Schweizer Aktien Favoriten 2023: Juli-Hitzerekorde dämpfen Börsenstimmung nicht

Nasdaq bleibt Börsen-Lokomotive mit steilem Anstieg von 37% ytd

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Schweizer Aktien Favoriten 2023
Bringt der Juli heisse Glut, gerät auch der September gut. Ob sich die alte Bauernregel auch im Aktienmarkt bewahrheitet, wird sich zeigen. Bild: stock.adobe.com

Die Halbjahresberichte fallen zwar höchst unterschiedlich aus, doch höhere Kosten als Faktor ziehen sich durch fast alle Branchen. Wer sich hoher Nachfrage erfreut und die Preise erhöhen kann, steht gut da. Dennoch, das Wachstum der Unternehmensgewinne wird durch das erhöhte Zinsniveau und eine schwächere Konjunktur gebremst, vor allem in Europa.

Die Wirtschaft in der Schweiz ist breit diversifiziert, und die meisten Unternehmen erzielen einen grossen Teil ihrer Umsätze im Ausland. Die Binnenkonjunktur ist im Vergleich zu anderen Ländern recht stabil, wenn nicht sogar resilient. Ein wichtiger Grund hierfür ist die tiefe Inflation, die wesentlich auf die Stabilitätspolitik der SNB zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu den Befürchtungen und Annahmen hat der starke Franken die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und ihrer Unternehmen nicht beschädigt. Im Gegenteil, die Stärke der Währung hat den Druck zu Effizienzsteigerungen so sehr erhöht, dass die erreichte Fitness nun dazu beiträgt, im Wettbewerb nicht nur zu bestehen, sondern zu gewinnen. Das zeigt sich nicht zuletzt in den relativ hohen Gewinnmargen der publikationspflichtigen Unternehmen. Dennoch ist die fortgesetzte Frankenstärke auch eine schwere Bürde.

Bossard – überzeugende EBIT-Marge von 12,1%

Bossard ist so ein Fall. Im ersten Semester stieg der Umsatz in Lokalwährungen immerhin um 3,1%, in CHF ist jedoch ein Rückgang um 1,5% zu verzeichnen. Steigende Löhne und ein höherer Aufwand für Personal, Verwaltung und Vertrieb gekoppelt mit weiterhin hohen Investitionen liessen das EBIT um 9,8% sinken. Die EBIT-Marge fällt mit 12,1% zwar um 1,1 Prozentpunkte tiefer als in der Vorjahresperiode aus, bewegt sich jedoch innerhalb der Bandbreite der Guidance. Einen wesentlichen Anteil an der Abschwächung hat die Währungsentwicklung, insbesondere in Asien. Eine mit 9,9% hohe Wachstumsrate wurde dagegen in der Region Amerika erzielt. Das zweite Semester dürfte vom weiteren Abbau der Lagerhaltung bei den Kunden, makroökonomischen Unsicherheiten und volatilen Einkaufspreisen geprägt werden. Die Aktie scheint jedoch die Reaktion der Anleger nach der Publikation der Halbjahreszahlen bereits hinter sich gelassen zu haben.

Hat Barry Callebaut ein Glaubwürdigkeitsproblem?

Ähnlich sieht es bei Barry Callebaut aus. Wegen der gedämpften Konjunktur ist der Absatz in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres um 2,7% gesunken. Der Umsatz in Lokalwährungen stieg wegen Preiserhöhungen um 8,1%, doch in CHF nur um 3,6%. Bereinigt um den zeitweiligen Produktionsausfall in Folge der Salmonellenverseuchung im Vorjahr verlief die Entwicklung im Gleichschritt mit dem leichten Nachfragerückgang des globalen Schokolademarktes. Das Salmonellen-Problem ist unschön und wurde schnell und fachmännisch behoben. Dennoch hat es offenbar auch Folgen gezeitigt, die zum Auswechseln des CEO im April 2023 führten. Dazu kommen jetzt noch Untersuchungen der SIX Exchange Regulation wegen möglichen Verstössen gegen die Ad-hoc-Publikation kursrelevanter Sachverhalte.

Das Management ist gefordert

Das Resultat ist ein Abverkauf der Aktie, die nun auf den tiefsten Stand seit 2019 gefallen ist. Noch vor zwei Jahren lag der Kurs bei 2’300 CHF, vor einem Jahr bei 2’100 CHF – und jetzt im Tief bei 1’620 CHF. Die Lektion könnte sein, beim ersten Zeichen von Schwächen, Skandalen oder Unstimmigkeiten sofort zu verkaufen, um sich die möglichen, wenn nicht wahrscheinlichen nachfolgenden Kursverluste zu ersparen. Grundsätzlich handelt es sich bei Barry Callebaut jedoch um den Weltmarkt- und Innovationsführer im Geschäft mit der Schokolade, der bestimmt nicht für längere Zeit von Managementfehlern aus der Spur geworfen wird. Ein zeitweiliger Kursverlust ist zu tolerieren. Insofern bleibt die Aktie gerade auf dem abgesackten Kursniveau ein Favorit am Aktienmarkt.

Welche Schweizer Aktie ist gut
Die Aktie von Barry Callebaut ist auf den tiefsten Stand seit 2019 gefallen. Chart: six-group.com

Neu auf der Favoritenliste: Cendres+Métaux

Cendres+Métaux ist ein Zulieferer der Uhren-, Schmuck- und Medizintechnik-Industrien und den dort jeweils herrschenden Nachfragetrends unterworfen. Die Luxusgüter-Branche boomt. Der Grossteil des Umsatzes und des Wachstums wird im Segment Luxury+Industry erzielt. Im ersten Halbjahr 2023 lag der Spartenumsatz 28,8% höher als im ersten Semester des Vorjahres. 43.5 Mio. CHF entsprechen mehr als zwei Dritteln des Gruppenumsatzes von 61.1 Mio. CHF. Der ist bereinigt um die schwankenden Edelmetallpreise, jedoch inklusive Akquisitionen und Devestitionen.

Langfristiges Kursmuster

In der Vergangenheit war der Kursverlauf von steilen Anstiegsphasen, Abstürzen und langen Konsolidierungsperioden gekennzeichnet. Die Gründe waren teils konjunktureller Natur, zum Teil aber auch in einer Akquisitions- und Expansionspolitik begründet, die nicht fruchtete und in weiten Teilen eingestellt wurde. Nach einer vierjährigen Bodenbildung der Aktie, der Vorlage überzeugender Zahlen, der Restrukturierung der Bilanz und einem gelungenen Auftakt nach dem vollzogenen Managementwechsel scheinen jetzt die Chancen gut, dass die Aktie einen neuen Höhenflug startet oder doch zumindest eine markante Höherbewertung erfährt. Der bereits seit 2022 erkennbare operative Turnaround ist bisher kaum in der Bewertung der Aktie reflektiert. In der Regel würde die Aktie einen Turnaround antizipieren. Die Aktie steht heute nicht höher als 2004 bei Aufnahme des Handels auf OTC-X oder 2019.

Welche Schweizer Aktien 2023 kaufen
Die Aktie von Cendres+Métaux hat Potenzial zur Höherbewertung. Chart: otc-x.ch

Performance-Schwankungen

Der OTC-X Liquidity-Index steht am Monatsultimo 0,5% unter dem Stand vom Jahresanfang. Die vier ausserbörslich gehandelten Aktien der Favoritenliste stehen mit einer durchschnittlichen Wertsteigerung von 5,8% besser da. Wesentlichen Anteil daran hat die starke Performance der Aktie der SSE Holding mit 13,1%. Bei den an der SIX kotierten Favoriten ragt SKAN mit 26,7% Kursanstieg heraus. Bossard weist wieder ein leichtes Plus aus, dagegen liegen Komax und Barry Callebaut im negativen Bereich. Die durchschnittliche Performance der fünf Aktien beträgt 3,9%. Der Nebenwerte-Index SPIEXX liegt demgegenüber mit 8,7% Performance im laufenden Jahr den zweiten Monat in Folge besser. Für alle neun Favoritentitel errechnet sich eine Durchschnittsperformance von 4,8%.

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