion“ werden und aus Süd-Afrika heraus den afrikanischen Kontinent bedienen.

Cereals & Ingredients“ ist umsatzmässig noch vergleichsweise klein, soll jedoch – nicht zuletzt mit der jüngst integrierten Marbacher Ölmühle GmbH – in attraktiven Nischen und mit Produktinnovationen in den kommenden Jahren von tiefer Basis aus das Wachstum ebenfalls deutlich beschleunigen und zu einem dritten Standbein der Gruppe werden.

Abbildung 2: Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015, S. 13. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com
Abbildung 2: Auszug aus der HOCHDORF Holding-Präsentation von der INVESTORA 2015, S. 13. Quelle: HOCHDORF Holding AG, www.hochdorf.com

„Vorwärtsintegration“ bei Baby Care dürfte zeitnah erfolgen

Deutlich wurde an der Investora Zürich, dass HOCHDORF – vermutlich zeitnah – eine „Vorwärtsintegration“ im Segment Baby Care anstrebt, um näher an den Endverbraucher heranzurücken und das Wachstum zu beschleunigen. Nach Aussagen des Managements wurden drei mögliche Ziele für eine Mehrheitsbeteiligung seitens HOCHDORF bereits identifiziert. Erste Sondierungsgespräche seien „positiv verlaufen“, hiess es. Nach unserem Verständnis ist eine Beteiligung von etwas mehr als 50% an einem bestehenden Kunden vorgesehen, wobei keine bestehenden Geschäftsbeziehungen gefährdet werden dürfen. Dieser potenzielle Partner soll nicht in China ansässig sein. Aus dem Diskussionsverlauf an der Investora Zürich – und auch gestützt auf eine entsprechende Folie in der Präsentation (S. 32) – haben wir entnommen, dass eine Vorwärtsintegration im Baby Care-Segment eher in der Region Mittlerer Osten / (Nord-)Afrika (MEA) erfolgen dürfte. Obwohl das absolute Marktvolumen sehr viel kleiner ist als etwa in Asien oder Amerika (Nord+Süd), so ist in dieser Region eine hohe Dynamik in der Babynahrung mit hohen Wachstumsraten bei gleichzeitig tieferer Wettbewerbsintensität und Konkurrenzierung feststellbar (siehe Startgraphik). Bereits im laufenden 4. Quartal 2015 soll es Neuigkeiten zur Due Diligence in Sachen potenzielle Vorwärtsintegration geben. Deshalb rechnen wir damit, dass eine Transaktion möglicherweise schon zeitnah auf der Agenda stehen könnte – vorausgesetzt, dass die Due Diligence erfolgreich im Sinne der HOCHDORF-Gruppe verläuft.

Beteiligung dürfte mit Sachkapitalerhöhung finanziert werden – Bezugsrecht der Aktionäre soll gewahrt bleiben – Bewertungsbasis möglicherweise über Börsenkurs

Wie das Management um Dr. Eisenring an der Investora mitteilte, soll eine etwaige Beteiligung an einem Partner im Zielsegment „Baby Care“ bevorzugt mittels einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage erfolgen. D.h., dass der Partner die von HOCHDORF zu erwerbende (knappe) Mehrheitsbeteiligung gegen Ausgabe neuer Aktien aus dem bestehenden genehmigten Kapital (maximal ca. 318’000 Namenaktien à 10 CHF nominal) in die HOCHDORF Holding AG „einlegt“ und dadurch zu einem möglichen neuen Ankeraktionär der Gesellschaft – bei bestehender Stimmrechtsbeschränkung von 5% – wird. Aussagegemäss gibt es Interessenten, die bereit sind, eine Mehrheitsbeteiligung an ihrem bestehenden Partner-Unternehmen in eine (komfortable) Minderheitenposition in HOCHDORF-Aktien zu tauschen. Möglicherweise spielt hier auch die „Swissness“ der HOCHDORF Holding AG und der stabile Währungs- und Wirtschaftsraum der Tauschwährung HOCHDORF-Aktie eine Rolle, die für einen Unternehmer aus dem Nahen oder Mittleren Osten bzw. (Nord-)Afrika ein „Wert an sich“ sein kann. Das Bezugsrecht der Altaktionäre soll grundsätzlich gewahrt bleiben, wie Dr. Eisenring an der Investora sagte. Allerdings könnte, so die Angaben von HOCHDORF auf Nachfrage aus dem Kreis der Investora-Teilnehmer, die Sacheinlage auf einer Bewertungsbasis zwischen 170 und 200 CHF je HOCHDORF-Aktie – und damit deutlich oberhalb der letzten Börsenkurse – erfolgen, womit die Bezugsrechte – Stand heute – keinen positiven Wert hätten. Unklar ist, ob ein Handel der Bezugsrechte in einer solchen Konstellation überhaupt vorgesehen ist. Bestehende Aktionäre, die eine Verwässerung vermeiden wollen, wären dann gezwungen, über den Markt entsprechend der Anzahl neu auszugebender Aktien zuzukaufen, wenn sie ihr Bezugsrecht – was situativ vorteilhaft sein kann – nicht ausüben.

Sollte es HOCHDORF tatsächlich gelingen, einen Partner zu finden, der bereit ist, sein Unternehmen gegen Aktien auf Basis „zwischen 170 und 200 CHF“ mehrheitlich an HOCHDORF abzugeben, und sollte der von HOCHDORF insgesamt zu zahlende Kaufpreis für den dabei erhaltenen Gegenwert moderat bis angemessen, d.h. nicht überzahlt, sein, so werten wir dies als Vertrauensvorschuss des Partners in die Zukunft der HOCHDORF-Gruppe. Noch ist es naturgemäss zu früh, um Aussagen über die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer etwaigen Transaktion zu treffen. Wir sehen HOCHDORF als etablierten Schweizer Partner jedoch in einer guten Ausgangslage, um in den genannten Zielmärkten zu einer angemessenen oder im Idealfall sogar „attraktiven“ Bewertung zum Zuge zu kommen.

Die HOCHDORF Holding AG präsentiert sich etwas mehr als zwei Jahre nach dem Start von CEO Dr. Eisenring als Erfolgsgeschichte für die Aktionäre. Dr. Eisenring hat die „müde Milchkuh“ wieder zum Leben erweckt. Aus einem Luzerner KMU, das früher regelmässig nicht nur die Erwartungen der Aktionäre enttäuscht hatte und nicht selten auch mit unerfüllten Visionen glänzte, ist eine Wachstumsgeschichte mit internationalem Flair gereift. Daran hat das amtierende Top-Management massgeblichen Anteil. Die Tatsache, dass – wie an der Investora hör- und feststellbar – mehr und mehr internationale Anleger auf HOCHDORF als Perle unter den kotierten Schweizer „Nahrungsmittelunternehmen“ aufmerksam geworden sind, spricht dabei für sich. Gleichwohl bewegt sich HOCHDORF noch immer – obwohl die Nummer 3 unter den Schweizer Milchverarbeitern – in manchen Bereichen in umkämpften Nischen, auch wenn diese profitabel sind. Nischen bergen Chancen, aber auch Risiken. Dazu zählen nicht nur die Konjunktur, sondern auch das Währungsgefüge und das politische wie regulatorische Umfeld. Wir sehen HOCHDORF in seiner heutigen Aufstellung als gut (bzw. besser als in der Vergangenheit) gerüstet, um sich hier zu behaupten. Die Erweiterung der Babynahrungs-Kapazitäten in Prenzlau (D) voraussichtlich ab Ende 2016 bedeutet für HOCHDORF einen weiteren Meilenstein in der Unternehmensgeschichte und könnte das Unternehmen, sofern es zu keinen grösseren Schwierigkeiten kommt, umsatz- wie ertragsseitig auf eine neue Ebene führen. Dann wird sich auch zeigen, wie belastbar und dynamisch das aktuelle Geschäftsmodell tatsächlich ist. Die Bewertung nimmt heute – unter Einrechnung der bereits real und auch der „antizipativ“ gewandelten HOCHDORF-Wandelanleihen – bereits manches vorweg, bietet jedoch bei einem Erfolg der weiteren (Integrations-)Schritte und der neuen Strategie längerfristig immer noch ausreichend Potenzial für weitere Kurssteigerungen. Die unabhängige Research-Boutique Research Partners AG aus Zürich hat die HOCHDORF-Aktie im August 2015 mit einem Kursziel von 210 CHF zum Kauf empfohlen.

Hinweis: Der Verfasserin nahestehende Personen sind Aktionäre der HOCHDORF Holding AG.

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